Für orthodoxe Christen ist der Advent eine Fastenzeit. Davon erzählen Ioannis Nikolitsis und Zografia Pipinou. Er ist Bischofsvikar, sie ist als Ehefrau des Priesters die „Presvitera“ (vom altgriechischen „Presbyteros“ = „der Ältere“ oder einfach „Priester“) der griechisch-orthodoxen Gemeinde in Wien.

KirchenBlatt-Serie "Welt-Rezepte".
Diesmal: Griechenland - zu Besuch im griechisch-orthodoxen Pfarrhaus

Christopher Erben

Kaum Verkehr, keine Menschenmassen – nur die Schritte der Besucherinnen und Besucher hallen durch den Eingangsbereich der griechisch-orthodoxen Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit. Sie befindet sich am Fleischmarkt in der Wiener Innenstadt und liegt wenige Minuten vom Stephansplatz entfernt. Unweit, am Hafnersteig, steht mit der St. Georgs-Kirche ein weiteres orthodoxes Gotteshaus.

Gemeindeleben
Erzpriester Ioannis Nikolitsis und seine Frau Zografia Pipinou zogen vor rund acht Jahren von Athen nach Wien. Gemeinsam „schupfen“ sie – er als Bischofsvikar und sie als seine Sekretärin, wobei sie auch als Sekretärin für Erzbischof Arsenios Kardamakis arbeitet – die griechisch-orthodoxe Gemeinde in Wien und in Österreich. Sie organisieren das Gemeindeleben, bringen hier die Menschen griechischen Glaubens zusammen. Stolz erzählen beide von den zwei historischen Gemeinden in Wien, den Gemeinden in Graz, Salzburg, Innsbruck und Kufstein und den Gemeinde-Neugründungen in Klagenfurt und Vorarlberg. 390 Schülerinnen und Schüler lernen in der Griechischen Nationalen Schule am Nachmittag Griechisch; sie erhalten hier auch Religionsunterricht. Erzpriester Ioannis Nikolitsis wirkt als Religionslehrer. „Sie kocht einfach zauberhaft“, lobt Ioannis seine Frau. Manchmal assistiert er ihr in der Küche.

Fasten
Selbstverständlich hält sie sich an die Fastengebote – in Summe gilt das Fasten für orthodoxe Christen fast an der Hälfte der Tage eines Jahres. Wie viele Fastengerichte Zografia Pipinou zubereiten kann, kann sie nicht sagen. „An die hundert vielleicht. Ich könnte drei große Kochbücher füllen.“ Sie probiert oft neue Rezepte aus, experimentiert mit verschiedenem Gemüse und Gewürzen. „Mir fällt immer etwas Neues ein.“

Kochen sei ein Geschenk der Liebe Gottes, mit der man Menschen erreicht.
Durch das Essen werde sie an andere weitergegeben. „Wir können so die Liebe Gottes mit anderen teilen“, sagt Zografia. Erzpriester Ioannis Nikolitsis ist ein leidenschaftlicher Sänger, musiziert und spielt gerne Mandoline und Bouzouki, ein traditionelles griechisches Lauteninstrument. „Kochen kann ich aber nicht. Dafür habe ich einfach kein Talent“, sagt Ioannis und lacht dabei verschmitzt. Das überlasse er lieber seiner Frau. Sie ist die kulinarische „Seele“ im Haus. Seine Frau gebe ihm aber auch Kraft und Rückhalt im beruflichen Alltag und inspiriere ihn. Seit rund 20 Jahren sind sie verheiratet. Ganz besonderen Wert legt Zografia auf die Herkunft und die Qualität der Zutaten für ihre Rezepte. Sie sucht dafür Märkte wie etwa den Karmelitermarkt im 2. Wiener Gemeindebezirk auf. „Dort gibt es alles, was ich brauche“, sagt sie. Nur die Auswahl an Obst und Gemüse sei hierzulande geringer als in Griechenland, meint sie. Meeresfrüchte seien mittlerweile auch in vielen Supermärkten in guter Qualität erhältlich.

Zusammenleben
Gläubige der griechischen Orthodoxie fasten öfter und länger als Katholiken: 40 Tage vor Ostern und 40 Tage vor Weihnachten sowie jeden Mittwoch und Freitag; auch an verschiedenen Tagen im Juni sowie in den ersten beiden Augustwochen (vor Maria Himmelfahrt). Sie verzichten auf Fleisch, Fisch und Alkohol; vor Ostern und Weihnachten außerdem auf Speiseöl. Erzpriester Ioannis: „Gott stärkt uns in der Fastenzeit.“ Fasten sei aber keine Diät. Es hat eine tiefe spirituelle Bedeutung.
Zografia kocht fast ausnahmslos mit Olivenöl. Beim Essen reden Griechen über Gott und die Welt. Erzpriester Ioannis: „Oft sitzen wir hier mit der Familie, mit Gästen oder Freunden am Tisch zusammen. Wir essen und diskutieren.“ 

REZEPT

Weltrezepte 2016Garnelen mit Tomaten auf kretische Art

Zutaten:
Menge für vier Personen: 1 Kilo große Garnelen (ohne Schale), 1 Kilo große Cherrytomaten, 2 Knoblauchzehen, 4 Suppenlöffel Olivenöl, 4 Stück Zwieback, 1 Bund frisches Basilikum, Meersalz nach Belieben, Pfeffer nach Belieben

Zubereitung:
Zografia wäscht die Cherrytomaten und teilt jedes Stück in zwei oder mehrere Teile (je nach Größe). Sie schält die Garnelen, zieht mit den Fingern den Kopf vom restlichen Teil des Körpers ab und wäscht sie.
Dann zupft sie das Basilikum. Sie erhitzt eine hohe Pfanne mit Olivenöl, zerteilt eine Knoblauchzehe und dünstet sie rund 20 Sekunden. Die geschnittenen Tomaten fügt sie hinzu und kocht sie maximal vier Minuten. Danach gibt sie die Garnelen in die Pfanne, streut Salz und Pfeffer hinein, lässt das Ganze vier Minuten kochen; dabei rührt sie immer wieder darin um.
Zum Schluss fügt sie die Basilikumblätter und die Zwieback-Scheiben hinzu. Sie sollen den Saft aufsaugen; dann kocht sie die Pfanne kurz wieder auf. Fertig!

GRIECHENLAND

Inseln, Kräuter und Fastenspeisen

Fläche: 131.957 km2
Einwohner: 10,9 Mio.
Das Klima ist mediterran. Zum Staatsgebiet gehören über 3.000 Inseln, von denen aber nur 87 bewohnt sind.
Die griechische Sprache zählt zu den ältesten in Europa. In der Küche spiegelt sich die kulturelle Vielfalt des Landes: Gemüse, Fisch, Meeresfrüchte, Schweine-, Rind- und Schaffleisch sowie Kräuter und Gewürze prägen die Gerichte. Zu den orthodoxen Fasttagen verzichten viele auf tierische Produkte.
Rund 97 Prozent der Bevölkerung Griechenlands sind orthodox. Die Metropolis (Diözese) in Österreich besteht seit 1963. Erzpriester Ioannis Nikolitsis ist als Bischofsvikar die Nummer zwei der griechisch-orthodoxen Kirche in Österreich. Über 25.000 Gläubige zählt die Glaubensgemeinschaft hierzulande.