KirchenBlatt-Leserreise nach Jerusalem und Jordanien

Auf den Spuren Jesu und Mose und des Volkes Israel unterwegs in einem Land voller Charme und auch voller Konflikte und Spannungen war die KirchenBlatt-Reise nach Israel und Jordanien vom 5. bis 15. November 2015.

Reinhard Maier

Bestens organisiert von Nachbaur-Reisen, blieben unvergessliche Eindrücke einer an Geschichte und Geschichten überreichen Gegend: Das tausende Jahre alte Jerusalem, Juden, Christen, Muslime unterschiedlichster Richtungen, Ausprägungen und Herkunft, Berichte von Unterdrückung und Schikanen, unter denen Palästinenser zu leiden haben und ihr Widerstand und Aufbäumen dagegen. Imposante Bauten der Römer, Nabatäer, Ammoniter, Kreuzritter, muslimischer Herrscher in Jordanien. Der Krieg in Syrien hat in den vergangenen Jahren zu einem starken Rückgang im Tourismus geführt. Das macht dem Land schwer zu schaffen.

Ein Bogen des Heils
Viel Militärpräsenz und Sicherheitskontrollen gehören seit den jüngsten Palästinenserunruhen wieder zu Jerusalem, auch wenn der Name Jerusalem "Stadt des Friedens" bedeutet. Den befreienden Wegen nachzuspüren, auf denen Jesus vor 2000 Jahren einen "Bogen des Heils" quer über die Stadt ausgespannt hat – vom Teich Betesda über den Tempel hinweg bis zum Teich Shiloach – verstand Pfarrer Rudi Siegl als Reiseleiter einfühlsam zu erschließen. Kein Kranker, kein „Unreiner“ durfte einst den Bereich des Tempels betreten. Ganz anders Jesus. Er heilt die Kranken, gerade auch am Sabbat. Nicht umsonst galt er den Religionsführern als Aufrührer und gefährlich.

Heilige Stadt für Juden, Christen, Muslime
Unvergesslich bleiben eine Fülle an tiefen Eindrücken: der Gang am Ölberg von der Vaterunser-Kirche, über die Kirche "Dominus flevit", wo Jesus beim Anblick der Stadt weinte, zum Garten Gethsemane. Die Grabes- und Auferstehungskirche, wo sich die Nutzungsrechte der verschiedenen christlichen Kirchen und Konfessionen mitunter reiben, wie es die Vorarlberger Gruppe beim akustischen "Wettstreit" zwischen orthodoxen Gesängen und dem vom Klang der Riegerorgel unterstützten Gesang der Franziskaner miterleben konnte. Der Felsendom (Haram al-Sharif) mit seiner goldenen Kuppel und die al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg machen Jerusalem zum dritthöchsten Heiligtum der Muslime. Besonders dicht zu erleben ist das "jüdische" Jerusalem an der Westmauer des einstigen Tempels, der "Klagemauer". An die Vernichtung von Millionen von Juden durch die Nationalsozialisten erinnert die Holocaust-Gedenkstätte YadVashem. Und nicht zu vergessen Spaziergänge durch den quirlig-orientalischen Suq (Markt), wo die verschiedensten Kulturen, Völker und Religionen zusammentreffen.

Für ein freies Palästina
Michael Büchele aus Hard, der in der Palästinenserstadt Ramallah im Auftrag des deutschen Entwicklungsdienstes am Aufbau einer Ausbildung für jugendliche Palästinenser mitarbeitet, berichtete über die erniedrigende Benachteiligung dieses Bevölkerungsteils Israels. Rund 470 jüdische Siedlungen wurden bisher in palästinensischen Gebieten errichtet – in Missachtung jeglicher internationalen Rechte und Vereinbarungen – und müssen mit enormem militärischen Aufwand gesichert werden. Die jüngsten Unruhen seit September, ausgehend von jugendlichen Palästinensern, meist zwischen 13 und 19 Jahren alt, werden von manchen als dritte Intifada (d.h. Aufstand, „Abschütteln“) bezeichnet. Bedrückend die acht Meter hohe trennende Mauer aus Beton und Stacheldraht, die sich an vielen Stellen durch das Land zieht und den Lebensraum der palästinensischen Bevölkerung abschnürt.

Jordanien
Nach einem Tag in Betlehem, dem Geburtsort Jesu, und der Taufstelle Jesu am Jordan bei Jericho führte die Reise nach Jordanien. Eindrucksvolle landschaftliche Schönheit mit kargen und auch mit fruchtbaren Regionen dort, wo Bewässerung möglich ist. Die bestens erhaltenen römischen Bauten von Jerash, der biblischen Stadt Gerasa, machen sichtbar, welch blühende Kultur dieses Land einst geprägt hat.

Auf dem Weg in die Freiheit
Nach einem "Verjüngungsbad" im Toten Meer, wie es der einheimische Reiseführer Salim mit orientalischem Charme anpries, ging es zum Berg Nebo, wo Moses einen Blick in das Gelobte Land tun durfte, es aber selbst nicht mehr betreten sollte. "Wie schon das Volk Israel sind wir auf dem Weg in die Freiheit. Auf dem Weg durch die Wüsten des Lebens sehnen auch wir uns manchmal nach den Fleischtöpfen und Sicherheiten Ägyptens zurück", meinte Pfarrer Rudi Siegl beim Gottesdienst auf dem Nebo. Und auch uns geht es bisweilen so wie Moses: Wir sehen das gelobte Land, das Land unserer Sehnsucht nur von der Ferne und erreichen es selbst nicht mehr.

Petra, die imposante antike Felsenstadt der Nabatäer mit ihren aus dem Stein gehauenen Tempeln und Gräbern aus dem 6. Jahrhundert v.Chr. und eine Wüstensafari im Wadi Rum, wo 1962 der legendäre Film "Lawrence von Arabien" mit Omar Sharif und Anthony Quinn gedreht wurde, boten weitere unvergessliche Bilder und Eindrücke.

Lichter der Hoffnung am Horizont
Das Gedenken an die Opfer der Anschläge in Paris, der Blick auf die Flüchtlingsströme in Europa und die Bitte um Frieden im von Spannungen zerrissenen Nahen Osten prägten den Abschlussgottesdienst im Hotel in Amman. Auch das Evangelium aus der Apokalypse klang bedrohlich. Das gemeinsame Bibel-Teilen führte auf Fährten der Hoffnung. Vielleicht auch erst auf den zweiten oder dritten Blick tut sich ein Lichtschimmer am Horizont auf: Genau in diese zerbrochene, unheile Welt kommt Gott als Licht und Heil.