Bei der Präsentation des vierten Public Value Berichtes des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) betonte Verbandspräsident Thomas Kralinger die Relevanz von Journalismus angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise. "Bedachtsame Berichterstattung, das Aufzeigen aller Facetten, nicht in den Tenor der Hetze in Sozialen Medien einzustimmen, diesen Weg werden die österreichischen Qualitätsmedien unabhängig und mit Haltung weiter beschreiten."

"Auch die im heurigen Jahr stattgefundenen Wahlen haben einmal mehr gezeigt, wie wichtig eine unabhängige und qualitätsvolle Berichterstattung sind", unterstrich der VÖZ-Präsident. Die Unabhängigkeit der Berichterstattung von Kaufzeitungen sei gerade in dem kleinen Markt Österreich besonders wertvoll. "Meinung und Berichterstattung kann man sich in unseren Medien nicht kaufen. Unser Geschäftsmodell spart daher aus Überzeugung einen Geschäftsbereich aus, den andere Medien ungeniert bestreiten", so Kralinger.

Reform der Presseförderung gefordert 

Der VÖZ-Präsident trat darüber hinaus vehement für die Reform und Aufstockung der Presseförderung ein, die seit einigen Monaten im Bundeskanzleramt verhandelt wird. "Die seit Jahren stockende Konjunktur, sinkende Werbeetats der Wirtschaft und eine Vielzahl neuer Werbemöglichkeiten im digitalen Raum sind für die Refinanzierung von Qualitätsjournalismus eine Herausforderung. Wir brauchen daher ein deutliches Zeichen der Bundesregierung, dass sie ihr Bekenntnis zur Förderung der Titelvielfalt und des Qualitätsjournalismus endlich durch die Umsetzung einer neuen Presseförderung realisiert."

Ergebnisse der Arena Analyse zur Zukunft der Medien

Walter Osztovics, Managing Partner von Kovar & Partners, präsentierte im Anschluss eine Arena-Analyse zur Zukunft der Medien. Kovar & Partners befragte knapp 30 Experten über ihre Ansichten zur Zukunft der Medien. Unter ihnen waren Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst, Attila Dogudan, Gründer und Geschäftsführer Do & Co., Brigitte Ederer, Aufsichtsratsvorsitzende ÖBB, Franz Gasselsberger, Generaldirektor Oberbank AG, Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Matthias Rath, Medienwissenschafter der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, Stephan Ruß-Mohl, Professor für Journalismus und Medienmanagement an der Schweizer Uni Lugano, Franz Schellhorn, Direktor Agenda Austria, Rudolf Scholten, Generaldirektor Österreichische Kontrollbank und Julia Wippersberg, Leiterin „Corporate Science & Research“ Austria Presse Agentur.

Gefahr: Diskursfähigkeit geht verloren

55 Prozent der 14- bis 19-Jährigen werden laut aktueller Media-Analyse regelmäßig mit Tageszeitungen erreicht. Aus der Sicht der befragten Experten ist das geänderte Mediennutzungsverhalten vor allem ein Schichtenproblem. "Jugendliche aus bildungsaffinen Elternhäusern informieren sich weiterhin über Zeitungen in Print und Online, bildungsfern aufwachsende junge Menschen verweigern zunehmend Informationen der klassischen Medien." Osztovics stellte fest, dass die Befragten den Wandel der Mediennutzung in dieser Bevölkerungsgruppe mit ernsthafter Sorge sehen: "Beim Mediennutzungsverhalten der Jungen entsteht die Gefahr, dass eine ganze Generation politisches Interesse, Orientierung und Diskursfähigkeit verliert", so sein Befund. Vor allem sehen die Opinion-Leader die Mechanismen der Info-Selektion in den Sozialen Medien kritisch, da diese zu einem immer engeren Blick auf die Welt führen würden. „Was nicht der eigenen Meinung oder dem eigenen Interesse entspricht, wird gar nicht mehr wahrgenommen. Rund um die User entsteht eine Filter Bubble, in der er nur jenen Teil der Welt sieht, der ihn im Status quo bestätigt.“
Zwar könnten die interaktiven Möglichkeiten der Sozialen Medien dem politischen Diskurs neue Chancen eröffnen, doch zeige die bisherige Praxis, dass er sich nur in der Intensität gesteigert hat, nicht in der Qualität. „Stammtisch bleibt Stammtisch, auch wenn er via Smartphone-App zustande kommt“, so der Studienautor. Sein Fazit: Bildung und Medienpädagogik seien gefordert. „Die Notwendigkeit, jungen Mediennutzern in der Schule die Fähigkeit zum kritischen Differenzieren zu vermitteln, ist umso größer, als Internet und Soziale Medien in hohem Maße auch Kanäle für Desinformation und Propaganda sind.“

Printmedien spielen zentrale Rolle in der Informationsvermittlung

Auch klassische Medien müssten sich wandeln, denn die Ansprüche der Medienkonsumenten würden sich ebenfalls verändern, auch bei jenen, die den gedruckten Medien treu bleiben, so der Studienautor. "Viele erwarten, dass Print und Online stärker verzahnt werden. Während Erklärungskompetenz und Hintergrundberichterstattung weiterhin bei Print verortet werden, wollen Mediennutzer Infohäppchen und Live-Ticker bei Großereignissen online konsumieren."
Die Teilnehmer der Befragung sind überzeugt, dass Printmedien auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Informationsvermittlung spielen werden. "Im Konzert der unterschiedlichen Medien wird Print noch stärker als bisher die Rolle des Stifters von Sinn, Zusammenhang und Überblick zukommen. Klassische Printmedien werden neben Online- und anderen wichtigen zielgruppenadäquaten Angeboten in Geschäftsmodelle von Verlagen eingebettet. In dieser vielfältigen Palette an Verlagsprodukten kommt den Printmedien die wichtige Funktion des Marken-Flagships zu: Es ist das positive Image und die Reputation des Qualitätsmediums, das Vertrauen bei Konsumenten und Werbepartnern ausstrahlt. Von den positiven Werten der Verlagsmarke profitieren somit auch andere Produkte und Angebote."

Den Public Value Bericht 2015 als Pdf-Download finden sie hier.

(voez)