Manchmal sind es die kleinen Dinge im Leben, die den Ausschlag geben, dass sich etwas ändert. Kleine Dinge wie Erdbeeren im Winter beispielsweise, die eine Vorarlbergerin dazu bewegen, vom einen auf den anderen Tag nach Rumänien zu fliegen und dort zu helfen.

An einem Montag Ende Februar geschah es: Renate Pöcheim, Musikpädagogin am Vorarlberger Landeskonservatorium, platzte in einem heimischen Supermarkt der Kragen. Die bei uns auch im Winter erhältlichen Erdbeeren, die im Kontrast zum Schicksal der armen Menschen in Rumänien stehen, gaben ihr Anlass, noch in derselben Woche ihre Koffer zu packen und zu Pater Georg Sporschill SJ nach Rumänien zu fliegen. Über dessen Arbeit und die Zustände in der Ortschaft Tichindeal hatte sie erst wenige Tage vorher in einer Zeitung gelesen und beschloss, selbst zu helfen.

So sieht Armut aus
Vier Tage verbrachte sie in der Stadt Sibiu und im siebenbürgischen Dorf Hosman, um sich gemeinsam mit Volontären ein Bild vom Leben der rumänischen Familien zu machen. Was sie sah, war erschreckend. In der Roma-Siedlung im rumänischen Tichindeal, zu Deutsch Ziegental, leben die Menschen „völlig verarmt, verwahrlost, verdreckt, ausgegrenzt und in bitterer Armut“, erzählt Pöcheim. Die Landschaft ist von kleinen Lehmhütten und „teils sonderbar anmutenden Verschlägen“ geprägt, die den bis zu zehn Bewohner/innen nur notdürftig Schutz vor Kälte und Wetter bieten. Der Weg dorthin führt über Straßen ohne Asphalt, die sich nach dem Winter in Schlammpisten verwandeln. Elektrizität oder fließendes Wasser suchte man hier bisher vergeblich. Sich selbst oder die Kleidung zu waschen, hatte bislang angesichts des täglichen Kampfes gegen die Kälte keine Priorität.

Hilfe zur Selbsthilfe
Mit Pater Sporschill, Ruth Zenkert, Gründerin des „Sozialvereins Elijah“, und zahlreichen Volontären ist nun etwas Sauberkeit und Ordnung in die Siedlung eingekehrt. „Ein Brunnen wurde gegraben, ein Waschhaus errichtet und mit einem Ofen aus Lehm und Ziegel ausgestattet“, berichtet Pöcheim von den Neuerungen in Ziegental. Zahlreiche Fotos, die sie anlässlich der Brunneneinweihung geschossen hat, zeigen, wie die Menschen sich über die Unterstützung und die „Sanitäranlagen“ freuen. Hilfe zur Selbsthilfe lautet die Devise - und so durften die Zigeuner, wie sie sich selbst stolz nennen, selber mitbauen und auch ein Sozialzentrum ist bereits in Planung.

Dennoch gibt es noch viel zu tun
„Viele der Kinder sind nicht registriert und dürfen daher auch keine Schule besuchen“, erklärt Pöcheim. Über Musikunterricht sollen sie nun Lust am Lernen und damit eine Ausbildung und Perspektive erhalten. Engagierte Menschen wie die Musikpädagogin könnte man in Ziegental gut brauchen. Bis dahin gilt es zwar noch viel zu klären. Aber wer weiß, vielleicht lesen wir bald wieder von ihr. 

 

Zur Sache

Alles ist gefragt

Als der Jesuitenpater Georg Sporschill und Ruth Zenkert vor rund einem Jahr nach Rumänien aufbrachen, um den Roma und Sinti zu helfen, konnten sie noch nicht erahnen, welche Dimensionen das annehmen würde. Im Ziegental in Siebenbürgen erwartete sie eine Romasiedlung  „der untersten Klasse“: ohne fließendes Wasser, Strom oder Perspektive. Aufgrund von Kälte und fehlender Sanitäranlagen konnten die 30 Familien mit 99 Kindern weder sich selbst, noch ihre Kleidung waschen. Trinkwasser wurde mittels schmutziger Wasserflaschen vom weit entfernten Dorfbrunnen geholt.

Handlungsbedarf
Als Sporschill den einzelnen Lehmhütten, in denen bis zu zehn Menschen wohnen, einen Besuch abstattet, zeigt sich ein Bild des Grauens: Müll, Ungeziefer, Elend und Verwahrlosung wohin das Auge reicht. Aufgrund der Arbeitslosigkeit von 100 Prozent ziehen die jungen Rumänen vom Land in die Stadt und hinterlassen eine Gesellschaft mit Kindern und Pensionisten. Sporschill und Zenkert erkennen den Handlungsbedarf und nehmen sich mit ihrem neu gegründeten Sozialverein „Elijah“ der Arbeit an. Namenspatron des Vereins ist der Prophet Elijah, der sich gegen Ungerechtigkeit einsetzte und in der Hungersnot half.

Anfang
Als nächstes ist ein Sozialzentrum geplant, in dem vor allem die Kinder musizieren und lernen können. Nichtsdestotrotz brauchen die Menschen weiterhin Unterstützung. „Im Ziegental sind wir erst am Anfang“, erklärt Zenkert. „Alles ist gefragt“. Sporschill und Zenkert sind immer auf der Suche nach Freiwilligen, die drei Monate ihres Lebens in den Dienst der guten Sache stellen möchten.

Kontakt:
Elijah. Pater Georg Sporschill SJ. Soziale Werke
g.spo@gmx.net