„Was tun wir uns da an?“, sagte ich zu meinem Mann, als am Samstag, 11. Juli 2015 um 2.30 Uhr der Wecker läutete. Schnell ins Bad , die letzten Sachen packen und zum Bahnhof Bludenz, wo der Bus der Firma Nachbaur uns um 4 Uhr abholte. Ein Bericht über die KirchenBlatt-Reise nach Polen mit Pater Adrian von Luzia Tschofen.

Bis zum Frühstück in Lonetal war nicht viel zu hören, vielen dösten vor sich hin. Dort übernahm dann unser Fahrer Thomas das Steuer und fuhr zügig, aber sehr umsichtig und sicher Richtung Dresden. Pater Adrian, unserer Reiseführer begrüßte alle Reisenden und stellte sich vor. Ein Gebet, ein Rosenkranzgesätzchen oder ein Marienlied gehörte zu jeder Fahrt selbstverständlich dazu. Nach 930 km Fahrt kamen wir gegen 18 Uhr in einem sehr modernen Hotel in Breslau an, checkten ein, bekamen ein ausgezeichnetes Abendessen  und spazierten dann in die Altstadt, um uns einen ersten Eindruck zu verschaffen.

Venedig des Nordens
Am Sonntag erkundeten wir die Stadt Breslau mit Frau Boschena, die in bestem Deutsch uns die Sehenswürdigkeiten erklärte. Breslau, die Stadt an der Oder mit ihren vier Nebenflüssen wird als Venedig des Nordens bezeichnet und verfügt über mehr als 100 Brücken. Der sorgfältig restaurierte Marktplatz mit dem spätgotischen Rathaus in der Mitte zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Ebenso prächtig erscheint die Dominsel mit dem gotischen Dom und anderen Kirchen. Dort gibt es noch 300 Gaslaternen, die von Hand angezündet werden. Bemerkenswert ist, dass die Stadt im Februar 1945 zu 70% zerstört wurde, ebenso der Dom, der als Munitionslager diente. Heute ist Breslau die viertgrößte Stadt Polens mit einem Park von einem Quadratkilometer, einem Botanischen Garten und einem Studentenviertel, wo jährlich 100.000 junge Leute studieren. Im Jahr 2016 wird Breslau Kulturhauptstadt. Erwähnenswert ist auch das Denkmal „Wir vergeben und bitten um Vergebung“, das auf Initiative von Kardinal Bolesław Kominek im Jahre 1965 als erster Schritt der Versöhnung zwischen Deutschland und Polen aufgestellt wurde. Auch das Geburtshaus von Dietrich Bonhoeffer und Edith Stein sind in Breslau. In der  Kirche „St. Dorothea, Wenzel und Stanislaus“ durften wir mit Pater Adrian um 17 Uhr einen Gottesdienst feiern, musikalisch wunderbar mitgestaltet von  Edith und Kurt Posch. 

Der größte Wallfahrtsort Polens
Am Montag, führte uns die Fahrt nach Tschenstochau, zum größten Wallfahrtsort Polens. Wladislaus II. von Oppeln hatte dort vor 600 Jahren das Kloster Jasna Góra gegründet. Die Pauliner, die aus Ungarn gekommen waren, sollen der Legende nach das Bild von der schwarzen Madonna mitgebracht haben. Die Ikone wurde bei einer Plünderung in den Hussitenkriegen schwer beschädigt und später auf dem Marktplatz in Krakau restauriert. Seitdem trägt sie Striche auf der Wange. Die Mutter Gottes trägt ein sehr schmuckvolles Gewand aus Edelsteinen und Gold, das jedes Jahr in der Karwoche gewechselt wird. Der Ort erlangte für Polen eine wichtige Bedeutung, hatte doch die Mutter Gottes in vielen wichtigen Situationen die Menschen gestärkt, z.B. als 4000 Schweden das Gebiet belagerten und von nur 300 Einheimischen zurückgedrängt werden konnten. Beeindruckend ist die tiefe Frömmigkeit der Menschen, die oft mit der ganzen Familie zum Gnadenbild kommen und auf den Knien rutschend den Weg zu ihr zurücklegen. Dort durften wir in der Pauluskapelle mit Pater Adrian einen Gottesdienst feiern, mit dem Wunsch „Wende, o Mutter und Königin du, deine barmherzigen Augen uns zu“, das war sehr ergreifend, am größten Wallfahrtsort Polens.

Krakau
Am Dienstag begleitete uns Frau Barbara Dudek, eine sehr weise Stadtführerin, durch Krakau. Immer wieder überraschte sie auch durch ihre besonderen Sprachkenntnisse. Krakau zählt heute 760.000 Einwohner und schleust jährlich 9 Millionen Touristen durch. Der Bürgermeister Joseph Dietl hatte die Stadt im 19. Jahrhundert von einer Kleinstadt zu einer Großstadt gemacht. Auch diese Stadt beeindruckt durch den riesigen Marktplatz mit der Tuchhalle in der Mitte. Der Einfluss der Habsburger ist an vielen Gebäuden ersichtlich. Die Gebäude in Krakau blieben von den Zerstörungen im Krieg verschont. Unvorstellbar ist aber, dass von den 68.000 Juden nur 3000 den Krieg überlebten. Im jüdischen Stadtviertel Kazimierz durften wir auch eine Synagoge besuchen, wo die Männer aus Ehrfurcht vor Gott eine Kippa tragen mussten. In Kazimierz steht auch das Geburtshaus von Helene Rubinstein, der „Erfinderin“ des Lippenstifts. Die Gasse, wo Teile des Films „Schindlers Liste“ gedreht wurden, erscheint heute in einer Idylle mit Blumen und kleinen Lokalen. Oskar Schindler lebte die ganze Kriegszeit in Krakau und rettete 1000 Juden das Leben. Frau Dudek erzählte uns von besonders tragischen Ereignissen, wo Menschen versteckt wurden, um dem Tod zu entrinnen. In den verschiedenen Museen trafen wir große Persönlichkeiten, z.B. Kopernikus, Rheticus, Papst Johannes Paul II, Oskar Schindler,.. Das Abendessen am Dienstag sollte etwas ganz Besonderes sein. Wir fuhren ins Judenviertel und kehrten bei „Ariel“ ein. Dort wurden wir mit einem großartigen Menü verwöhnt und zu unserer Überraschung spielte die weltbekannte Klezmergruppe  „Di Galitzianer Klezmorim“ für uns auf.

Wawelhügel und Franziskanerkirche
Am Mittwoch war die erste Attraktion der Wawelhügel  mit der wunderbaren Kathedrale. Sie ist  die wichtigste Kirche in Polen und die Bischofskirche von Karol Wojtyla, dem späteren Papst Johannes Paul II. Auf dem Weg dorthin mussten wir natürlich noch „Obwarzanek“ kosten, das sind Ringe aus Hefeteig mit Mohn, Sesam oder Salz bestreut, ein feines Gebäck, das an jeder Ecke zu bekommen ist. Besonders sehenswert sind in der Kathedrale die wertvollen Gobelinbilder und der Reliquienschrein von Stanislaus, dem ersten Heiligen und Schutzpatron Polens.  Ein Besuch in der Franziskanerkirche durfte natürlich nicht fehlen, waren wir doch mit dem Franziskanerpater Adrian unterwegs. Wir erfuhren, dass Pater Maximilian Kolbe 4 Jahre bei den Franziskanern gelebt hatte. Nach der Zerstörung durch einen Brand wurde die Kirche in der Secession  wieder aufgebaut, eine blumige Kirche mit warmen, intensiven Farben. Ein modernes Fenster, das Gott Vater und die Entstehung der Welt darstellt, wurde 1904 in Innsbruck hergestellt.

Die Geschichte vom Papstfenster
Eine spannende Geschichte erzählte uns Frau Dudek noch beim Bischofspalast. 1979, als Papst Johannes Paul II Polen besuchte, sollen unzählige Studenten vor dem Bischofspalast gewartet haben, um ihn zu sehen. Als er ankam, betrat er das Haus und machte keine Anstalten mit ihnen zu sprechen. Nach langem Rufen öffnete er ein Fenster und stand aufs Fensterbrett. Nach seiner Rede bat er sie schlafen zu gehen, er brauche jetzt auch den Schlaf. Dieses Fenster ging als Papstfenster in die Geschichte ein.

Sehenswert ist auch die Marienkirche mit dem geschnitzten Hochaltar. Er stellt das Sterben Mariens im Kreis aller Jünger, die Aufnahme in den Himmel und die Krönung dar.  Nach  diesem interessanten Besichtigungsprogramm genossen wir in verschieden Restaurants am Marktplatz die besonders gute polnische Küche (Pierogi, Zurek, Kartoffelklöße,…) und am Nachmittag Kaffee mit köstlichen Kuchen und Torten. P. Adrian beriet uns immer bestens, sodass wie die Nationalspeisen auswählen konnten. Dann brachen die Frauen zum „Lädala“ auf, schöner Schmuck aus Bernstein wurde in  unzähligen Geschäften und in der Tuchhalle angeboten. Was die Männer machten, weiß ich nicht so genau, vielleicht genossen sie noch ein zweites oder drittes  „Piwo“(Bier).   

Łagiewniki
Am Donnerstag fuhren wir nach Łagiewniki zum Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes. Das ist ein noch  junges Heiligtum mit dem Gnadenbild es barmherzigen Jesus von Adolf Hyla. Schwester Faustyna arbeitete als Gärtnerin, in der Küche und an der Pforte bei den Schwestern der Barmherzigkeit. Ihre Vision, am 22.2.1939, vom barmherzigen Christus erzählte sie ihrem Beichtvater, so entstand bald  das Bild vom barmherzigen Jesus mit den Strahlen aus seinem Herzen. Der Papst aus Krakau förderte dieses geistliche Vermächtnis und am 30. April 2000 wurde Sr. Faustyna heiliggesprochen. Die Verehrung vom barmherzigen Jesus zieht heute 2 Millionen Pilger im Jahr an. Aus diesem Grund wurde auch daneben eine neue große Kirche gebaut. Das Jahr 2016 wird Papst Franziskus als Jahr der Barmherzigkeit ausrufen.

Weltkulturerbe
Auf der Weiterfahrt erfuhren wir immer wieder interessante Dinge, z.B. dass die polnische Kirche von freiwilligen Spenden lebt, es gibt keine Kirchensteuer. Die Priester halten guten Kontakt zu den Menschen, Leute bezahlen Messen und tragen zum Pfarrleben bei. Der Priester verkündet z.B. am Sonntag, dass in dieser Woche die Leute von Hausnummer 5 – 10 die Kirche putzen sollen. In Kalwaria Zebrzydowska, einem lebendigen Wallfahrtsort, den die Franziskaner betreuen, konnten wir an einem Modell die Kreuzwegstationen betrachten, die als kleine Kapellen auf einem mehrere Kilometer langen Weg aufgestellt sind. 1999 wurde dieses Gebiet von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommen.

Der traurige Teil der Reise
Weiter gings nach Wadowice, in die Geburtsstadt von Papst Johannes Paul II. In der Kirche sahen wir das Taufbecken, wo Carol Wojtyla am 20.6.1920 getauft wurde. Neben der Kirche steht sein Geburtshaus, das zu einem modernen Museum umgewandelt wurde. Hier muss ich auch erwähnen, dass die Polen/innen  sehr stolz auf diesen Papst sind, unzählige Bilder und Skulpturen von ihm sind uns im Süden Polens begegnet. Wenn man diese tiefe Frömmigkeit der Menschen  sieht muss man wirklich sagen, sie haben diesen Papst verdient. Er wurde am 27.4.2014 von Papst Franziskus heiliggesprochen. Natürlich mussten wir anschließend noch die sehr traditionellen „Kremowka“ – Cremeschnitten probieren, sie schmecken vorzüglich. Jetzt schließt sich noch ein sehr trauriges Kapitel an, der Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz und Birkenau. Nur eines möchte ich dazu sagen, die Dimensionen haben jede Vorstellung übertroffen. Es gibt keine Worte, um diese Eindrücke zu beschreiben. 

Am Freitag besichtigten wir das Salzbergwerk in Wieliczka, das ein Denkmal von unschätzbarem Wert ist und 1978 in die erste Liste des Weltkulturerbes aufgenommen  wurde. Die Abbauräume befinden sich in einer Tiefe von 64 – 327m. Wir liefen eine Strecke von 2,5 km unter Tag und kamen in eine Tiefe von 165m. Den Rückweg legten wir Gott sei Dank mit dem Lift zurück. Der größte Teil dieses Bergwerks ist heute Museum mit vielen Skulpturen aus Salzstein. Die Kapelle der Hl. Kinga ist 54m lang, 18m breit und 12m hoch. Alle Reliefs und Figuren sind aus Salzstein. Die Arbeiten an dieser Kapelle zogen sich über 70 Jahre hin. Die bekanntesten Bildhauer sind Josef und Tomasz Markowski sowie Antoni Wyrodek. Das Gruppenfoto WIELICZKA 2015 ist in dieser Kapelle entstanden.

Richtung Heimat
Nun ging es Richtung Österreich. Und viele von uns hatten in dieser Woche  eine ganz neue Sicht auf Polen bekommen. Es beeindruckte uns:  das sehr gute Essen, die herrlichen Kuchen und Torten, die Sauberkeit in jedem Gasthaus und auf der Straße und die tiefe Frömmigkeit vieler Menschen.  Wir fuhren an Ligota vorbei, wo die Geschichte mit den Franziskanern in Vorarlberg begann. Im Jahr 1977 machte sich Bürgermeister Ferdinand Kohler aus Andelsbuch auf den Weg dorthin, um Franziskanerpatres für den Bregenzerwald anzuwerben. Das war so erfolgreich, dass heute auch Franziskanerpatres das ehemalige Kapuzinerkoster in Bludenz führen.  Gegen 20.30 Uhr kamen  wir im Wachauer Hof an. Nach dem Essen feierten wir den Abschluss der Reise mit einem gemeinsamen Singabend, begleitet von Edith und Kurt Posch auf der Gitarre und der Okarina. 

Es ist klar, dass so einer Reise eine riesige Organisationsarbeit vorausgeht. Dafür bedanken wir uns herzlich bei der Firma Nachbaur, bei unserem Fahrer Thomas und bei Pater Adrian. Thomas war immer präsent und stand uns mit Rat und Tat zur Seite. Es war so wichtig, dass Pater Adrian sich in seiner Muttersprache mit den Landsleuten verständigen konnte, so löste er alle kleinen Probleme für uns im Nu, große gab es Gott sei Dank keine. Er war so im Element und mit Herz dabei, dass er sogar manchmal mit uns polnisch sprach. Das war sehr lustig. Am Samstag gegen 19 Uhr erreichten wir glücklich das Ländle, im Gepäck einige Souvenirs und viele unvergessliche  Erinnerungen. 

Niech cię Bóg błogosławi   - Vergelts Gott!