Beim Reden kommen einem alten Sprichwort zufolge die Leute zusammen. Und genau das möchten die Islambeauftragten der Diözese Feldkirch, Aglaia Mika und Ursula Rapp auch: dass Menschen verschiedener Religionen miteinander reden, Vorurteile abbauen und so „zusammenrücken“.

Rechts: Beispiel für einen gelungenen Dialogprozess: der muslimische Friedhof in Altach.

Es ist eine große Aufgabe, die die beiden Frauen von Elisabeth Dörler übernommen haben. Vor einem Jahr, am 18. Dezember 2013, starb die Theologin und Islambeauftragte der Diözese Feldkirch. Nun konnten mit Aglaia Maria Mika, MMA und Dr. theol. habil. Ursula Rapp zwei Nachfolgerinnen im Ausmaß von insgesamt 50 Stellenprozent gefunden werden.

Netzwerk
Aber wie sieht der Arbeitsalltag einer Islambeauftragten denn nun aus? Er ist gefüllt mit dem Kennenlernen von vielen Menschen, erklärt Mika. Seit zwei Monaten macht sie das, was man heutzutage „netzwerken“ nennt, also Kontakte knüpfen, telefonieren, E-Mails schreiben, Einladungen annehmen, Veranstaltungen besuchen, auf Leute zugehen und viel reden. Die Bandbreite an Menschen, die Mika kennenlernt, ist vielfältig und spannt sich von Vertretern verschiedener islamisch religiöser Gemeinschaften und Vereinen bis hin zu Politikern, Imamen und Religionslehrer/innen. Ebenso breit gefächert sind die Veranstaltungen, die Mika in ihrer neuer Rolle bislang besucht hat: Ein Begegnungsabend der Pfarre Hatlerdorf zwischen der katholischen und der bosnisch-muslimischen Gemeinde reiht sich da an den Tag der offenen Moschee, ein Friedensgebet und die Ausstellung zum Aga Khan Award für den Islamischen Friedhof in Altach

Kontakt, Kontakt
Die Liste der Menschen, mit denen die Islambeauftragten entweder bereits in Kontakt stehen oder noch Kontakt aufnehmen wollen, sei stetig am wachsen. Und werde wahrscheinlich auch ewig weiterwachsen, ergänzt Mika. Denn eines ist den Islambeauftragten besonders wichtig: Einladungen auszusprechen und sie auch anzunehmen. Die Begegnungen, die bislang stattgefunden haben, waren immer von Respekt geprägt, so Mika. Bei den meisten herrsche ein Bewusstsein, dass die Katholische Kirche eine Islambeauftrage haben und reagieren darauf positiv.

Zukunftsmusik

Den Dialog zwischen den Religionen fortzuführen und zu intensivieren, zu informieren und Vorurteile abzubauen, sind einige der Anliegen Mikas. Und dafür müssen Begegnungsräume geschaffen werden. So möchten die Islambeauftragten altbewährte Veranstaltungen von Elisabeth Dörler, in denen Christen und Muslime einander ihre heiligen Stätten wie Moscheen, Kirchen oder Friedhöfe erschließen können, wieder aufgreifen. Konkreter sieht es bei einem Projekt aus, das Menschen verschiedener Religionen mittels Musik, Kunst und Literatur verbindet. Die Erfahrung zeige, dass "Menschen, die kaum die gleiche Sprache sprechen und vielleicht recht lange bräuchten um sich zu verständigen, unglaublich toll miteinander musizieren können", so Mika. Und zunächst "fremde" religiöse Kunst oder geistliche Musik der verschiedenen Kulturen kann ebenfalls kennengelernt werden.

Ein weiteres Anliegen sind multireligiöse Friedensgebete oder auch die Wiederbelebung des christlich-muslimischen Lehrgangs im Bildungshaus Batschuns. „Elisabeth Dörler hat diese Stelle als Person geprägt“, erklärt Mika. Und genau das möchte sie weiterführen: „Mit persönlichem Engagement und möglichst authentisch“, denn dann sei es auch glaubwürdig, so Mika.

Wozu Islambeauftragte?
Bleibt noch die Frage, ob bzw. warum die Katholische Kirche überhaupt eine Islambeauftragte braucht. „Der Islam ist nicht nur ein brennendes Thema in den Medien“, erklärt Mika. Vielmehr gelte „seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, dass die Kirche mit anderen Weltreligionen in unserem Zeitalter den Dialog führen muss“. Oder wie es Mika formuliert: Das eigene nicht verlieren und dennoch mit anderen in Kontakt treten.

Die Weltreligionen
Die Aufmerksamkeit der beiden Islambeauftragten ist aber nicht ausschließlich auf den Islam gerichtet, denn: "Die Stelle ist auf die Weltreligionen ausgerichtet und nicht auf die Ökumene oder die Sekten und Weltanschauung".  Natürlich beschränkt sich dieser Kontakt nicht nur auf den Islam, aber „der braucht im Moment einfach viel Hinwendung“, weiß Mika. "Bisherige Begegnungen waren geprägt von Offenheit und Dankbarkeit, dass sich die katholische Kirche um den interreligiösen Dialog bemüht. Aber die "wunden Punkte" des Islam, die in den Medien derzeit so umstritten sind, stehen immer mit im Raum."

Dialog weiterführen
Dass Bedarf an Islambeauftragten besteht, zeigen auch Anfragen, die bei Mika in den letzten Wochen eingegangen sind. Der Angst vor dem "Unbekannten" kann mit Fragen begegnet werden, aber die müssen eben erst einmal gestellt werden. "Es ist einfach wichtig, die Fragen die einen beschäftigen zu stellen. Und es gibt keine schlechten Fragen, solange sie respektvoll sind", spricht Mika aus Erfahrung. Die Hemmschwelle ist  groß, aber sie kann überwunden werden. Beispielsweise indem Begegnungsräume in Schulen und Pfarren geschaffen werden, in denen über Gemeinsamheiten und Unterschiede gesprochen werden kann. Erfolgreiche Beispiele wie das interreligiöse Gebet in Frastanz oder das gemeinsame Gebet für Syrien auf der Dornbirner Messe gibt es bereits, nun muss der Dialog nur noch weitergeführt werden.

Genug zu tun
Zu tun gibt es für die Islambeauftragten auf jeden Fall genug. Bei Kindern und Jugendlichen soll das Bewusstsein für Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Religionen geschärft werden - beispielsweise mit einer gemeinsamen Anfangs- und Schlussfeier des Schuljahrs. Dieses Bewusstsein zu schärfen ist für Mika besonders wichtig, denn wenn man damit schon früh beginnt, müsse man sie als Erwachsene nicht mehr "neu anlernen". Dann gelingt der Dialog ganz von alleine. Fakt ist nämlich, dass insbesondere das Christentum, der Islam und das Judentum eine geschwisterliche Beziehung führen sollten - nichtzuletzt deshalb, weil sie "deklarierter Weise den gleichen Gott" haben. Genug zu tun also, und die Bibliothek mit Schwerpunkt Islam, die von Elisabeth Dörler im Haus der Frohbotinnen in Dornbirn aufgebaut wurde, sucht auch noch nach einer neuen Heimat.

Zur Sache

Seit Oktober 2014 teilen sich Aglaia Mika (40%) und Ursula Rapp (10%) die Stelle der Islambeauftragten der Diözese Feldkirch. Aglaia Mika studierte in England u.a. Vergleichende Religionswissenschaft, Philosophie und Musiktherapie. Ursula Rapp studierte in Wien und Jerusalem u.a. Katholische Theologie und Judaistik und hat den internationalen Lehrgang „Interreligiöses Lernen von Christinnen und Musliminnen“ absolviert. Derzeit arbeitet sie an ihrem Master „Interreligiöser Dialog“ und ist Leiterin des Instituts für Religionspädagogische Bildung in Feldkirch.