Gute Leitung ist eine Kunst. Das wissen nicht nur Pädagog/innen und Firmenchefs. Das wissen alle, weil alle in irgendeiner Weise leiten oder geleitet werden. Die Leitung einer Pfarrgemeinde ist sicher so etwas wie ein „Meisterstück“, geht es hier doch um verschiedenste Menschen, um existentielle Fragen, um Heiligtümer unterschiedlichster Art. Da braucht es ein gutes Konzept, fähige Leute und eine große Portion „Heiligen Geist“.

Patricia Begle / Dietmar Steinmair

Die Frage nach einer guten Leitung der Pfarrgemeinde war ein zentrales Thema im Pastoralgespräch „Die Wege der Pfarrgemeinden“. Aus dem zweijährigen Prozess ist ein Leitungskonzept erwachsen, das von Priester- und Pastoralrat und den Entscheidungsträgern auf der Diözesanebene getragen und gefördert wird. Auf der strukturellen Ebene hat sich das Konzept bereits bei der Ausschreibung von Pfarren und bei der Bildung von Pfarrverbänden bemerkbar gemacht. Mit der Wahl der neuen Pfarrgemeinderäte steht nun ein weiterer Schritt zur Umsetzung der Ergebnisse des Pastoralgesprächs an.

Gestalten, nicht verwalten
Ausgangspunkt der Überlegungen waren die Veränderungen, die heute jede Pfarrgemeinde erlebt. Einen Rahmen zu schaffen, der den beteiligten Menschen entspricht und in dem mit den Veränderungen konstruktiv umgegangen werden kann, das war der Anspruch an das Leitungskonzept. Dass sich dabei die Aufgaben und Strukturen selbst ändern, liegt auf der Hand.

Der Pfarrer als Seelsorger
Der Pfarrer soll das sein können, was jede Pfarre sich wünscht -
Seelsorger. Seine organisatorischen Aufgaben sollen das nicht zudecken. Er steht durch sein Amt, sein Tun und die Art seines Tuns in besonderer Weise auch dafür, dass Leitung in der Kirche bedeutet, immer aufs Neue Gottes Wirken in den vielfältigen Lebensvollzügen der Gemeinde Raum zu geben.

Pfarrbeauftragte
„Eine zentrale Aufgabe besteht heute darin, den ehrenamtlich Engagierten in der Pfarre einen freundlichen und förderlichen Rahmen zu bieten“, ist Pastoralamtsleiter Walter Schmolly überzeugt. Ihnen muss die besondere Aufmerksamkeit der mit der Leitung Betrauten gehören. Denn mit ihnen lebt die Pfarrgemeinde - oder eben nicht. Aus diesem Grunde werden in jeder Pfarrgemeinde drei Menschen beauftragt, in besonderer Weise für die Ehrenamtlichen zu sorgen. Jede/r Beauftragte ist dabei für einen Bereich zuständig: Diakonie, Verkündigung, Liturgie. Diese Bereiche entsprechen den drei Grunddimensionen des kirchlichen Lebens.

Beauftragung
Die Pfarrbeauftragten sind Ansprechperson sowohl innerhalb der Pfarre als auch seitens der Diözese. Sie sind in Kontakt mit den engagierten Menschen, schaffen freundliche Rahmenbedingungen und schauen, was die Menschen brauchen – an Vernetzung, Spirituellem, Weiterbildung etc. Hat die Pfarre drei Menschen für diese Aufgabe gefunden, werden diese vom Bischof offiziell beauftragt. Seitens der Diözese werden sie für ihren Auftrag geschult und begleitet.

Pfarrgemeinderat
Der Pfarrgemeinderat ist jener Ort, an dem die „großen Fragen“ gestellt werden, die gerade in Zeiten der Veränderung neu gestellt werden müssen. Die Frage nach der Gemeindeentwicklung, den Zielen und Schwerpunkten, nach dem Tun und Lassen. Aber auch personelle Fragen wie die Nachbesetzung Hauptamtlicher oder die Suche nach den Pfarrbeauftragten werden hier entschieden. Der Pfarrgemeinderat hat somit die „strategische“ Entwicklung einer Pfarrgemeinde im Blick. Zu diesem Gremium gehören amtliche (Hauptamtliche und die drei Beauftragten), gewählte und kooptierte Mitglieder.

Pastoralteam
Im Pastoralteam geschieht die Koordination aller Leitungsverantwortlichen. Hier finden sich Pfarrer, Hauptamtliche, geschäftsführende Vorsitzende von PGR und Pfarrkirchenrat (zuständig für Finanzielles) sowie die drei Pfarrbeauftragten. Die Aufgabe des Gremiums erschöpft sich aber nicht in „operativer“ Koordination und Organisation. „Das Pastoralteam soll vor allem auch ein Ort der Achtsamkeit sein für das, was sich in der Pfarre tut und was das für die Pfarre bedeutet“, erklärt Pastoralamtsleiter Walter Schmolly die Vision, die dahintersteht. „Es ist die Haltung des barmherzigen Samariters, um die es hier geht: mit offenen Augen, Ohren und Herzen leben, sich anrühren lassen und darauf reagieren.“

Unterschiedliche Geschwindigkeiten
Mit den PGR-Wahlen werden nun erste Weichen gestellt, damit das neue Leitungskonzept Fuß fassen kann. Jede Pfarrgemeinde hat dabei ihr eigenes Tempo. Nicht überall werden die Strukturen gleich umgesetzt werden. Aber erste Versuche werden gestartet. Sie sind notwendige und mutige Schritte in die veränderte Zukunft. In die andere Zukunft, auf die die Pfarrgemeinden der Diözese Feldkirch nun zugehen werden. Sie sind darauf vorbereitet.


Zur Sache

Gut, dass es die Pfarre gibt

Am 18. März werden in 3.000 Pfarren in ganz Österreich rund 30.000 Pfarrgemeinderatsmitglieder für die nächsten fünf Jahre neu gewählt. Laut Schätzungen sind rund 4,5 Millionen Katholiken bei den Pfarrgemeinderatswahlen 2012 stimmberechtigt, in Vorarlberg sind es rund 205.000. Bei den bisher letzten Pfarrgemeinderatswahlen im März 2007 machte rund jeder fünfte wahlberechtigte Katholik (20,32 Prozent) von seinem Stimmrecht Gebrauch. Insgesamt wurden vor fünf Jahren mehr als 945.000 Stimmen gezählt und exakt 28.806 Mandate vergeben. Der Anteil der Frauen unter den Pfarrmandataren stieg mit 54,5 Prozent auf den bisher höchsten Wert in der Geschichte der PGR-Wahlen. Beinahe jedes zweite Pfarrgemeinderatsmitglied wurde neu in das Gremium gewählt.

Kirchliches Wahlrecht
Das kirchliche Wahlrecht in den einzelnen Diözesen räumt den Wahlberechtigten mehr Mitsprache ein als bei politischen Wahlen. Sowohl aktiv als auch passiv wahlberechtigt sind in Vorarlberg alle Katholik/innen, die vor dem 1. Jänner des Wahljahres das 16. Lebensjahr vollendet haben. Auch katholische Immigranten haben unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit das aktive wie das passive Wahlrecht.

Mitsprache
Die Pfarrgemeinderäte wurden nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeführt, um mehr Mitverantwortung der Laien in der Kirche Ausdruck zu geben. Die erste vorarlbergweite Wahl von Pfarrgemeinderäten fand 1975 statt. Seit 1987 gibt es einen einheitlichen Wahltermin für alle Diözesen Österreichs.
Insgesamt gehören den Pfarrgemeinderäten österreichweit rund 45.000 Personen an. Neben den gewählten Mitgliedern setzen sich die Räte auch aus amtlichen, entsandten und berufenen Mitgliedern zusammen.