Teil 3 von 7 der Fastenzeit-Serie "mehr oder weniger" mit Ordensleuten - diesmal mit P. Josef Maureder SJ

Fasten-Logo Mehr oder weniger  Fastenserie 2014

Wenn sich ein vertrauendes und ein hoffendes Herz gebildet hat – das ist ein Erfolg, meint  P. Josef Maureder SJ. Der Novizenmeister im Jesuitenorden erzählt davon, wie sich Erfolgsempfinden im Lauf des Lebens wandelt und was für gute Lebensentscheidungen bedeutsam ist.

P, Josef Maureder SJP. Josef Maureder SJ
ist 1961 in Niederwaldkirchen (Oberösterreich) geboren, trat 1979 in den Jesuitenorden ein, studierte Philosophie in München, Theologie in Frankfurt am Main und Psychologie in Rom. Er ist Priester (seit 1988) und Psychotherapeut.
Seine bisherigen Einsatzgebiete: Jugendarbeit in Wien, Berufungspastoral in Linz, seit 2007 Novizenmeister für Deutschland, Österreich und die Schweiz in Nürnberg. Veröffentlichungen zu Berufung, Begleitung und menschlicher Reife.

Interview: Matthäus Fellinger

Was macht Erfolg eigentlich aus?
P. Josef Maureder: Gewöhnlich wird es als „Erfolg“ gesehen, wenn ein Plan aufgeht und gelingen kann. Oder jemand hat eine Ausbildung oder Prüfung mit hervorragender Leistung geschafft und abgeschlossen. Auch gilt als Erfolg, wenn jemand in einem Wettbewerb im Vergleich eine der besten Leistungen erbracht und vorderste Platzierungen erreicht hat. Oder jemand ist durch Ideen und Publikationen bekannt geworden.
Aber wie ist all das vor Gott? Erfolg in diesem „gewöhnlichen“ Sinn ist kein Name Gottes. Schon eher Fruchtbarkeit: Wenn die kleine Saat des Menschen aufgeht. Es ist also vor allem Gott, dem die Frucht zu verdanken ist.

Haben Sie das Gefühl, erfolgreich zu sein?
P. Maureder: Ich würde sagen: Manches im Leben durfte schon gelingen. Trotzdem erlebe ich es mehr als Geschenk denn als Leistung. Etwa die vielen jungen Menschen, die in den zehn Jahren der Arbeit in der Berufungspastoral in Kursen mitgemacht haben oder für die geistliche Begleitung ins Haus Manresa nach Linz kamen. Ich glaube auch, dass ich der Erwartung als Novizenmeister in Nürnberg gerecht werden durfte. Oder die beiden Bücher, die es bereits in mehreren Auflagen und Sprachen gibt. Am meisten aber freut es mich, wenn ich als Seelsorger Menschen für Gott und Jesu Botschaft ein wenig begeistern durfte und kann.
Es gab und gibt natürlich auch Schmerzliches, das ich im ersten Moment als Scheitern erlebte: Da denke ich an die eine oder andere Person, die ich begleitet habe, die ihr ewiges Versprechen nicht durchgehalten hat. Oder an die Tatsache, dass das achtsam entwickelte weite Konzept der Berufungspastoral und das einst so gesuchte „Haus Manresa“ in Linz vom Orden aus personellen Gründen nicht mehr fortgesetzt werden.

Sind Christ/innen anders „erfolgreich“?
P. Maureder: In gewissem Sinn ganz sicher. Schauen wir auf Jesus Christus, unser Vorbild. Da zeigt sich die andere Bewertung. War er erfolgreich im weltlichen Sinn? Doch nicht wirklich. Da ist auch viel schwer, ist scheinbares Scheitern. Und doch wächst aus diesem Leben die größte religiöse Bewegung der Menschheitsgeschichte. Jesu Leben und Botschaft werden fruchtbar für Milliarden von Menschen.

Selbstverständlich dürfen auch Christ/innen Großes leisten, in Wettkämpfen gewinnen und hoffentlich Ideen, Projekte und Ausbildungen „erfolgreich“ aus- und durchführen. Um diesen Segen darf man auch beten. Wichtiger ist allerdings, dass es nicht auf Kosten eines vor Gott guten Lebens, der Gesundheit oder anderer Menschen geht. Der oft sehr ich-bezogene weltliche Erfolg, wenn er mit Ehre oder persönlichen Vorteilen verbunden ist, könnte für Christ/innen vor Gott auch ein Scheitern sein. Positiv gesagt: Das ist erfolgreich für Christ/innen, was auf Gott hin nützt, anderen dient, für ein Leben mit Gott fruchtbar wird.

Was war für Ihre persönliche Entscheidung für ein Ordensleben bedeutsam?
P. Maureder: Ganz sicher der Glaube in der Familie. Meine Eltern hatten ein Herz voll Liebe und Glauben. Das prägte auch ihr Verhalten. Dann die Erfahrung der Stille und des Gebets in der Natur. Eine bedeutsame Rolle spielen gute Bücher. Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass es schön ist, Menschen zu helfen. Bald merkte ich, dass ich nicht wegschauen und weitergehen kann, wenn Menschen in Not sind oder Irrwege gehen.

Aber ganz entscheidend war das Kennenlernen Jesu und seiner Botschaft in den Exerzitien. Das sehe ich als das größte Geschenk meines Lebens. Jesus Christus gibt allem neuen Sinn, eine neue Perspektive. Dafür wollte und will ich mein Leben einsetzen.

Im Laufe des Lebens ändern sich die Erfolgsmaßstäbe. Was früher wichtig war, tritt zurück. Kann man diesen Prozess nicht „abkürzen“?
P. Maureder: Ich stelle fest, dass das Ziel oft nicht mehr so sehr das Viele und das Herausragende ist. Das Zuviel wird weniger, das idealistische Bild von sich und anderen wird realistischer, die zu hohe Latte ein wenig tiefer gelegt. Menschen, die schon gereift sind, möchten lieber an einigen Orten ganz und mit Ausstrahlung da sein als an möglichst vielen Orten eilig und halb. Sie wollen Sinnvolles schaffen und eine persönliche Spur in der Welt hinterlassen. Wichtig ist ihnen eine Balance von Arbeit und Muße und die Freude an der Arbeit wie auch eine gute innere Motivation. Im Reden nehmen sie weniger das Wort „erfolgreich“ in den Mund. Sie sagen lieber, dass etwas gelingen durfte oder fruchtbar geworden ist. Es werden neue Werte spürbar: das rechte Maß bei den Dingen und Tätigkeiten zu finden; die Geduld; die Treue. Auch der Wert von Beziehungen geht einem immer mehr auf. In jungen Jahren möchten manche oft bekannt und berühmt sein. Später ist es wichtiger, im Herzen einiger Menschen, die man liebt, einen wichtigen Platz zu haben.

Ob man diesen Prozess abkürzen kann? Kaum. Jeder hat seinen Weg zu machen, durch Erfahrung zu lernen. Aber helfen kann es schon, manchmal innezuhalten und sich zu fragen, was das denn für einen Wert für die Ewigkeit hat. Und Grenzerfahrungen können Reifungssprünge werden, wenn wir Nutzen daraus ziehen. Dafür dürfen wir nicht zu schnell im alten Fahrwasser weitertreiben.

Was bedeutet Erfolg im Älterwerden?
P. Maureder: Wenn eine echte Herzensbildung geschehen ist. Das ist ein großer „innerer Erfolg“, der nach außen bedeutsame positive Früchte bringt. Wenn sich ein glaubendes, vertrauendes Herz gebildet hat. Das sieht man, wenn jemand loslassen kann. Dann ist es Herzensbildung, wenn sich ein liebendes, ein barmherziges Herz gebildet hat. Das ist zu sehen, wenn jemand bei allen Schwächen zu sich und zu anderen barmherzig sein kann. Und wenn sich ein hoffendes, ein in die Zukunft orientiertes Herz gebildet hat. Das wird spürbar, wenn Menschen ein Ja zum Fragment ihres Lebens sagen können und gleichzeitig eine Sehnsucht und Freude im Blick auf die wahre Heimat lebendig ist.
Dann ist es auch „Erfolg“, wenn sich in der Person und durch den Kontakt mit anderen Menschen ein Frieden ausbreitet: wachsende Zufriedenheit; Frieden in Grenzerfahrungen; Versöhnung mit dem Scheitern.

Sie arbeiten im Jesuitenorden viel mit Leuten, die Orientierung suchen – etwa im Blick auf ein mögliches Ordensleben.
P. Maureder: Ja, jetzt schon seit über 20 Jahren. Dabei war mir immer wichtig, mitzuhelfen, dass der Weg gefunden wird, zu dem Gott lockt. Es ist jener Weg, auf dem ein Mensch mehr lieben und Gott froher dienen kann.

Was sind Orientierungspunkte vor wichtigen Lebensentscheidungen?
P. Maureder: Wenn ich zu einer guten Entscheidung kommen will, muss ich einen Weg gehen, der auch mühsam sein kann. Es geht nicht in einem Sprung. Eine Lebensentscheidung fällt nicht als göttliche Eingebung vom Himmel. Gewöhnlich komme ich zu einer tragfähigen Entscheidung, wenn in mir der dreifache Klang der einen Stimme Gottes harmonisch zusammenklingt. Wenn meine Natur, meine Sehnsucht und das, was mich von außen ruft und herausfordert, stimmig werden. Wenn ich leben und tun kann, was ich will und soll.

Schließlich sind die drei „F“ exzellente Wegweiser vor Gott für einen gelingenden Weg: Wenn echte Freiheit, tiefe Freude und der Friede des Herzens wachsen. 

ÜBUNG

Drei Schritte

Erinnern Sie sich zuerst an Erfolge Ihres Lebens. Dann erzählen Sie diese auch Gott. Was würde er dazu sagen? Sind sie auch vor ihm von bleibendem Wert? Oder was an Ihren Erfolgsgeschichten könnte in den Augen Gottes wichtig sein?

Wenden Sie sich dann auch Erfahrungen des Scheiterns zu. Zählen Sie ebenso einige Misserfolge auf, die Ihnen einfallen. Dann erzählen Sie diese Gott. Was würde er wohl dazu sagen? Jedenfalls könnte Gott auf Ihr Bemühen und Ihre gute Absicht schauen; das hat Wert.

Als dritten Schritt machen Sie einmal einen besinnlichen Spaziergang mit dieser Aussage: „Es ist nicht auszudenken, was Gott aus den Bruchstücken unseres Lebens machen kann, wenn wir sie ihm ganz überlassen“ (Blaise Pascal).