Selten war der Pfarrsaal von HohenemsSt. Konrad so prall gefüllt mit quirligem, jungen Leben wie an diesem Samstagnachmittag, an dem Beatrix Radl, Claudia und Martin Ecker über ihre Reise nach Äthiopien abseits der Armut berichteten. Das KirchenBlatt sprach mit dem Krankenhausseelsorger Gerhard Häfele, wie die Adoption sein Leben und das Leben seiner Frau Heike verändert hat.

Wolfgang Ölz  

Wenn sich Eltern für ein Kind aus Afrika entscheiden, dann birgt das eine familiäre Dynamik in sich, die bis zu den Großeltern reicht und ein einsames Haus mit Fröhlichkeit füllen kann. Für Gerhard Häfele war die Adoption „spannend wie eine Geburt“. Da sie kein Kind bekommen konnten, stellten sich Gerhard und Heike Häfele die Frage, ob sie als Ehepaar so weiter leben wollten oder ob sie es als Christen als ihre Berufung sehen, eine Familie zu werden: „Da haben wir einige Jahre nachspüren müssen, was unser Weg ist“. Eine Auslandsadoption ergab sich aus biographischen Gründen, da Gerhard in Indien bei den Schwestern der Mutter Theresa war und Heike auch sehr gern einmal nach Afrika wollte.

Homestudies
Beim Verein „Brücke nach Äthiopien“ durchläuft so ein Adoptionsansuchen mehrere Stationen. Die intensive Begleitung beginnt mit einem Bewerbungsgespräch, einem Finanzcheck, ob die materielle Absicherung gegeben ist, und mit Hausbesuchen, den sogenannten „Homestudies“. Eine zentrale Frage ist dabei, ob eine Familie im Falle der Adoption eines afrikanischen Kindes damit leben kann, dass sie immer auffallen und so nie eine ganz „normale“ Familie werden wird.

Spannend wie eine Geburt
Die spannendste Zeit war für die Häfeles die unmittelbare Zeit der Adoption. Da kam ein Anruf, morgen sei die Gerichtsverhandlung, und damit die Frage: Seid ihr nach wie vor bereit zu adoptieren? In dieser Nacht hätten sie noch einmal überlegen können, und es sei ihnen „ganz tief gegangen“, weil sie gemerkt hätten, die Entscheidung, die sie da treffen, würde sie bis zum Lebensende beeinflussen, erzählt Gerhard Häfele. Am Abend wurden sie dann gebeten, sich vor den Computer zu setzen, und das erste Bild, der Name und alle Daten kamen via E-Mail. Für Gerhard und Heike Häfele war das sehr emotional und „ganz genau so spannend wie eine Geburt“. Ein Kind, so die Grundhaltung in Äthiopien, sucht man nicht aus, sondern empfängt man als Geschenk. Der größte emotionale Moment in Äthiopien war, als sie in das Mutter-Theresa-Heim gingen, um das Kind in Empfang zu nehmen. Gerhard Häfele: „Da kommt eine Schwester mit dem Kind in der Hand in den Warteraum, und erkundigt sich, ob wir die und die sind, und sagt: ‘Das wäre die Hanna und die würde jetzt euch gehören.’ Das ist Weihnachten pur.“ Für Gerhard Häfele gab es einen Moment, der ihm ganz klar machte, dass das sein Kind sei: „Es war nach der turbulenten ersten Nacht, als wir am Morgen zu dritt erschöpft im Bett lagen: Die Hanna schaut mich an, und ich schaue sie an, und in diesem Moment war in mir: Und du bist meine Tochter.“

Schnelle Einbürgerung
Abseits von medialen Klischees hierzulande wollen die Häfeles ihrem Kind vermitteln, dass sie aus einem tollen Land stammt, auf das sie stolz sein kann. Sensibel für den rassistischen Bodensatz in der europäischen Gesellschaft wurden sie ohnehin. Spiele wie „Zehn kleine Negerlein“ kommen da in ein ganz anderes (Zwie)Licht. Eine Lanze bricht Gerhard Häfele für sämtliche Ämter. Von Gemeindeamt bis Landesregierung sei es berührend gewesen, wie schnell und unbürokratisch die Einbürgerung erfolgt sei.

Warum haben Sie ein Kind aus Äthiopien adoptiert?

Bale AngelikaAngelika Bale
Altach

Wir sind schon immer ganz große Afrikafans gewesen, schon unsere Hochzeitsreise haben wir auf dem Schwarzen Kontinent verbracht. Als wir uns entschieden haben, ein Kind zu adoptieren, war daher für uns von Anfang an klar, das wir gern ein afrikanisches Kind hätten, und nachdem
„Brücke nach Äthiopien“ uns als seriöser Verein bekannt war, haben wir uns hier beworben.

Radl BeatrixBeatrix Radl
Götzis

Einem Kind aus der Not helfen. Weil wir selbst keine Kinder bekommen konnten, haben wir ein Kind aus Äthiopien adoptiert. Wir wollten einem Kind aus der Not helfen. Kinder, die hier im Land Waisen sind, haben eine Schulausbildung und ein Dach über dem Kopf, während Kinder aus armen Ländern meistens gar nichts haben. Darum haben wir uns für ein äthiopisches Kind entschieden. 

Buchner PeterPeter Buchner
Hohenems

Wir wollten eine Familie gründen. Wir sind selber leider kinderlos. Meine Frau und ich wollten aber unbedingt Kinder. Wir kennen den Verein „Brücke nach Äthiopien“ schon sehr lange, und daher war dieser Weg für uns von Anfang an ganz klar. Wir wollten eine richtige Familie gründen. Eine Inlandsadoption war nie ein Thema, der Weg einer Auslandsadoption mit der „Brücke“ war für uns die richtige Entscheidung.

Holzer ChristianChristian Holzer
Lustenau

Projekte als Entscheidungshilfe. Wir sind über einen Kollegen auf den Verein aufmerksam geworden. Meiner Frau und mir hat es sehr gut gefallen, dass der Verein ehrenamtlich arbeitet und auch Hilfsprojekte in Äthiopien unterstützt. Und so haben wir uns zu einer  Adoption entschlossen. Spannend war es, als wir im Februar 2008 nach Addis Abeba geflogen sind und den klei-nen Bedelum adoptieren durften.  


„Brücke nach Äthiopien“

  • Der Verein „Brücke nach Äthiopien“ wurde 2001 gegründet und hat österreichweit rund 380 Kinder - davon allein in Vorarlberg 71 - auf dem Weg nach Europa begleitet.
  • Die Adoptionen wurden 2008 gestoppt. Nach Schätzungen des Vereins würden sich im Land sofort ca. 90 Paare um eine Adoption bewerben.
  • Der Verein versucht zu erreichen, dass für die Dokumentensicherheit eine unabhängige Kontrolle in Äthiopien eingerichtet wird.
  • Die adoptierten Kinder stammen alle aus den Waisenhäusern der „Schwestern der Mutter Theresa von Kalkutta“ (MOC). Der Verein „Brücke nach Äthiopien“ unterstützt nicht nur die Heime der MOC. Gesammelt wird auch für die große Hungerkatastrophe am Horn von Afrika, es gibt 200 Familienpatenschaften und Wasserprojekte.