Meinung im KirchenBlatt

Akzeptabel?

von Dietmar Steinmair

Die Roma-Familien sind seit mehreren Wochen oder gar Monaten in Vorarlberg. Woher sie genau kommen, ist kaum festzustellen. Sie sind Rumänen, vielleicht auch Bulgaren und somit EU-Bürger. Als EU-Bürger haben sie das Recht, sich ohne weiteres bis zu drei Monate in einem anderen EU-Land aufzuhalten und sind nicht anders zu behandeln als Touristen. Gleichzeitig dürfen die Rumänen hier in Vorarlberg ihr Grundrecht auf Betteln ausüben, also auf ihre Not öffentlich hinweisen. Die Einschränkungen des Bettelns - aggressives Vorgehen, das Mitführen von Kindern zur Mitleiderweckung, das Betteln an der Haustüre - werden derzeit von der Landesregierung verschärft.

Den Familien, die für die Herbstferienwoche in einer Bludenzer Turnhalle untergekommen waren, hatten die Politiker und Hilfsorganisationen angeboten, ihnen in ihren Herkunftsorten in Rumänien zu helfen, Fahrkarten und Verpflegung bereitzustellen, einen Verein zu gründen, ihre Häuser zu renovieren. Das Angebot wurde ausgeschlagen, die Familien fuhren statt nach Rumänien wieder Richtung Dornbirn.

Für ordnungsliebende und hilfsbereite Vorarlberger ist das schwer verständlich und klingt nach Undankbarkeit. Verständnis und Dankbarkeit sind aber mitunter subjektive Kategorien zur Einordnung anderer Menschen. Die anders leben und anders denken.

 

Martinisches Teilen

von Patricia Begle

Immer wieder. Die Menschen am Straßenrand führen unweigerlich an Grenzen. Die sprachlichen können noch einigermaßen überwunden werden, hier ein paar Brocken Italienisch, dort ein paar Brocken Deutsch, Gestik und Mimik sind international. Schwieriger sind die materiellen Grenzen. Geld und Jacke sind noch möglich, aber die Bitte nach Zelt oder Zimmer stoßen auf Kopfschütteln und Ratlosigkeit.

Ob sich jemand arm oder reich fühlt, hat auch mit dem Umfeld, mit den Menschen rundherum zu tun. Der Unterschied des Lebensstandards zwischen Menschen aus Rumänien und Vorarlberg ist dabei so groß, dass es weh tut. Wohl auf beiden Seiten.

In dieser Situation gewinnt die Geschichte des heiligen Martin neue Aktualität. Die Romantik geht dabei zwar etwas verloren, aber das Sich-Ein-fühlen-Können in die Situation des Heiligen funktioniert umso besser. Der Soldat am Pferd sieht den Bettler, denkt nicht lange nach und tut, was er kann. Mit der Hälfte seines Mantels hilft er dem Frierenden. Die relativ unspektakuläre Tat wird wohl deshalb noch erzählt, weil Martin mehr als nur ein wenig von seinem Überfluss gegeben hat. Der halbe Mantel hat ihm sicher gefehlt, er hat das Geben am eigenen Leib gespürt. Ob ein solches Teilen „heilig“ macht, oder „heiler“? Antwort auf diese Frage gibt wahrscheinlich nur eines: selbst ausprobieren.

 

Nicht nur historisch

von Heinz Niederleitner, Kooperationsredaktion Salzburg

Als die Kirche jüngst das 50-Jahr-Jubiläum des Konzilsdokuments Nostra aetate feierte, mochte man geneigt sein, die klare Verurteilung des kirchlichen Antijudaismus als historisch zu bezeichnen: historisch aufgrund der Bedeutung des Ereignisses; historisch aber auch, weil es schon 50 Jahre her ist. Wie der Skandal um das Lob antisemitischer Facebook-Aussagen durch die FP-Mandatarin Susanne Winter zeigt, hat Nostra aetate nach wie vor höchst aktuelle Bedeutung für die Kirche: Denn um dieses Schreiben mit Leben zu erfüllen, muss die Kirche nicht nur in den eigenen Reihen, sondern auch in der Gesellschaft gegen Antijudaismus und Antisemitismus ankämpfen. Im Übrigen hätte es politische Sanktionen gegen Frau Winter schon geben müssen, als sie vor Jahren wegen Herabwürdigung des Islam verurteilt wurde.

 

Jeder kann handeln

von Susanne Huber, Kooperationsredaktion Salzburg

Manchmal ist Handeln dringend nötig. Sehr oft weiß man, was zu tun ist, wartet aber lieber ab. Das Thema Klimawandel ist so ein Bereich. Der Klimagipfel in Paris naht und wir wissen, dass es Taten braucht, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Politik und Wirtschaft sind gefordert. Sie tun sich aber mit dem Tun oft schwer. Aber auch wir selber sind oft träge und bleiben bei Gewohntem. Doch das, was wir gewöhnt sind, tut uns oft nicht gut. Was den Klimawandel betrifft, so braucht es eine Veränderung des Denkens, des Verhaltens, des Konsums. Jeder kann handeln. Lokale und nachhaltige Lebensmittel kaufen, Energie sparen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder Fahrgemeinschaften bilden. Und, und, und ...

(Aus dem KirchenBlatt Nr. 45 vom 5. November 2015)