Roma-Musik rührt auf ganz besondere Weise Gefühle an. Wie heilsam und befreiend das sein kann, konnten vergangene Woche Kinder des Montessori-Zentrums-Oberland (MZO) in Ludesch hautnah miterleben. Bei einem dreitägigen Workshop mit Ida Kelarova.

Patricia Begle

Wie sich Rassismus und Diskriminierung im alltäglichen Leben anfühlen und anhören, hat Ida Kelarova schon als Kind erfahren. Während ihrer tschechischen Mutter Respekt entgegengebracht wurde, sah sich ihr Vater, ein Roma, ständigen Anfeindungen ausgesetzt. Obwohl er der „wunderbarste Mann der Welt“ war. Rettung in dieser schweren Situation fand das Kind schon damals im Singen von Roma-Liedern. Heute gibt die Sängerin diese heilsame Erfahrung in ihren Konzerten und Workshops tausendfach weiter.

Gefühle leben
„Im Singen ihrer Lieder drücken Roma-Leute ihre Gefühle aus. Sie können dabei alles zeigen, alles reinstecken - von Freude über Wut bis zur Trauer. Es ist eine friedliche Methode all diese Dinge zu verarbeiten“, erklärt Monika Rietzler. Vor 15 Jahren ist die Ludescherin auf die Musik Kelarovas gestoßen. Seit sieben Jahren organisiert sie jährliche Workshops in Arbogast und hat die Künstlerin auch in das Montessori-Zentrum in Ludesch gebracht.

Organisation
Für den Verein, der hinter dem MZO steht, war die Woche eine große Herausforderung und Freude zugleich. „Unsere Gäste sind extrem mitreißend und so herzlich“, erzählt Heike Hartmann, Geschäftsführerin des MZO. „Es wird auf einmal überall gesungen, an der Bushaltestelle, bei den Unternehmungen - es schwingt durch das ganze Haus.“ Gleichzeitig bedeutete das außergewöhnliche Projekt für Eltern und Lehrpersonen viel Organisationsarbeit: Unterkunft, Verpflegung, Ausflüge, Benefizkonzert, ... und immer alles für zehn Personen. Denn Ida Kelarova kam nicht nur mit ihren Musikern, sondern brachte fünf Roma-Mädchen mit, die im Rahmen ihres Förderprogrammes „M.I.R.E.T.“ (siehe Spalte unten) unterstützt werden.

Verständigung
Diese Mädchen sprechen weder Deutsch noch Englisch, können sich also nur über  Körpersprache und Musik verständigen. Dennoch haben die Kinder sie schnell ins Herz geschlossen. Auch Ida Kelarova und ihre Musiker finden durch ihre herzliche und unkomplizierte Art leicht einen Zugang zu den Kindern. Schon nach zwei Tagen singen die Kleinen die Roma-Lieder mit Begeisterung, trotz der fremden und manchmal fast „zungenbrecherischen“ Sprache.

Offenen Herzens
„Singt mit dem ganzen Herzen, mit eurer ganzen Liebe, ihr habt viel davon“, das war die Botschaft der tschechischen Sängerin an ihre jungen Workshop-Teilnehmer/innen. Ihr ging es nicht so sehr um richtiges, perfektes Singen, sondern um die Freude, die die Kinder dabei haben. Gleichzeitig vermittelte sie ihnen, was zu einem Bühnenauftritt dazugehört: vom ruhigen Aufeinander-hören bis zur tiefen gemeinsamen Verbeugung. „Singt für Eure Eltern - als Dankeschön“, gab Kelarova den Kindern ein Ziel vor.

Verändern
„Kelarova will mit ihrer Musik die Welt verändern“, erzählt Larissa Kriss, die während des Workshops vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Die junge Dornbirnerin ist der Künstlerin im Rahmen eines Schul-Workshops vor vier Jahren das erste Mal begegnet und hat sozusagen „Feuer gefangen“. Eine Reise nach Tschechien und der Besuch einer Roma-Siedlung haben das Leben der jungen Frau völlig verändert. „Ich bin zehn Jahre älter geworden“, meint sie heute. Seit Herbst studiert sie in Wien Slawistik und Dolmetschen und unterstützt Kelarova dort, wo sie kann. Auf die Frage, was das Besondere an Kelarova ist, antwortet sie: „In jedem Menschen sind Türen, die im Leben zugeschlossen werden. Ida kann Türen öffnen.“

Die Stiftung M.I.R.E.T.

wurde von Ida Kelarová 1998 gegründet. Eines ihrer Hauptziele ist es, der Roma-Minderheit zu helfen, sich in das öffentliche Leben zu integrieren und - umgekehrt - das Verständnis für die Roma zu fördern. Musik und Bildung sind dafür zentrale Wege.

Mehr Infos unter: www.miret.cz