ORF-Korrespondent Karim El-Gawhary spricht auf Einladung des Bildungswerkes Bregenz über den arabischen Frühling 2011

Karim El-Gawhary (Bild rechts) ist seit mehr als 20 Jahren im Nahen und Mittleren Osten unterwegs. Er lebt in Kairo und leitet dort seit 2004 das Büro des ORF.

In diesen Tagen jährt sich der Beginn der arabischen Revolution. Ausgehend von Tunesien hat sie die arabische Welt im Innersten erschüttert. Anlass für das Bildungswerk Bregenz, den ORF-Korrespondenten Karim El-Gawhary zu einem Gespräch über die bewegenden Ereignisse von damals einzuladen und einen Blick „in die Zukunft der arabischen Kristallkugel“ zu werfen.

Walter Buder

Das Jahr 2011 hat die arabische Welt im Innersten erschüttert. In Tunesien, wohin man bis dahin flog, um preisgünstig Sonne zu tanken, schlug die Geburtsstunde der arabischen Revolution. Einem Lauffeuer gleich, verbreitete  sich der Volksaufstand. Überall - in Lybien, Ägypten, Jemen, Syrien, bis nach Saudi-Arabien hinein - zündete der aufständische Funke die Fackel der Revolution, die ihr helles Licht auf erschreckende Gewalt und Unterdrückung, Diskriminierung und Verfolgung, auf Korruption, Machtgier und menschenunwürdige Zustände warf.

Der Beginn
Als Al Jazeera am 14. Januar 2011 den Abgang Ben Alis in Tunesien meldete, twitterte El-Gawhary: „Die Tunesier können mit Recht stolz auf sich sein. Sie haben das gemacht, wovon der Rest der arabischen Welt träumt“.

Vom Traum zur Wirklichkeit
Bald träumten sie nicht mehr, sie handelten. Manche Potentaten lernten an den „Tagen des Zorns“ das Zittern. Ihre Angst war abzulesen an der Gewalt, die ihre Militärs und Schlägertrupps an den Tag legten. Der Tahir-Platz in Kairo wird zum Symbol des Freiheitswillens der arabischen Völker und ihrer Bereitschaft, für eine andere arabische Welt zu kämpfen, der Gewalt der korrupten Regime nicht zu weichen.

Die Lage der Christen
Die Christen in diesen Ländern, besonders in Ägypten und Syrien, haben schwere Zeiten. In der Neujahrsnacht auf 2011 massakrierten islamische Fanatiker in Alexandria Christen während eines Gottesdienstes. Sie haben Angst vor radikal-islamistischen Kräften, deren Werk sie in ihrem Leiden erkennen. Die christlichen Bischöfe in Syrien stehen - aus eben solcher Angst wohl - ziemlich klar auf Seiten des alawitischen Assad-Regimes. Die Wahlen in Tunesien lassen Hoffnung keimen: Obwohl die Islamisten gewinnen, wird Menschenrechtler Moncef Marcouki Präsident. In Ägypten hingegen stimmt jeder Zweite für die Muslimbrüder und jeder Vierte für die eher radikalen Salafisten. Aktualität steht immer im Zwielicht der Zeitgeschichte. Dennoch: Da ist der ungeheure Veränderungswille der Menschen. Sie wollen demokratische Verhältnisse und das Ende der alles bestimmenden Korruption. Tunesien spielt eine wichtige Rolle für die Bewegung, wie auch die Medien und die sozialen Netzwerke.

Der Blick aus Europa
Hat sich durch die Ereignisse unser Blick auf die arabisch-muslimischen Gesellschaften verändert und wie bedeutsam ist die wirtschaftliche Komponente in der weiteren Entwicklung? Klar ist: Niemand sollte ein Interesse daran haben, die aufkeimenden Ansätze einer freien Gesellschaft zu ersticken. Im Gegenteil: Es gibt Chancen, Wege, die sich die arabischen Völker geschaffen haben - auch wenn die Wege der Verwirklichung lang und mühsam sind. Es ist, wie Karim El-Gawhary sagt: „Eine arabische revolutionäre Baustelle.“

Termin

"Die arabische Revolution"
Dienstag, 10. Jänner 2012, 20 Uhr

Pfarrkirche Mariahilf, Bregenz
>> Informationen und Karten

Mitveranstalter: Theater Kosmos,  Evangelische Pfarren A.u.H.B. Bregenz, EthikCenter, ACUS-Arbeitskreis Christentum und Sozialdemokratie, Südwind, Pax Christi, Renner-Institut und Grüne Bildungswerkstatt

Buchtipp

Karim El-Gawhary, Tagebuch der arabischen Revolution
Wien (Kremayr & Scheriau) 2011,
ISBN 978-3-218-00829-7, € 22,--