Zwölf Jahre lang war Margit Hauft eine kraftvolle Anwältin für die Frauen in der Kirche Österreichs. Das hat ihr nicht nur Zustimmung gebracht. „Wer sich einsetzt, setzt sich auch aus. Und dazu muss man bereit sein, wenn man vorne steht“, sagt sie. Am Freitag übergab sie den Vorsitz in der Katholischen Frauenbewegung Österreichs an die Tirolerin Barbara Haas.

Bild rechts: Mit rund 200.000 Mitgliedern ist die Katholische Frauenbewegung die größte Frauenorganisation Österreichs. Diese „Frauenpower“, die auf Zusammenhalt und Vielfalt beruht, wurde anlässlich der 60-Jahr-Feier vor fünf Jahren für viele der 7000 Teilnehmerinnen zu einer nachhaltigen Erfahrung. Nachdem ihr die Kabarettistin Gerti Tröbinger den „Krafthut“ verliehen hatte, verkündete kfb-Vorsitzende Margit Hauft: „Die Kraft ist weiblich.“ 

Interview: Hans Baumgartner

Sie standen zwölf Jahre an der Spitze der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. Was waren für Sie die wichtigsten Ereignisse?
Hauft: Es ist schwer, das an Einzelereignissen festzumachen, weil es für mich immer wieder Begebenheiten und Erfahrungen gegeben hat, die spannend, berührend oder überraschend waren. Eine wichtige Station war sicherlich die 60-Jahr-Feier der Katholischen Frauenbewegung vor fünf Jahren in Salzburg. Das war doch für viele der 7000 Teilnehmerinnen eine einmalige Erfahrung zu sehen: Wir sind viele, die sich da in der Kirche und für die Menschen einsetzen. Und wir sind bei allen unterschiedlichen Ansichten, Lebenssituationen und Bedürfnissen eine große Gemeinschaft, in der jede wertschätzend ihren Platz und ihre Heimat hat.

Eine weitere wichtige Station war die Gründung der europäischen Allianz katholischer Frauen (andante), an der wir aktiv mitgearbeitet haben. Das hat wesentlich zu einem befruchtenden grenzüberschreitenden Austausch geführt. So etwa haben die deutschen Frauenverbände eines unserer Jahresthemen, „Frauensache Europa“, als Schwerpunkt übernommen; oder wir wurden eingeladen, bei der Gründung einer katholischen Frauenorganisation in der Slowakei mitzuhelfen. Eine Freude für mich war es auch, dass es gelungen ist, über prominent besetzte Benefizsuppenessen unserem Familienfasttag, für den sich so viele Frauen in den Pfarren einsetzen, ein stärkeres mediales Echo zu verschaffen – nach dem Motto: Tue Gutes und rede auch darüber.

Margit Hauft, kfbMargit Hauft (62)
Die Welserin war zwölf Jahre Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. Bereits ab 1992 leitete die gelernte Buchhalterin und Religionslehrerin in Oberösterreich die kfb; von 1999 bis 2012 war sie auch Präsidentin der Katholischen Aktion und (bis 2008) geschäftsführende Vorsitzende des Pastoralrates der Diözese Linz. Sie war Mitbegründerin der diözesanen Frauenkommission und des Vereins „Land der Menschen Oberösterreich“. Bischof Ludwig Schwarz sagt von der weiter als Erwachsenenbildnerin tätigen Mutter von vier Töchtern: „Sie war immer loyal zur Kirche, auch wenn sie öfter kritische Fragen stellte.“  

Was hat Sie persönlich am meisten bewegt?
Hauft: Die Möglichkeit, viele großartige, engagierte Frauen kennenzulernen, die sich trotz allem, was ihnen an der Kirche aufstößt, nicht entmutigen lassen; die da sind, wo sie gebraucht werden. Ermutigung für mich waren auch die ausführlichen Gespräche mit dem derzeitigen Päpstlichen Nuntius, Erzbischof Peter Zurbriggen, der uns wiederholt ermuntert hat: Schaut, dass man euch in der Kirche hört. Bewegt hat mich auch, dass mich immer wieder Leute, die ich oft gar nicht gekannt habe, angerufen oder angesprochen haben, wenn ich wieder einmal in der innerkirchlichen oder auch öffentlichen Kritik stand, die mir den Rücken gestärkt haben oder mir ihr Gebet zugesagt haben. Tief bewegt hat mich auch die Begegnung mit unseren Projektpartnerinnen in Indien. Zu sehen, wie diese Frauen, vorher oft übersehene, namenlose „Wesen“ ohne Geburtsurkunde, ihr Schicksal und das ihrer Kinder und Dörfer in die Hand genommen haben, war ein großes Geschenk. Seither ist mir unsere internationale Solidarität noch mehr ans Herz gewachsen. Das geht wirklich tief.

Was hat sich in diesen Jahren in der Arbeit der kfb verändert?
Hauft: Es ist uns, so glaube ich, noch bewusster geworden, dass es zu unserem christlichen Auftrag gehört, uns einzumischen – in der Kirche wie in der Gesellschaft. In einem Jahresmotto haben wir uns intensiv damit befasst, was es heißt, „heute Christin sein – glaubhaft (aus dem Evangelium), spürbar (in unserem Leben), wirkungsvoll (in unserem Eintreten)“. In diesem Kontext ist auch unsere verstärkte Zusammenarbeit in Sachfragen mit anderen Frauenorganisationen über weltanschauliche und politische Grenzen hinweg zu sehen.

Wir haben in diese Netzwerkarbeit viel investiert. Aber wir haben damit auch Brücken zu eher kirchenfernen gesellschaftlichen Gruppen geschlagen und ihnen ein Bild von Kirche und christlichem Engagement vermittelt, das sie vorher nicht kannten. Dass wir heute zu den verschiedensten Themen als Bündnispartnerinnen angefragt werden, dass wir im österreichischen „Frauennetzwerk“ fest verankert sind und regelmäßig Gespräche mit den jeweiligen Frauenministerinnen führen – das stärkt nicht nur unsere Möglichkeiten, gesellschaftlich wirksam zu sein. Das ist auch ein Weg, um Glaube und Kirche mitten in dieser Welt präsent zu halten.

Ganz wichtig war mir auch unsere inhaltliche Arbeit. Wir haben versucht, sie durch Jahresthemen stärker zu bündeln bzw. sie den Bedürfnissen der Frauen anzupassen, etwa durch die Aktualisierung unserer Frauen-Seminarreihen, durch zusätzliche spirituelle Angebote oder durch verschiedene Behelfe.

Das Selbstverständnis von Frauen hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Was hat das für die kfb bedeutet?
Hauft: Tatsache ist, dass die Lebensformen und Lebensentwürfe von Frauen heute deutlich vielfältiger sind, als das noch vor 20 Jahren der Fall war. Unser Anspruch ist es, möglichst nahe bei den Frauen zu sein. Wir sind keine Pressure-Group, die von oben herab etwas vorgibt. Zuerst kommt das Hinhören. Das bedeutet aber auch, dass wir zur Kenntnis nehmen, dass es innerhalb der kfb eine große Bandbreite an Ansichten und Haltungen gibt. Das ist einerseits eine große Chance, weil man viele Frauen erreichen kann. Das bringt aber auch Probleme mit sich, weil man bei bestimmten gesellschaftlichen oder kirchlichen Themen einfach nicht alle Meinungen abdecken kann, außer man sagt gar nichts.

Für mich ergeben sich daraus zwei Dinge:
Einerseits, dass man sich immer wieder um einen guten Kontakt zur Basis bemüht und das Gespräch sucht. Andererseits heißt das aber auch, dass man mit der Erfahrung umgehen lernt: Wer sich einsetzt, setzt sich aus. Gerade wenn man vorne steht, muss man manchmal auch für jene, die ungeschützter sind, die Kastanien aus dem Feuer holen. Ich habe mich immer bemüht, eine Vorsitzende zum „Angreifen“ zu sein. Das bedeutet einerseits Nähe, die einem oft sehr viel Kraft gibt, aber auch Ausgesetztsein.

In ihrer bunten Lebendigkeit sehe ich die kfb in einer guten Tradition. Von Anfang an gab es in der Kirche Jesu beides, eine starke Zusammengehörigkeit, aber auch Spannung, eine gemeinsame Grundorientierung am Evangelium und Unterschiede in Sachfragen. In dieser Bandbreite versuchen wir, eher traditionellen Frauen ebenso Heimat zu bieten wie den „kritischen Geistern“, die, wie ich manchmal höre, sonst nicht mehr in der Kirche wären. In unseren Leitlinien heißt es, die kfb ist eine Gemeinschaft von Frauen, die einander auf ihrem je eigenen Glaubens- und Lebensweg begleiten und unterstützen. Das versuchen wir, so gut es geht, in unseren Gremien und in unseren vielen Gruppen in den Pfarren und Regionen zu leben.

Die „Rolle der Frau“ ist in der Kirche seit Jahren ein Dauerbrenner. Wie ist es Ihnen damit persönlich und inhaltlich gegangen?
Hauft: Persönlich habe ich sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Neben der Kritik aus manchen Ecken, wie man denn als Frau dazu komme, sich zu diesem oder jenem zu äußern, habe ich gerade in meinen verschiedenen Ehrenämtern auch viel Unterstützung von führenden Kirchenmännern bekommen. Manchmal erlebt man als „Kirchenfrau“ auch so etwas wie einen Bonus an Aufmerksamkeit in den eigenen Reihen, aber auch in der Öffentlichkeit.
Es gibt aber auch die andere Seite, wo man als Frau viel kritischer unter die Lupe genommen wird und man viel mehr für seine Position argumentieren muss.

Was die inhaltliche Seite der Thematik „Kirche und Frau“ angeht, ist es in meiner Zeit als kfb-Vorsitzende nicht leichter geworden. Da war die Kirche schon einmal weiter, als sie heute ist. So etwa veröffentlichte die Österreichische Pastoralkommission 1986 nach einer Pastoraltagung zum Thema „Frau – Partnerin in der Kirche“ eine von den Bischöfen approbierte Handreichung, in der es hieß, „dass kaum ein theologischer Zweifel darin besteht, dass Frauen zum Amt des Diakonats zugelassen werden können“. Und obwohl sich dieses Papier ausdrücklich auf die großen deutschsprachigen Synoden beruft, will man heute über dieses Thema am liebsten gar nicht mehr reden.

Eine Zäsur war da sicher das Apostolische Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“, in dem Papst Johannes Paul II. feststellte, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Seither höre ich immer wieder, auch eine Weihe von Diakoninnen sei „nicht möglich, es sind uns die Hände gebunden“. Das schmerzt, weil wir heute ohne die vielen Frauen, die sich zum seelsorglichen und diakonalen Dienst berufen fühlen, in der Kirche gar nicht mehr auskämen. Ihren Wunsch, dafür auch geweiht zu werden, um beispielsweise die Krankensalbung spenden zu können, als Machtgelüste abzutun, finde ich verletzend. Auch wenn ich mich persönlich nicht zu einem Weiheamt berufen fühle, werde ich weiter dafür eintreten, dass auch Frauen der Weg geöffnet wird, dem Ruf Gottes in dieser Weise zu folgen. Auch der verheiratete Diakon war für viele vor dem Konzil unvorstellbar.