Cornelia Müller informiert in einem Vortrag im Rahmen der Fortbildungsreihe „youkey - Schlüsselkompetenzen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“ über Suchtpotentiale der neuen Medien. Im KirchenBlatt-Interview gibt sie Einblicke in die neuesten Trends.

Bild: Mag. (FH) Cornelia Müller, SUPRO, Werkstatt für Suchtprophylaxe der Stiftung Maria Ebene in Götzis, berät Schulen und Jugendliche im Bereich neue Medien. Sie hat Intermedia an der Fachhochschule studiert, und sagt, sie lerne selbst vieles von den Kindern und Jugendlichen.

Wolfgang Ölz

Computer- bzw. Handyspiele haben ein Suchtpotential. Die Suchtgefahr verstärkend sind sogenannte „social games“, wie z.B. „World of Warcraft“, bei denen der Benutzer immer wieder einsteigen muss, um dabei zu sein. „World of Warcraft“ ist eine riesige, digitale Spielewelt, wobei es Verbindlichkeiten gibt, z.B. Treffen mit anderen Spielern aus der eigenen Gruppe.
Cornelia Müller hat in ihrer Beratungsstelle Kinder und Jugendliche gehabt, die am Tag 13 Stunden „World of Warcraft“ „gezockt“ haben. Ein Mädchen hat in 1,5 Jahren  sage und schreibe 160.000 WhatsApp-Meldungen geschrieben. Beim übertriebenen Nutzen von Handys sprechen die Fachleute nicht von Sucht, sondern von einer „Impulskontrollstörung“, d.h. jemand kann den Impuls aufs Display zu schauen nicht mehr kontrollieren.  


Ein schönes Gesicht
Oft läuft vieles parallel: Man spielt ein Computerspiel, währenddessen wird eine WhatsApp-Nachricht geschrieben, dann wechselt man auf Facebook oder hört ein bisschen Musik. Dabei geht es darum, dass das Kind auch noch andere Interessen hat. Ein sehr beliebter Internetkanal ist „YouTube“. Dort können endlos Videos gesehen werden, ohne sich an ein (TV-)Programm halten zu müssen. Mädchen holen sich auf YouTube etwa Schönheitstipps und Jungs schauen, wie andere Computerspiele vorführen (sogenannte „Let´s play“-Videos).
Cornelia Müller sieht die Beautykanäle sehr kritisch, weil da versteckt Werbung für Kosmetikartikel gemacht wird. „Diese Videos sind auch sehr oberflächlich, weil es nur darum geht perfekt auszusehen. In Österreich gibt es eine Teenagerin, die 100.000 Follower auf Instagram (eine Kommunikationsplattform wie Facebook) hat, und von Produktpräsentationen gut leben kann.“ Da ist aber viel Schein statt Sein dabei, und deswegen hält Cornelia Müller eine fundierte Medienkritik für sehr wichtig.

Zombies in der Schule
Ein Problem, auch in Vorarlberg, ist das sogenannte „Vampire 2.0“. Der von der New York Times geprägte Begriff bedeutet, dass Kinder in der Nacht statt zu schlafen posten, chatten und teilen, und dann völlig unausgeruht, wie „kleine Zombies“, in die Schule gehen. Generell empfohlen werden handyfreie Zeiten, z.B. am Mittagstisch, die dann aber auch für die Erwachsenen gelten. „Denn die Erwachsenen“, so Müller, sind „oft keinen Deut besser als die Kids“. Ein Ausflug ohne Handy beispielsweise tut der Familie immer gut.

Hemmschwelle reduziert
Ein massives Thema im Land ist auch das Cybermobbing. Cornelia Müller ist seit sechs Jahren an Vorarlbergs Schulen unterwegs. Sie kennt keine Schule, an der es nicht mindestens einen Fall gegeben hat. Das reicht von Ausschlüssen aus einer WhatsApp-Gruppe, rassistischen Kommentaren bis dahin, dass Nacktbilder und Sexvideos von 14-jährigen Mädchen durch eine ganze Schule gepostet wurden. Da fehlt es nach Frau Müller an der dringend nötigen Empathie. Man muss den Kids klarmachen: „Was du da machst, das tut dem anderen weh.“

Der letzte Schrei: Snapchat
Seit längerem wird Facebook durch Instagram ersetzt. Instagram ist noch bildlastiger. Der letzte Schrei für die Jungen ist aber Snapchat. Hier wird nicht ein „Hochglanzbild“ gepostet, wie bei Instagram, sondern es können rasch spontane Schnappschüsse geteilt werden, die sich nach einer gewünschten Zeit von selbst löschen. «

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TERMIN

Do 6. Oktober, 18.30 - 21 Uhr,
Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast

WhatsApp, Instagram, Facebook. Chancen und Gefahren neuer Medien.
Vortrag und Gespräch mit Cornelia Müller (SUPRO).
Anmeldung:
Brigitte Dorner, T 05522 3485-7132

(aus dem KirchenBlatt Nr. 39 vom 29. November 2016)