Teil 1 von 8 der KirchenBlatt-Serie "Bausteine des Glaubens" von Mag. Erhard Lesacher.

Bibel und Naturwissenschften - kein Widerspruch

Hat Gott die Welt geschaffen – oder ist sie nur ein Produkt des Zufalls? Was sagt der Glaube und wie verhält er sich zur Evolutionstheorie?

LesacherMag. Erhard Lesacher
geboren 1962 in Spittal a. d. Drau,
Studium der Theologie in Wien, Assistent am Institut für Dogmatik,
seit 2001 Leiter der „Theologischen Kurse“.

Die Heilige Schrift beschreibt nicht, wie Gott die Welt erschaffen hat, sondern warum und wozu. Die Schöpfung ist nicht dem blinden Zufall oder Schicksal unterworfen, sondern von Gott gewollt. Gott schafft aus Liebe und setzt einen guten Anfang. Er schenkt Freiheit. Er ist seinen Geschöpfen nahe, auch dann, wenn sie andere Wege gehen als seine Wege. Ziel des Ganzen ist die volle Gemeinschaft aller Geschöpfe mit Gott, der „Siebente Tag“.

Die Schöpfungstexte der Bibel werden heute nicht mehr buchstäblich verstanden: „Es ist darum kein Gegenstand unseres Glaubens, dass Gott die Welt, wie es die Bibel bildhaft darstellt, in sechs Tagen geschaffen hat und dass er alles am Anfang so geschaffen hat, wie wir es heute vorfinden.“ (Katholischer Erwachsenen-Katechismus)

Sprache des Glaubens
Die Sprache des Glaubens unterscheidet sich von jener der Naturwissenschaft. Empirisch betrachtet, ist der Satz „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“ völliger Unsinn. Trotzdem kann dieser Satz eine tiefe innere Wahrheit ausdrücken, wie es zutreffender nicht ginge.
In vergleichbarer Weise geht es auch in den biblischen Schöpfungserzählungen um eine innerste Wahrheit: „Das Universum gründet in einem Schöpfer, der es gut mit dir meint, und der dich auch über den Tod hinaus nicht vergisst.“ Die Bibel spricht vom Sinn, vom Warum und Wozu der Schöpfung. Die Evolutionstheorie hingegen vom Was und Wie.

Keine Konkurrenz

Schöpfungsglaube steht daher nicht in Konkurrenz zu naturwissenschaftlichen Welterklärungen, sondern bildet einen Horizont, einen Rahmen für die Evolutionstheorie: Die wissenschaftlich beschreibbare Welt hat von Gott her Sinn und Ziel.

Ohne Gott versinkt alles ins Nichts

Das Schaffen Gottes beschränkt sich nicht auf den Anfang, sondern es ist ein permanenter Prozess, der auf die Vollendung von allem, auf die Neue Schöpfung zielt. Gott ist der tragende Grund der sich entfaltenden und entwickelnden Wirklichkeit. Würde Gott auch nur einen Augenblick lang aufhören, schaffend in seiner Schöpfung gegenwärtig zu sein – alles würde ins Nichts versinken. „Denn das Geschöpf sinkt ohne den Schöpfer ins Nichts.“ (II. Vatikanum, Gaudium et spes 36)

Ich habe dich beim Namen gerufen

Wir lesen die ersten Kapitel der Bibel richtig, wenn wir uns dabei immer wieder sagen lassen: Du selbst bist dieser Mensch. Du verdankst dein Dasein der schöpferischen Güte Gottes. Der, der Himmel und Erde erschaffen hat und alles trägt, der birgt auch dich in seinen Händen. „Ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir.“ (Jes 43, 1) Selbst wenn du dich abwendest und in Sünde verstrickst, bleibt er dein treuer Begleiter.

Impuls

„Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“
Psalm 8, 4–5

Gebet nach Psalm 8

Großer Gott, voller Wunder
ist unsere Welt.
Die ganze Schöpfung singt
dein Lob.
Sonne, Mond und Sterne,
die Erde und das Meer,
Pflanzen und Tiere, sie alle
preisen dich.
Sie preisen dich ohne Worte, einfach indem sie da sind.
Wie klein sind wir Menschen
im unendlichen Weltall,
und doch hast du uns gewürdigt, in deinem Auftrag zu wirken.
Mache uns bereit, zu bewahren, was du uns anvertraut hast,
damit die Schöpfung deine Güte widerspiegelt.
Dir sei Ehre in Ewigkeit.
(Vorlage von Reinhard Hauber)