In der serbisch-orthodoxen Gemeinde in Feldkirch hat sich ein Generationenwechsel vollzogen. Auf den langjährigen Seelsorger Mile Milic folgte der junge Nicola Balovic. Im KirchenBlatt-Interview spricht der Geistliche über seine Sicht auf das soeben beendete panorthodoxe Konzil, die Gemeinsamkeiten von katholischer und orthodoxer Kirche und seine Wertschätzung für den Zölibat.

Wolfgang Ölz

Nicola Balovic-2Der Priester Nicola Balovic
steht der serbisch-orthodoxen Pfarre zur
„Geburt der allerheiligsten Gottesgebärerin“
in der Feldkircher Frauenkirche vor.


Wie bewerten Sie das Konzil in Kreta?
Die russisch-orthodoxe Kirche vertritt aufgrund des Fernbleibens der bulgarischen, georgischen und antiochenischen Kirche die Auffassung, dass die Orthodoxie nicht vollständig vertreten war.  Es ist schmerzhaft für die serbisch-orthodoxe Kirche, dass diese Kirchen bis zuletzt darauf bestanden haben, nicht am Konzil teilzunehmen. Nichtsdestotrotz ist das Konzil sehr wichtig und auch beschlussfähig für alle, auch für die, die nicht dabei sind.

Warum hat der Patriarch Irinej von Belgrad, der Ihre serbisch-orthodoxe Kirche vertritt, das Konzil kritisiert, obwohl er selbst teilgenommen hat?
Man könnte vielleicht ein besseres Wort wählen als „kritisieren“. Er hat das Konzil nicht kritisiert, er hat einfach die Frage gestellt, ob neben dem guten, geschriebenen Programm nicht auch jene Themen, die spontan geäußert werden, für das Konzil wichtig sein könnten.

Wie funktioniert die orthodoxe Kirchenordnung, die aus 14 selbständigen Einzelkirchen besteht, wobei der griechisch-orthodoxe Patriarch von Konstantinopel - zur Zeit Bartholomaios I. - als „primus inter pares“, als erster unter Gleichen gilt?
Der Mediensprecher seiner Hochheiligkeit des Patriarachen von Konstantinopel, Bartholomaios I., John Chryssavgis, hat klargestellt: Der Patriarch von Konstantinopel hat zwar den Vorsitz der gesamten Orthodoxie, verfügt aber nicht über das Recht, ohne die Zustimmung aller orthodoxen Kirchen ein Konzil einzuberufen oder  abzusagen - im Unterschied zur katholischen Kirche, wo der Papst die Macht hat, ein Konzil einzuberufen oder abzusagen.  Der Patriarch von Konstantinopel sieht sich vor allem als Mitbruder und Diener aller orthodoxen Patriarchen.

Welche Gemeinsamkeiten von orthodoxer und katholischer Kirche wurden auf dem Konzil deutlich?
Das liturgische Leben der katholischen und orthodoxen Kirche ist natürlich sehr verwandt. Die gemeinsame Teilnahme an den Heiligen Gaben wie der Eucharistie ist noch ein offenes Thema, das von diesem Konzil natürlich auch nicht endgültig gelöst werden konnte.
Das Konzil sendet jedoch die klare Botschaft in die Welt, dass katholische und orthodoxe Kirche sich annähern sollen, dass sie sich im Austausch an kulturellen und geistlichen Reichtümern besser kennenlernen sollen. Der heilige Apostel  Johannes bringt das zum Ausdruck, wenn er sagt: „Alle sollen eins sein.“ (Joh 17,21) In der Betonung dessen war das Konzil einstimmig. Die Ökumene ist vor allem für die orthodoxen Gemeinden in der Diaspora, wie etwa auch in Vorarlberg, von großer Bedeutung.

Als serbisch-orthodoxer Priester sind Sie verheiratet. Welche Vorteile liegen darin?
Das ist eine sehr lebenspraktische, lebensnahe Frage. Ein orthodoxer Priester trägt sozusagen drei Kreuze: Ein Kreuz ist die gesamte Kirche, ein Kreuz ist seine Familie und ein Kreuz ist das Kreuz der ihm anvertrauten Gemeinde. Das ist natürlich eine große Aufgabe und Herausforderung. Auf der anderen Seite ist die katholische Auffassung, dass sich etwa ein Pfarrer ganz seiner Gemeinde widmen kann, indem er auf das eheliche Leben und die Familie verzichtet, auch sinnvoll und hochzuschätzen.

Orthodoxie in Vorarlberg

Die serbisch-orthodoxe Kirche ist mit ca. 7000 Gläubigen die drittgrößte Glaubensgemeinschaft in Vorarlberg. Es bestehen zwei Pfarren, die in der Frauenkirche in Feldkirch und in der Unterkirche von St. Gebhard in Bregenz beheimatet sind. In der Feldkircher Frauenkirche gibt es jeden Samstag um 17 Uhr eine Vesper, jeden Sonntag um 9.30 Uhr einen Gemeindegottesdienst.

Die rumänisch-orthodoxe Kirche hat in Vorarlberg ca. 200 Mitglieder, die einmal monatlich in der evangelischen Pauluskirche in Feldkirch Gottesdienst feiern.

Die griechisch-orthodoxe Kirche in Vorarlberg begeht zwei Feste im Jahreskreis - die Taufe Jesu und das Osterfest nach dem julianischen Kalender - in der Kollegienkapelle der Mehrerau.

www.orthodoxe-kirche.at