von Mag. Elmar Simma, Caritaspfarrer

Was heißt Fronleichnam? - frage ich, jedes Jahr wieder. Die Antworten sind karg und spärlich. Das Wort „Fron“ bedeutete im Mittelalter „Herr“ (das Gegenstück zu „Frouwe“ = Frau) und „Leichnam“ - damals anders als heute - „lebendiger Leib“. Der Wortsinn also sagt: Wir verehren den im Brot gegenwärtigen Christus. Aber Vorsicht: Tun wir das wirklich?

Die Ursprünge
Dieses Fest entstammt einer Vision der hl. Juliana von Lüttich und wurde 1246 dort eingeführt. Die erste „Fronleichnam“-Prozession, in der das „Allerheiligste“ in den Straßen mitgeführt wurde, gab es 1276 - schon 30 Jahre später - in Köln.  Zur Zeit der Gegenreformation bekam es den Charakter einer Demonstration - gegen das evangelische Verständnis von Eucharistie. Und wie ist das heutzutage? Wofür oder wogegen demonstrieren wir, wenn wir singend und betend auf die Straßen gehen und uns in der Öffentlichkeit zeigen?

Verteidigung der Äußerlichkeiten
An Fronleichnam gibt es viele äußerliche Dinge. Wir interessieren uns wie das Wetter ist, die Blumenteppiche werden bestaunt, Kapellen und Altäre werden liebevoll geschmückt und der Musikverein gehört natürlich auch dazu; die Feuerwehr achtet darauf, schön im Gleichschritt zu gehen und der Kirchenchor freut sich, wenn sein Gesang festlich klingt, wir begutachten die fein säuberlich hergerichteten Gärten und - wie vieles Andere mehr - registrieren wir auch die Kühe auf der Wiese. Das alles gehört zu Fronleichnam und nichts davon ist schlecht, im Gegenteil. Als sinnenhafte Wesen können wir Menschen nur über das Sehen, das Hören und Tasten be-greifen, was „Fronleichnam“ bedeutet: Wir verehren Jesus und feiern, dass Gott nicht vom Himmel aus „alles so herrlich regieret“ wie wir singen, sondern in Jesus ein „herunter gekommener“ Gott ist, der das Elend dieser Welt mitleidet und aushält, einer, der unsere Tränen mitweint und unsere Tode mitstirbt.

Die Provokation
Es ist und bleibt Jesu (Abschieds)Geschenk für uns, dass er im eucharistischen Mahl unter uns bleibt. Deshalb verehren wir Ihn in Gestalt des Brotes, nehmen Ihn mit hinein und hinaus in unser Leben, in die Büros, Werkstätten und Geschäfte, in unsere Familien,  in unser Leben. Doch - die Frage bleibt immer auch: Tun wir das wirklich? - Handeln wir wirklich so, dass erkennbar ist, dass derselbe Christus auch und vor allem in jedem Menschen gegenwärtig ist, so wie er sagt: „Was ihr den Geringsten tut, habt ihr mir getan!“ (Mt 25,40). Oder:
Ist uns bewusst, dass Jesus präsent ist in der Asylwerberin, im Alkoholkranken, im Arbeitslosen, in der Sozialhilfeempfängerin, im schwierigen und lästigen Mitmenschen. Auch der Ausländer in der Nachbarschaft, die Muslima mit dem Kopftuch, der Gastarbeiter auf dem Bau, der lästige Schüler im Omnibus und die Leute im Seniorenheim tragen die Gesichtszüge Jesu. Der konkrete Mensch, geliebt oder ungeliebt, ist ein Sakrament, sprich: ein Zeichen der Gegenwart Christi und der „Ort“, wo wir Ihm begegnen.

Ein Fest der Bewegung
Bei der Prozession machen wir uns auf den Weg, erfahren wir uns als das Volk Gottes unterwegs. Aber der Jesus „in der Monstranz“ will sichtbar machen, dass jeden Menschen ein „Strahlenkranz“ umgibt, weil wir alle Gottes Geschöpfe und seine Kinder sind und deshalb die gleiche Würde haben. Vielleicht denken wir daran, wenn wir am Fronleichnamsfest durch die Straßen gehen oder irgendwo draußen die Hl. Eucharistie feiern. _