Sind Tiere die besseren Menschen? Nein, das nicht. Lernen kann man aber dennoch von ihnen und Dr. Rainer Hagencord zeigt im Bildungshaus St. Arbogast auch wie.

Veronika Fehle

Das Schaf ist gut, weil es Wolle gibt. Das Schwein ist gut, weil es einmal ein Schnitzel werden kann und das Huhn ist besonders gut, weil es Eier legt und dann auch noch im Suppentopf landet. Kurz und gut, die einfache Formel scheint heute weitgehend zu lauten: „Ein Tier ist dann gut, wenn es einen Nutzen für den Menschen hat.“ Und genau das stimmt nicht. Warum? Weil der Mensch sich seinen Lebensraum mit seinen Mitgeschöpfen teilt. Weil diese eben auch Geschöpfe Gottes sind. Weil die Grunddokumente des jüdisch-christlichen Glaubens bestimmt sind von der Präsenz der Tiere und weil eine von der Landwirtschaft bestimmte Kultur gar nicht anders konnte, als eine Theologie „mit dem Gesicht zum Tier“ zu formulieren.

Ressource Natur

Die Menschen wussten, dass sie auf ihre Tiere angewiesen waren und dass sie alle durch die Schöpfung verbunden sind. „Dass unsere Kultur eher als ,mit dem Rücken zum Tier‘ und somit zur Schöpfung insgesamt zu beschreiben ist, wundert nicht, schaut man die Szenarien der ökologischen Katastrophen genauer an: Denn hier zeigt sich ein Gebaren, das die Natur lediglich als Ressource oder bestenfalls als hübsche und beeindruckende Kulisse sieht“, erklärt Dr. Rainer Hagencord, der mit Anton Rotzetter das Institut für „Theologische Zoologie“ in Münster leitet.

Theologische Zoologie?
Ja, „Theologische Zoologie“ und die beschäftigt sich u. a. mit der Würde der Tiere, die sich aus ihrem Dasein als Teil der göttlichen Schöpfung speist, der Weisheit der Tiere, die dem Menschen in so vielem um Längen voraus sind und dem daraus resultierenden Perspektivenwechsel, wenn man der Schöpfungsspiritualität die sensiblen politischen und ökologischen Fragen wie Massentierhaltung oder die Vernichtung ganzer Ökosysteme entgegenhält.

Sind Tiere also die besseren Menschen? Ja und nein und doch folgt man den Gedanken Rainer Hagencords gerne, wenn er - gefragt, was denn der Mensch vom Tier lernen kann, ganz einfach antwortet, dass es wohl das befreiende Bewusstsein sei, ein Geschöpf Gottes zu sein. „Wer auf Tiere schaut, befreit sich vom mühseligen Kreisen um sich selbst.“
Nur ein Weg von vielen, auf dem ein Blick in die Tierwelt den Menschen näher zum Göttlichen führen kann.

TERMIN

 „Die Würde der Tiere“.
Vortrag mit Rainer Hagencord: Do 17. Oktober, 19.30 Uhr;
Workshop: Fr 18. Oktober, 9.15 - 12.30 Uhr.
Jeweils im Bildungshaus St. Arbogast, Götzis.
Anmeldung: T 05523 62501-828

ZUR SACHE

Rainer HagencordTheologische Zoologie
Rainer Hagencord verabschiedet jenes Denken, das den Menschen als einziges beseeltes Wesen setzt.

Dr. Rainer Hagencord leitet gemeinsam mit Anton Rotzetter das Institut für Theologische Zoologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Kapuziner in Münster. Rainer Hagencord, katholischer Priester und Zoologe, führt dabei zurück auf ein ursprünglich biblisches Verständnis und Verhältnis von Mensch und Tier und vertritt u. a. die These, dass zwar der Mensch laut biblischem Schöpfungsbericht aus dem Paradies vertrieben wurde und seine Gottunmittelbarkeit verloren hat, das Tier aber nicht. „Deshalb sollten wir uns von Tieren inspirieren lassen“, erklärt Rainer Hagencord und verweist gleichzeitig auf den feinen Unterschied, dass der Mensch das Tier sehr wohl als Mitgeschöpf akzeptieren kann und soll, ohne selbst Tier werden zu müssen.

Impulse und Ansätze
Im Gegenteil und dennoch kann der Mensch vom Tier lernen - zum Beispiel in der selbstverständlichen Naturverbundenheit, die auch Religionspädagogik und Katechese neue Impulse liefern kann. Das sowie eine Distanzierung von der Rede vom Menschen als einzig beseeltem Wesen, die Reflexion des Mit-Seins von Mensch und Tier, die Diskussion ökologischer und politischer Fragen und das Finden einer neuen Schöpfungsspiritualität abseits abgestandener Frömmigkeit sind Anliegen, die im Institut für Theologische Zoologie ihr wissenschaftliches Zentrum finden.