„In der Abenddämmerung soll die gesammelte Gemeinde Israel (das Lamm) schlachten. Man nehme etwas von dem Blut und bestreiche damit die beiden Türpfosten … an den Häusern, in denen man es essen will“ (Ex 12,6-7).

Aglaia Mika

Diese Bibelstelle, obgleich vertraut, befremdet uns gleichzeitig. Dass das Christentum in einer Religion verwurzelt ist, die an einen strafenden Gott glaubt („In dieser Nacht gehe ich durch das Land Ägypten und schlage … jede Erstgeburt bei Mensch und Vieh“ Ex 12,12) und in der das Schächten der Tiere vorgeschrieben ist, erinnert uns heute wohl mehr an den Islam - welcher vielen Menschen Angst macht. Doch, so heißt es weiter: „Für eure kommenden Generationen wird es eine ewige Satzung sein, das Fest zu feiern!“ (Ex 12,14)

Religion bedeutet „re-ligare“, sich zurück-verbinden. Es ist essentiell, die Wurzeln intakt zu halten und sich der eigenen Geschichte bewusst zu sein.
Als „Nebenwirkung“ unserer Auseinandersetzung mit Flüchtlingen lässt sich beobachten, dass das Christentum als aufgeklärte, liebevolle und pazifistische Religion dargestellt wird. Doch wir wissen, dass auch die Kreuzzüge als „heiliger Krieg zur Ehre Gottes“ viele Menschenleben gekostet haben.
Dennoch schenkt der christliche Glaube dem oben zitierten Kapitel Exodus 12 eine einzigartige Bedeutung: Die Mühen haben sich gelohnt, Blut und Zwietracht sind nicht das Ende. Was das Judentum als Beispiele der Errettung durch Gottes Kraft versteht - dieses „Muster“ lässt sich an Noach, Sara, Ijob, Jona und vielen anderen erkennen - verstehen Christen als Vorbereitung auf die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus.

Bemerkenswert ist, dass es im Judentum keinen klar definierten Glauben an ein Leben nach dem Tod gibt. Zwar entwickelt sich dieser mit der Erwartung des Messias, doch essentiell sei das Leben auf der Erde, in dem der Mensch mit Gott verbunden und fähig sei, ihn zu preisen. Wie viel schlimmer war es wohl für Juden, im Holocaust ermordet zu werden - ohne den Glauben zu haben, welcher den seligen Carl Lampert in seinem Abschiedsbrief schreiben ließ: „Es ist ja nur Übergang … nun geht’s heim … zum Vater im Himmel, zum lieben Jesus, zur lieben Mutter Gottes!“ «

(aus dem KirchenBlatt Nr. 15/16 vom 13./20. April 2017)