Teil 4 der KirchenBlatt-Serie "Zeit der Schöpfung".

 Prof. Dr. Kurt Remelevon Prof. Dr. Kurt Remele
Theologe  und Ethiker,
Universität Graz

In einer kleinen US-amerikanischen Stadt namens Saratoga Springs fand vergangene Woche ein großes Konzert zur Unterstützung bäuerlicher Familienbetriebe statt. Gerade in dem Land, in dem die Industrialisierung der Landwirtschaft einen extrem hohen Grad erreicht hat, regt sich auch massiver Widerstand gegen diese Entwicklung, von den katholischen Bischöfen bis zu Stars der Musikszene.

Willie Nelson, der 80-jährige Superstar der Country Music, hat vor knapp drei Jahrzehnten „Farm Aid“ gegründet, eine Wohltätigkeitsorganisation, die sich die Erhaltung kleiner bis mittlerer landwirtschaftlicher Familienbetriebe zur Aufgabe gemacht hat. Um diese finanziell zu unterstützen, veranstaltet Nelson seit 1985 jedes Jahr ein Konzert, zu dem er Größen aus unterschiedlichen Musikrichtungen einlädt.

Johnny Cash ist bei FarmAid-Konzerten aufgetreten und Sheryl Crow, aber auch die Beach Boys, Ringo Starr, Elton John und Bob Dylan. Auf ihrer Website informiert die Organisation über Bauernmärkte und Bioläden in den verschiedenen Regionen des Landes, über empfehlenswerte Restaurants und über kleine landwirtschaftliche Betriebe, die Bio-Produkte ab Hof verkaufen. Willie Nelson nimmt sich kein Blatt vor den Mund: „Unsere Nahrungsmittelerzeugung gehört in die Hände bäuerlicher Familienbetriebe und darf nicht von einigen wenigen Lebensmittelkonzernen kontrolliert werden.“ In die gleiche Richtung argumentieren auch die katholischen Bischöfe der USA: „Kleinere Farmen, die als Haupterwerb von Familien betrieben werden, sollten erhalten und ihre ökonomische Rentabilität gesichert werden.“

Bürger/innen gegen Schweinefabrik
Österreich hat zwar eine vergleichsweise hohe Zahl an bäuerlichen Familienbetrieben und Bio-Bauern, doch auch bei uns gibt es einen zunehmenden Druck in Richtung permanenter Kostensenkung, fortschreitender Industrialisierung und zunehmender Konzentration von Landbesitz, und dafür gibt es großzügige öffentliche Subventionen. Vor zwei Jahren sollte beispielsweise in der Nähe der steirischen Stadt Leibnitz ein riesiger Ferkelzuchtbetrieb mit mehr als 2000 Muttersauen errichtet werden, die 50.000 bis 60.000 Ferkel im Jahr produzieren sollten. Doch große Teile der Bevölkerung wehrten sich dagegen, das Projekt kam nicht zustande.

Die Kehrseite des Essens von Tieren
Viehzucht und Fleischproduktion verursachen mehr Treibhausgase als der weltweite Verkehr mit Flugzeugen, Schiffen, Autos und Eisenbahnen zusammen – so die umfangreiche Studie „Der lange Schatten der Viehzucht“, 2006 durchgeführt von der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO. Sie vernichten riesige Regenwaldgebiete, die abgeholzt werden, um Weideflächen für Rinder oder Anbauflächen für Futtermittel zu gewinnen, die aus der sogenannten Dritten Welt in wohlhabende Länder exportiert werden. Sie tragen maßgeblich zum Rückgang der Biodiversität und zur Zerstörung der Ökosysteme bei.

Ein Beispiel: Um ein Kilo Rindfleisch zu erhalten benötigt man 12-mal soviel Wasser wie für ein Kilo Brot, 64-mal soviel wie für ein Kilo Kartoffeln und 86-mal soviel wie für ein Kilo Tomaten. Kardinal Schönborn hat deshalb im vergangenen Jahr völlig zu Recht dazu aufgerufen, den Fleischkonsum drastisch zu reduzieren. Das Dokument der FAO über die Viehzucht begrüßt „die zunehmende Nachfrage nach biologischen Lebensmitteln“ und unterstützt „die in wohlhabenden Ländern festzustellende Tendenz, sich vegetarisch zu ernähren“.

IMPULSE

„Ich war immer davon überzeugt, dass die wichtigsten Menschen auf diesem Planeten jene sind, die die Samenkörner aussäen und sich um den Boden kümmern, auf dem die Pflanzen heranwachsen.“
Willie Nelson

„Die technisch-wirtschaftliche Entwicklung sollte in die Richtung einer umweltgerechten Produktion und einer artgerechten Tierhaltung gelenkt werden.“
Sozialhirtenbrief der katholischen Bischöfe Österreichs von 1990

„Weniger Fleischproduktion bedeutet weniger Massentierhaltung, weniger Tier-Leid, weniger Einsatz von Antibiotika in Futtermitteln, weniger gesundheitliche Probleme bei Tier und Mensch.“
Kardinal Christoph Schönborn