Der Aufforderung von Papst Franziskus, die bevorstehende Bischofssynode durch Gebet und Eingaben mitzutragen, ist die Theologische Fakultät Innsbruck mit einer offiziellen Stellungnahme nachgekommen. Damit will sie den „tiefgreifenden Reformprozess, der mit dem Amtsantritt von Franziskus als Bischof von Rom begonnen hat, theologisch begleiten und unterstützen“.

Patricia Begle

Vier Leitoptionen umfasst die Stellungnahme, sie werden im Folgenden kurz umschrieben. Für ein fundierteres Verständnis - auch im Hinblick auf die theologischen Begründungen - ist die Lektüre des gesamten Textes unumgänglich (siehe rechte Spalte).

1. „Die Leiche im Keller“. Offen gesprochen: Sexualität steht noch immer unter dem Verdikt der Sünde.
Das immer präsente Thema „Sexualität“ müsse aufgearbeitet werden, ein „differenziertes lehramtliches Bekenntnis zu Bedeutung und Würde der gelebten Sexualität ist unbedingt notwendig“. Erst nach einer solchen Klärung, so die Verfasser der Stellungnahme, können Themen wie „Keuschheit“ oder „Zölibat“ wieder glaubhaft in die Diskussion eingebracht werden.

2. Die Gabe des Sakraments: ein „geschenktes Wir“ als Zeichen der Gegenwart des Reiches Gottes und als Kriterium der Gradualität.
Wertschätzung, Solidarität und Versöhnung innerhalb einer Gemeinschaft seien Zeugnis für das Reich Gottes, Zeugnis für ein „geschenktes Wir“. Dieses finde sich in unterschiedlichsten Lebensformen, es sei nicht auf die christliche Ehe beschränkt. Unter dieser Hinsicht erweist sich für die Innsbrucker Theologen der Gedanke der „sakramentalen Gradualität“ als sinnvoll. Dieser basiert auf dem steten Wachsen von Einzelnen und Gemeinschaften. Wer dieses im Blick habe, sehe zuerst „das Gute und Wahre“, das in Gemeinschaften, auch nichtehelichen, besteht und werde „befreit von theologischen Idealisierungen, die sich von der konkret gelebten Realität immer mehr loslösen und schmerzhafte Verengungen des kirchlich-seelsorgerlichen Blicks bereits im Ansatz bedingen“.

3. Mut zu einer ungewohnten „Erfahrung der Gnade Christi“ in der Wiederzulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten.
Wird „Versagen als integraler Bestandteil eines dramatischen Prozesses der Wahrheitsfindung“ begriffen und die Verantwortung von Ehepartnern in und nach der Trennung als wichtig erachtet, dann ist der Weg der Eheannullierung für die Autoren der Stellungnahme ein kontraproduktiver. Ebenso kontraproduktiv und nicht dem Geiste Jesu entsprechend erscheint ihnen der Weg des Ausschlusses von den Sakramenten: „Wie will die Kirche Menschen auf ihrem Weg der Versöhnung auf prekären und gebrochenen Lebenswegen begleiten, wenn sie deren Bitte um das Brot des Lebens prinzipiell zurückweist?“

4. Pastorale Fragen haben lehrmäßige Bedeutung.
Pastoral sei mehr als ein „Ort der Anwendung von lehramtlichen Prinzipien“, so die Innsbrucker Theologen, sie sei vielmehr ein „Ort der Entdeckung des Evangeliums in der eigenen Gegenwart“. Aus diesem Satz folge ein „notwendiger Realismus“, der helfe, „evangeliumsferne Entscheidungen“ zu vermeiden.

Wunsch

„Einen Sprung vorwärts, der einem vertieften Glaubensverständnis und der Gewissensbildung zugutekommt“, dieses Bild fand Papst Johannes XXIII. in seiner Eröffnungsrede für die Aufgaben des II. Vatikanischen Konzils. Diesen „Sprung vorwärts“ wünschen sich die Verfasser der Stellungnahme auch für heute.

Im Wortlaut

Entstanden ist die Stellungnahme im Theologischen Forschungszentrum „Religion - Gewalt - Kommunikation - Weltordnung“ der Universität Innsbruck. Derzeit bringen sich dort 21 Theolog/innen mit ihren Forschungsarbeiten ein. Sie alle stehen hinter der Stellungnahme. Entworfen wurde sie von Józef Niewiadomski, bei der Überarbeitung brachten sich neben Roman Siebenrock vor allem Christian Bauer, Wilhelm Guggenberger, Nikolaus Wandinger und Willibald Sandler ein.

Das Dokument im Wortlaut findet sich im Innsbrucker Theologische Leseraum (Siehe "Verwandte Inhalte" in der rechten Spalte.)

(aus dem KirchenBlatt Nr. 21 vom 21. Mai 2015)