Sein Name findet sich auf der Homepage des Salzburger Polizeisportvereins ebenso wie in der Liste der offiziellen Berater des Päpstlichen Einheitsrates. Was er tut, macht er mit Ernst – ob Taekwondo oder Kirchengeschichte und Ökumene: Dietmar Winkler.

Hans Baumgartner

Er war nicht Ministrant, nicht Jungscharbub und stammte auch nicht von einer in der Wolle ganz und gar katholisch gefärbten Bauernfamilie – „vielleicht“, so sagt Dietmar Winkler, „hat mich deshalb an der Theologie weniger die Pastoral als die Wissenschaft oder besser der Schatz an Wissen und Spiritualität interessiert.“ Und obwohl er ein Jahr nach Beginn des II. Vatikanischen Konzils geboren wurde, sieht er sich ganz und gar als „konziliaren Theologen“. Denn die Menschen, die ihn am stärksten geprägt haben, „das waren Priester und Theologen, die alle vor dem Konzil studiert hatten und die den konziliaren Aufbruch ganz bewusst als wuchtiges, befreiendes Geschehen erlebt und mitgetragen haben“. Der Funkenflug ihres Feuers „hat offensichtlich auch in mir etwas zum Brennen gebracht“, meint Winkler. Am Beginn der Kette stehen sein Pfarrer in Wolfsberg (Kärnten) und sein Religionslehrer am Benediktinergymnasium St. Paul.

Gute Antennen

An der Universität in Graz waren es vor allem der orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis und der Liturgiker und Ostkirchenexperte Philipp Harnoncourt, die Dietmar Winklers Interesse, ja seine Faszination an der Vielfalt kirchlicher Kulturen, Traditionen und Spiritualitäten weckten. „Sie öffneten mir den Blick dafür, dass man nicht bloß auf eine Art beten, feiern oder Theologie treiben kann, dass man nicht bloß auf eine Art die Wahrheit über Gottes Weg mit uns sagen kann. Ich entdeckte, dass jede Kirche mindestens ein Charisma hat, das anderen fehlt, das aber das Bild färbiger und vollständiger macht.“ Irgendwie scheint Winkler bereits früh gute Antennen dafür gehabt zu haben, dass „Einheit nicht Eintopf“ bedeuten muss und Vielfalt keine „Gefahr“ ist. Er fand es zumindest sonderbar, dass im Jahr 1981, seinem Maturajahr, noch ein Steirischer Katholikentag und nicht ein Christentag abgehalten wurde.

Rettung

Obwohl er dazu Altsyrisch lernen musste entschied sich Winkler, sich vor allem mit der Geschichte, der Spiritualität und Kultur der altorientalischen Kirchen im Nahen Osten und Indien (Thomaschristen) zu befassen. „Sie zählen einfach zu den ältesten, ursprünglichsten Kirchen, die wir kennen, mit einer reichen, tiefen, uns wenig bekannten Tradition und einer langen Geschichte der Koexistenz mit der vorwiegend nichtchrist­lichen Umwelt des Islam oder des Hinduismus.“ In diese Welt als Forscher einzutauchen war für ihn ebenso faszinierend wie die vielen Begegnungen mit Vertretern dieser Kirchen in den vergangenen Jahren. Heute aber sieht Winkler seine Arbeit immer mehr als „Rettungsaktion“ für das zunehmend bedrohte religiös-kulturelle Gut dieser Kirchen, aber auch für die an Leib und Leben bedrohten Menschen. Sein Freund, der chaldäische Patriarch Luis Sako (Bagdad), habe ihm einmal gesagt: „Jetzt musst du die theologische Arbeit machen, ich kann das nicht mehr, mich brauchen meine bedrängten Leute.“

Brennen für Einheit

Die ersten zehn bis 15 Jahre seiner theologischen Arbeit habe er ganz für die „Einheit der Christen“ gebrannt. „Ich war voll davon überzeugt, dass man bei einigem guten Willen die paar theologischen Stolpersteine, die es da und dort noch gibt, beiseite räumen kann. Und dann gibt es die Einheit.“ Aber ab Mitte der 90er Jahre, so Winkler, musste er immer mehr erkennen, „es kommt nicht auf uns Theologen an. Je näher wir uns kommen, desto lauter werden in den Kirchen die Stimmen der gegenseitigen Abgrenzung. Und das, obwohl die Unterschiede zwischen den Konfessionen oft geringer sind als die innerhalb der eigenen Kirche.“ Heute
brenne er für das Wissen um andere kirchliche Kulturen und Traditionen. Er sehe es im Sinne des Konzils als seine wichtigste Aufgabe an, die Kirche Christi in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen und nicht nur den dogmatisch zurechtgestutzten katholischen Ast.