Das Tageszentrum „Emils Kleine Sonne“ in der armenischen Stadt Gymri steht seit über einem Jahr Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen zur Verfügung. Das KirchenBlatt sprach mit der Leiterin des in ganz Armenien geschätzten Zentrums, Tigranui Akopyan, deren Freundlichkeit und Professionalität überzeugt.

Wolfgang Ölz

Bereits 2007 gründete die Caritas Vorarlberg gemeinsam mit der Caritas Armenien in Gyumri eine Betreuungseinrichtung für dreißig Kinder mit Beeinträchtigung. Das Anliegen der Betreiber war es, so Tigranui Akopyan, die Kinder während des Tages aus den Familien an einen anderen Ort zu bringen, wo sie sich entwickeln können. Denn die Kinder wurden kaum gefördert, vielfach als Last oder Schande gesehen und von der Außenwelt isoliert. 2009 wurde dann ein größeres Zentrum geplant, das unter tatkräftiger Vorarlberger Beteiligung am 26. September 2015 eingeweiht werden konnte. Zeitweise arbeiteten bis zu 60 freiwillige Helfer aus Vorarlberg vor Ort, Architekten und Handwerker stellten sich in den Dienst der guten Sache. Der Reiseunternehmer Emil Nachbaur, der selbst körperlich beeinträchtigt ist, gab dem Zentrum seinen Namen, da er durch seine große finanzielle Unterstützung die umfangreiche Arbeit in diesem Ausmaß erst möglich machte.

Aufgabenbereiche. Tigranui Akopyan leitet das Zentrum als Hauptverantwortliche seit September 2015. Es umfasst drei Bereiche: ein Informationszentrum, das Tageszentrum für Kinder und das Ausbildungszentrum für Jugendliche. Die engagierte Leiterin realisiert Projekte mit den Familien, ist bei Erstaufnahmegesprächen dabei und kennt jedes der knapp hundert Kinder persönlich beim Namen. Auch technische Fragen fallen in ihr Aufgabengebiet.

Alpen und Kaukasus. Akopyan schätzt die Arbeit mit den zahlreichen Freiwilligen aus Vorarlberg: „Auf der menschlichen Ebene kann ich sagen, dass Armenier und Vorarlberger viel gemeinsam haben. Beispielsweise kommen beide aus einer Gebirgslandschaft, hier die Alpen dort der Kaukasus.“ Außerdem machten sie, auch wegen der Sprachbarriere, viele lustige Erfahrungen, in der Bauphase vermischten sich Armenisch, Russisch und Vorarlberger Dialekt. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kulturen hervorragend.

Für die Verletzlichsten. Die Grundidee des Zentrums war es von Anfang an, den verletzlichsten und ärmsten Kindern, die sonst nirgends einen Platz haben, einen Ort zu geben. Akopyan kämpft für „ihre“ Kinder, weil ihr ihre Schicksale so nahegehen - fast wie einer Mutter. Sie und ihr Team versuchen jeder Familie, jedem Kind, das an die Tür klopft zu helfen.

Einzigartig in Armenien. Angeboten werden unter anderem Physio-, Musik-, und Kunsttherapie. Die Therapien schenken neue Lebensmöglichkeiten. Es gibt etwa einen 18-jährigen Jungen mit der Diagnose Autismus, der nur ein paar Worte sprechen kann. Er hat begonnen zu trommeln. Mittlerweile erfreut er die Gemeinschaft als sehr talentierter Trommler bei vielen offiziellen Anlässen. Der Erfolg besteht darin, dass dieser Junge jetzt in die Musikschule geht. Ein anderer Bursche mit Down-Syndrom,  kann sich in der Küche verwirklichen. Seine Hoffnung ist es, einmal in der Bäckerei, die das Zentrum eröffnen wird, zu arbeiten.

Segen des Papstes. Am 25. Juni 2016, im Rahmen seines Armenienbesuchs, hat Papst Franziskus Kinder von „Emils Kleine Sonne“ empfangen. Die Kinder sangen für den Papst, der die Kinder segnete. Der 18-jährige Eduard Toraoyan sagte: „Es war ein sehr denkwürdiger Tag für uns. Gyumri selbst hat sich in ein Gebet verwandelt (Gyumri was a breathing prayer)“.

(Aus dem KirchenBlatt Nr. 7 vom 16. Februar 2017)