2. Teil des KirchenBlatt-Berichts von Patricia Begle über die neue Eremitengemeinschaft in Buchboden/Großes Walsertal.

„Mit beiden Lungen atmen“ - so brachte Papst Johannes Paul II. das Verhältnis zu den orthodoxen Kirchen sowie deren Bedeutung auch für die Katholiken zum Ausdruck. Schon 1894 rief Papst Leo XIII. dazu auf, den Dialog untereinander zu suchen.
Die Eremitengemeinschaft von Buchboden will diesem Auftrag im Rhythmus von Gebet, Schweigen und täglicher Arbeit entsprechen.

Sie verstehen sich als Eremiten, und dennoch leben sie in Gemeinschaft, sie führen ein Ordensleben, und dennoch müssen sie für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen, sie sind katholisch, und dennoch feiern sie im Byzantinischen Ritus. Die Mitglieder der Lavra in Buchboden scheinen auf den ersten Blick einen innovativen Weg zu gehen. Beim genaueren Hinsehen wird jedoch klar: Es ist ein uralter christlicher Weg.

Aus der Quelle schöpfen.
Die vier Eremit/inn/en der Lavra Maria Saal in Buchboden, die aus drei Frauen und einem Mönch besteht, folgen einer uralten Tradition nach, aus der heraus letztlich jede monastische Form entstanden ist. „Man kann sich nur erneuern, indem man zu den Quellen zurückkehrt“, ist Schwester Rebekka überzeugt. Sie ist die „Higoumena” (Leiterin) des Hauses. Erneuerung scheint ein Gebot der Zeit, erleben wir doch trotz unseres Wohlstands vielfach spirituelle Armut und Sehnsucht nach gelebtem Glauben. „Wie kann man den Schatz der Kirche bewahren und weiter geben?“ - Diese Frage wird zur drängenden Aufgabe.

Dimensionen der Einheit.
Dass sich der „Schatz” der Kirche nicht in der römisch-katholischen Tradition erschöpft, ist klar. Doch worin liegt das Besondere des Ostens, was ist das „Mehr”, das „Andere”? Da sie den Reichtum der ostkirchlichen Liturgie in ihrer Praxis täglich erfahren, können die Schwestern hier Antwort geben. „Der Orient lebt im Bewusstsein der Einheit auf vielen Ebenen”, wissen sie zu berichten. Denn er weiß um die Einheit von Himmel und Erde, von Diesseits und Jenseits, von Leben und Glauben. Sogar die Verstorbenen sind noch mit den Lebenden verbunden als die, „die uns vorausgegangen sind”. Aufgrund ihrer sinnlichen Dimension entsprechen die orthodoxen Gottesdienste mehr der Ganzheitlichkeit des Menschen. Die Liturgie sei nicht so „verkopft” wie die abendländische, sagen die Schwestern.

Immer wieder - sich auf Gott hin ausrichten.
Die Gebetszeiten sind es, die den Tag der Eremiten klar strukturieren. Sieben Mal am Tag richten sie ihre Aufmerksamkeit wieder ganz auf Gott hin, morgens und abends tun sie dies gemeinschaftlich - und öffentlich. Was dann noch übrig bleibt vom Tag, wird genutzt, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Aufgrund der Wirtschaftslage findet Sr. Damienne kaum Aufträge als Übersetzerin. So liegt das Geldverdienen an Sr. Rebekka, die mit Werkstücken aus ihrer Gold- und Silberschmiede auf diverse Klostermärkte geht sowie Auftragsarbeiten und Restaurationen entgegennimmt.
Pfarrhaus BuchbodenAls Gegenleistung für die Benützung des Pfarrhauses (Bild) arbeiten die vier auf diözesaner und pfarrlicher Ebene mit: in der Firmvorbeitung, bei der Glaubenserneuerung, in Form von Mesnerdiensten und von Vorträgen. Ihre Präsenz wird von der Bevölkerung geschätzt.

Ganz bei sich - und offen für die Welt.
Die vier Mitglieder der Lavra verbringen ihre Tage in Schweigen. Nur am Sonntag ist Gemeinschaftstag - dann werden Erfahrungen ausgetauscht, Rat und Unterstützung gegeben, gemeinsam gekocht, gegessen und gelacht. Freude und Zufriedenheit scheint ihnen ins Gesicht geschrieben - trotz der scheinbaren Eintönigkeit ihres kargen Lebens. Ein wichtiger Grund, das Schweigen zu unterbrechen, sind auch Besuche von außen - denn die Türe des Pfarrhauses ist stets offen, die Schwestern sind bereit zum Zuhören. Auch ein Mitleben auf Zeit ist hier möglich, sei es für Tage oder gar Monate. Gastfreundschaft wird großgeschrieben.

Ein Ort, der verbindet.
So ist der Wallfahrtsort Buchboden zu einem besonderen Ort geworden: Ein Ort, der den “Schatz” der Kirche zeigt und für alle zugänglich macht. Ein Ort, an dem auch die Einheit der christlichen Kirchen und die damit verbundene Wirkkraft erlebbar ist. Ein Ort, an dem spürbar wird, dass alles mit allem verbunden ist.
Patricia Begle

Die Lavra Maria Saal

Lavren (sprich: Lauren) gehen auf den hl. Chariton zurück, der im 3. Jahrhundert in Palästina ein Mönchsleben in Einsamkeit begann. Laura bedeutet soviel wie „Markt” im Sinne von „Treffpunkt”. Hier trafen sich die Einsiedler am Samstag und Sonntag, feierten die Vigil der Auferstehung und die göttliche Liturgie, hielten gemeinsam Mahl und erledigten die nötigen Geschäfte.

Eine kleine Gemeinschaft.
Derzeit besteht die Eremitengemeinschaft Maria Saal in Buchboden aus vier Mitgliedern, drei Frauen und einem Mann. Zwei von ihnen stehen im Noviziat, neben dem Gebet erhalten sie Unterricht, lernen die Heilige Schrift und die Grundsätze der Theologie kennen und studieren die Literatur der Kirchenväter

Liturgie: Zwei Mal täglich wird im byzantinischen Ritus Liturgie gefeiert: morgens um 6.20 h (Di- Fr), So 7.50 h; abends um 16.30 h (donnerstags und samstags um 19 h); am Sonntag ist keine öffentliche Vesper.

(aus KirchenBlatt Nr. 22 vom 6. Juni 2010)