Das KirchenBlatt hat anlässlich des Geburtstags drei Autoren gebeten, von außen einen Blick auf kirchliche (Print-)Medienarbeit zu werfen.

Peter MarteKlarer Fokus auf das wirklich Wesentliche

Die Medienentwicklung der letzten Jahrzehnte erinnert an Goethes „Zauberlehrling“ („Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los“). Immer neue, vor allem schnellere Medien (Funk, TV, Web, soziale Medien) stellen die Printmedien und damit auch alle gesellschaftspolitisch Agierenden vor beachtliche Herausforderungen.
Beherrschten früher Massenmedien den Markt, gibt es nun eine Masse an Medien. Die digitale Welt macht möglich, dass sich jede und jeder ohne viel Aufwand seine eigene Medien-Welt via Website, Facebook, Blog usw. schaffen kann. Mehr „soziale Medien“ bedeutet aber nicht unbedingt ein Mehr an Sozialisation.
Dadurch ist auch vieles in unserem Leben schneller geworden. Schneller muss aber nicht automatisch besser bedeuten ... Und in dieser schnelllebigen Medienwelt haben es Konstanten - wie traditionelle Werte - nicht einfach, gehört oder beachtet zu werden. Obwohl sich unsere urmenschlichen Bedürfnisse nach Geborgenheit, Zugehörigkeit, Freiheit, Sicherheit usw. in all den Jahren nicht wirklich verändert haben.
Doch darin liegt wohl auch eine Chance für alle, die aktuelle Themen weniger beliebig, dafür vertieft behandeln, die nicht nur schnell über Menschen und Geschehnisse richten, sondern hinterfragend berichten, die zu eigenständigem Denken anregen und trotzdem versuchen, Orientierung und Halt zu geben. Und zwar mit dem klaren Fokus auf das wirklich Wesentliche im Leben, auf gegenseitige Achtung, auf Verständnis, auf ein friedliches Miteinander in Freiheit und menschlicher Würde.

Peter Marte
Leiter der Pressestelle des Landes Vorarlberg

 

Auf Besinnung folgt Recycling

Verena Daum-KuzmanovicSoll heißen: Alles Gute zum 70. Geburtstag des KirchenBlatts und weiterhin alles Gute den vielen Menschen, die mutig aufklären und Bewusstsein schaffen für das Gute, die bedingungslose Liebe, die uns allen innewohnt. Soll heißen, dass wir alle unsere Welt positiv verändern, gemeinsam eine ethisch und ökologisch-soziale Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung herbeiführen können. In der Enzyklika „Laudato si‘“ ruft Papst Franziskus unter Punkt 14 auf: „Ich lade dringlich zu einem neuen Dialog ein über die Art und Weise, wie wir die Zukunft unseres Planeten gestalten. Wir brauchen ein Gespräch, das uns alle zusammenführt, denn die Herausforderung der Umweltsituation, die wir erleben, und ihre menschlichen Wurzeln betreffen uns alle.“
Zahlreiche Bürgerverbände sind in den vergangenen Jahren entstanden und dienen der Sensibilisierung. Doch leider scheinen die vielen Anstrengungen und konkreten Lösungen vergeblich zu sein. „Nicht allein wegen der Machthaber, sondern auch wegen der Interesselosigkeit der anderen“, schreibt der Papst. „Die Haltungen, welche - selbst unter den Gläubigen - die Lösungswege blockieren, reichen von der Leugnung des Problems bis zur Gleichgültigkeit, zur bequemen Resignation oder zum blinden Vertrauen auf technische Lösungen.“ Wir brauchen eine neue, universale Solidarität sagt der Papst, und Soziologe Jean Ziegler macht deutlich: „Gott hat nur unser Herz, unsere Vernunft, unseren Verstand und unsere Hände.“
Neben der Rückführung sogenannter Abfälle in die lebenden Ökosysteme, neben sinnvoller Verwertung statt Verschwendung, ist der wohl wichtigste Rohstoff der Zukunft die Bildung, um global eine gesunde Ernährungssicherung und ein Leben in Freiheit und Würde für alle zu ermöglichen. Der Zugang für alle Menschen zu einer gesamtheitlichen, ethischen Lebensschule als Basis für alle professionellen Zweige. Wir dürfen keine weiteren Generationen mehr verlieren.
Viele Projekte etwa in kleinstrukturierter, naturnaher Landwirtschaft sowie umfassende Kinderbetreuungseinrichtungen der Vorarlberger Caritas Auslandshilfe, tragen bereits Früchte in den Partnerländern. Auch zeigt die Zivilgesellschaft beeindruckend, wie das Kennenlernen von und Zusammenleben mit Flüchtlingen, unseren Mitmenschen, gelingt. Investigativer und lösungsorientierter Journalismus ist heute wichtiger denn je. Höchste Zeit, gemeinsam an die Ursachen der Probleme zu gehen, systemische Fehlentwicklungen zu stoppen und einen guten, zukunftsfähigen Weg zu beschreiten.

Verena Daum-Kuzmanovic
Journalistin und Autorin („Dom Erwin“, „Würde Vernunft Liebe“, „Verantwortungslos“), langjährige Chefredakteurin von „Wann&Wo“ sowie der „Vorarlberger Nachrichten“

 

Walter BuderDie Liebe zu Gott und zu den Nächsten

Liebes KirchenBlatt!
In der Zeitrechnung nach Udo Jürgens - „Mit 66 Jahren fängt das Leben an“ - stehst Du mit Deinem realen 70er seit vier Jahren in einer neuen Lebensphase. Das passt irgendwie, oder? Und es stimmt ja auch: Du siehst ganz gut aus für Dein Alter, hast Dich gut gehalten! Klar, alles lässt sich verbessern, aber zum Geburtstag darf man es ja sagen: Es gibt viele Leute, die dich mögen, so wie du bist - und es sind mehr als Du denkst. Also: Stell Dein Licht nicht unter den Scheffel und freue Dich!
Wie ein kleiner, katholischer Print-Phönix bist Du aus den Trümmern und der Asche der Nazizeit erstanden. Ein wenig voreilig vielleicht hat man damals hoch und heilig versprochen, unpolitisch zu sein. Denk’ dran: „Semper reformanda“ gilt nicht nur für Rom, den Papst, die Kirche nach dem Zweiten Vatikanum sondern auch für die Redaktionslinie. Inzwischen ist ja der Papst allein so politisch, dass die österreichischen Bischöfe der letzten 70 Jahren zusammengenommen ziemlich blass ausschauen.
Die wesentlichen Fragen des Lebens von Heute - nicht nur in Vorarlberg - lassen sich nicht mit Chorälen, Gebeten und Liturgien lösen, sondern brauchen - vor alledem - engagierte, katholische Christ/innen für die Option „Teilen statt Töten“, wie der Jesuit Friedhelm Hengsbach den Jesuiten Jorge Mario Bergoglio übersetzt und der Kirche - also uns - ins Stammbuch schreibt.
Apropos „Stammbuch“. Vergiss nie: Du bist eine Wochenzeitung, kein Predigtbehelf. Und schon gar kein Hirtenbrief. Bei Dir findet man Spuren, Belege, Beweise und - ja, warum eigentlich nicht - Zeugnisse und Erklärungen dafür, dass die Liebe zu Gott und den Nächsten immer noch und nach wie vor aktiv diese unsere Welt mitgestaltet. Das ist der Kern der guten, alten Nachricht, die Du gelegen und ungelegen anbringen musst. Dafür wünsche ich Dir für weitere 100 Jahre die Dynamis, die „heilige Kraft“, die daher kommt, dass die „Freude und Hoffnung der Menschen von Heute auch die Freude und Hoffnung der Jünger/innen Christi sind“.
In diesem Sinne, bis nächsten Donnerstag (oder Freitag!),
Dein

Walter L. Buder
Autor, Schriftsteller, Friedensarbeiter, passionierter Radfahrer, langjähriger Chefredakteur des „Vorarlberger KirchenBlatts“

(Aus dem KirchenBlatt Nr. 43 vom 22. Oktober 2015)