Für die einen ist sie eine Art medizinische Wunderwaffe - für die anderen ein Verbrechen an der Menschenwürde: Die „embryonale Stammzellenforschung“. „One of us“, also „Einer von uns“, nennt sich die EU-Bürgerinitiative, die auf der Suche nach einer Million Unterstützer „für das Leben“ ist.

Für „Nicht-Mediziner“ ist die Stammzellenforschung vor allem eines: kompliziert, undurchsichtig und gespickt mit vielen Fremdworten. Dennoch gibt es kaum ein Thema, das so viele Diskussionen hervorruft. Meist stehen sich dabei zwei Fronten gegenüber: Jene Partei, die in der Forschung Fortschritte bei der Behandlung von Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer sieht und jene Partei, die sie für „ethisch nicht vertretbar“ halten.

Stammzelle ist aber nicht Stammzelle
So sehen Ethiker das Problem nicht in der Verwendung von „adulten“ Stammzellen, die z.B. aus Fruchtwasser, Knochenmark oder Nabelschnur gewonnen werden können, sondern in „embryonalen“ Stammzellen. Für diese müssen, vereinfacht gesagt, jedoch Embryonen getötet werden. Für die Würde des menschlichen Embryos sowie dessen Unversehrtheit tritt die EU-Bürgerinitiative „One of us“ ein. Das konkrete „Wunschziel“ ist laut ihrer Website ein „Verbot lebensvernichtender Politik im EU Finanzplan und ein gesteigertes Bewusstsein der verantwortlichen EU Politiker, dass so viele europäische Bürger dieses Anliegen teilen“.

Unterschriften über Unterschriften
Eine Million Unterschriften sind notwendig, damit sich die Europäische Kommission mit dem Thema beschäftigt - 14.500 davon aus Österreich um offiziell als Unterstützerland zu gelten. Im Alpenland wird die Initiative von einem Zusammenschluss von über 40 überkonfessionellen und unparteilichen Organisationen, die in der „Lebenskonferenz“ zusammengeschlossen sind, organisiert.

Jetzt oder nie?
Der Zeitpunkt der Petition ist nicht zuletzt deshalb gut gewählt, weil die entscheidenden Verhandlungen über EU-Forschungssubventionen im Wert von 80 Milliarden Euro für die kommenden Jahre unmittelbar bevorstehen. Bliebe die Chance jedoch ungenützt, werde es in Zukunft laut Einschätzung von Expert/innen wohl eher schwieriger werden, sich auf EU-Ebene für Anliegen des ungeborenen Lebens einzusetzen.

Signale
Dr. Michael Willam vom Ethikcenter der Diözese Feldkirch sieht in der Initiative ein „wichtiges und konsequent durchdachtes Signal“, das hoffentlich auch eine „prinzipielle Aufwertung des moralischen Status des Embryos“ nach sich ziehen wird. Und für den Schwangerschaftskonflikt sowie die Abtreibungsproblematik neuen Diskussionsbedarf und Argumente mit sich bringen könnte.

Zur Sache

Wo fängt die Menschenwürde an?

Meilenstein
Der 18. Oktober 2011 markiert in Hinblick auf den rechtlichen Schutz des menschlichen Embryos einen Meilenstein in der Geschichte, denn an diesem Tag entschied der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache des Stammzellforschers Oliver Brüstle vs. Greenpeace, „dass jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an als ‚menschlicher Embryo‘ […] anzusehen ist, da die Befruchtung geeignet ist, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“. Und dass die „Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken“ nicht patentierbar sei.

„One of us“
Dieses Urteil bildet sozusagen das Fundament der  EU-Bürgerinitiative „One of us“, die die Meinung vertritt, dass jegliche Finanzierung von Aktivitäten eingestellt werden muss, die mit der Zerstörung menschlicher Embryonen einhergehen. Oder kurz: „Die Würde des Embryos muss geschützt und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit bewahrt werden.“

Eine Million Stimmen
Eine Million Unterstützer sind Voraussetzung dafür, dass sich die Europäische Kommission mit den Anliegen von „One of us“ auseinandersetzt. Diese müssen aus mindestens einem Viertel - also derzeit sieben - der EU-Mitgliedstaaten stammen. Pro Land muss eine Mindestzahl an Unterstützungserklärungen erreicht werden, die sich an der Einwohnerzahl orientiert - für Österreich wären das 14.500 Stimmen.


„One of us“ kann unterstützt werden von ...
- allen wahlberechtigten EU-Bürger/innen ab 18 Jahren
- mit Angabe der Nummer des Reisepasses oder des Personalausweises
- bis Mai 2013
- online unter: www.oneofus.eu
- oder schriftlich mittels Formular