Wenn das „Halleluja“ von der Kirchenempore oder aus dem Radio schmettert, dann ist Ostern. Es bündelt die Freude, die Kraft – und die Stille – der Auferstehung in einem einzigen „Hit“. Geschrieben hat ihn Georg Friedrich Händel.

Nach den Tagen der Fastenzeit erklingt in der feierlichen Liturgie der Osternacht wieder von neuem das Halleluja. Dieser freudige Jubelruf stammt aus dem Judentum des Alten Bundes und zählt zu den ältesten Gesängen, die im Gottesdienst zu finden sind. Aus dem Hebräischen übersetzt hat das Halleluja die Bedeutung von: „Preiset Gott“.

(Bild: Szene aus dem" Messias“, mit dem Halleluja daraus schuf G. F. Händel die Auferstehungshymne schlechthin)

Mit den Psalmen der Bibel übernahm das frühe Christentum auch das Halleluja. Jesus Christus selbst, der durch seine Auferstehung Tod und Sünde besiegt hat, wird nunmehr damit angerufen. Der hl. Kirchenlehrer Augustinus nennt es „den Gesang der Erlösten“: es ist die unverwechselbare Erkennungsmelodie von uns Christen. Über das ganze Kirchenjahr werden wir durch das Halleluja an unser eigenes Erlöst-Sein erinnert. Komponisten aller Epochen schufen durch ihre Vertonungen klingende Zeugnisse der österlichen Botschaft. Georg Friedrich Händels prachtvoller Halleluja-Chor aus dem Oratorium „Der Messias“ ist ein besonders herausragendes Beispiel dafür.

In der Messfeier wird das Halleluja zum „Ruf vor dem Evangelium“ gesungen. Es bereitet die Verkündigung des Evangeliums als den Höhepunkt des Wortgottesdienstes vor und begleitet die Prozession mit dem Evangelienbuch. Mit dem Halleluja wird Christus begrüßt, der in der Frohen Botschaft immer wieder neu zu den Menschen spricht. Alle stehen dazu auf und bezeugen mit dieser Haltung ihre ehrende Hochachtung. Singend bekennt die versammelte Gemeinde
ihren Glauben an den Auferstandenen. Außer in den 40 Tagen der österlichen Bußzeit, wo es durch einen lobpreisenden Christus-Ruf ersetzt wird, wird das Halleluja vor bzw. auch nach dem Evangelium im Wechsel mit dem Kantor von der ganzen versammelten Gemeinde gesungen. 

Zur Person: Georg Friedrich Händel

G.F.Händel(von Armin Kircher)

Bei seinen Zeitgenossen war Georg Friedrich Händel weit mehr bekannt als der gleichaltrige Johann Sebastian Bach. Heute gelten beide als die bedeutendsten Komponisten der Barockzeit. Im Gegensatz zu Bach, dessen Bekanntheit nicht weit über seine Wirkungsstätte Leipzig hinausreichte, war Händel bereits zu Lebzeiten eine Berühmtheit, weitgereist und welterfahren. Bach, der „dienende“ Kirchenmusiker, schrieb seine Motetten, Kantaten und Passionen zur Ehre Gottes, Händel, der selbstbewusste Künstler, feierte mit seinen Opern und Oratorien Triumphe.

Sprache des Volkes. In seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten verschrieb sich Händel, dessen Todestag sich heuer am 14. April zum 250. Mal jährt, ganz der Komposition von Oratorien. Im Gegensatz zu den barockenOpern, die in Italienisch gesungen wurden, verwendete Händel in seinen Oratorien die englische Sprache und fand damit in allen gesellschaftlichen Schichten eine Zuhörerschaft. War es in der Oper undenkbar, dass musikalische Amateure mitwirkten, bildeten bei Oratorienaufführungen die Laienchöre das tragende Fundament.  

Das „Lebenswerk“. Wie Bach kannte Händel die Bibel sehr genau. Über 30 geistliche Oratorien komponierte Händel und wählte dafür durchwegs Themen aus den Erzählungen des Alten Testamentes. Ein Oratorium sollte auch der größte Erfolg seines Lebens werden und nicht nur das: bis heute ist es eines der meistgespielten Oratorien der Musikliteratur. Mit dem „Messias“ gelang Händel das Unvorstellbare. Innerhalb von nur knapp drei Wochen, vom 22. August bis zum 14. September 1741, entstand ein unvergleichliches Meisterwerk. Voll von Inspiration muss der 56-jährige Komponist nach einer gesundheitlichen Krise Tag und Nacht gearbeitet haben, um die 250 Seiten der handschriftlichen Partitur fertigzustellen, eine erstaunliche und gewaltige Leistung.  

Bibel pur. Die gekonnte Zusammenstellung des Textes erhielt Händel von seinem Librettisten Charles Jennens. Nur mit Stellen aus der Heiligen Schrift wird das Erlösungswerk Christi dargestellt. Leben, Tod und Auferstehung Christi werden nicht nacherzählt, auf die konkrete Schilderung der Ereignisse wird verzichtet, es gibt keine handelnden Personen. Vielmehr wird die Heilsgeschichte als Erfüllung der Heiligen Schrift und ihrer Prophezeiungen dargestellt. Die Grundlagen des christlichen Glaubens werden durch die Verbindung von Textstellen aus dem Alten und Neuen Testament aufgezeigt.

Das Erlösungswerk. Das Thema der christlichen Erlösung spannt sich als Bogen über die drei Teile des Oratoriums: Der erste Teil handelt von den Verheißungen des Alten Testamentes und der Geburt Christi, womit die Gesetzmäßigkeit der Erlösung ihren Lauf nimmt. Im zweiten Teil werden das Leiden und Sterben Christi sowie die Errettung der Menschheit durch seine Auferstehung geschildert. Der dritte Teil ist das theologische Zentrum des Werkes: die Versöhnung von Gott und den Menschen durch Christi Tod und Auferstehung, die Überwindung von Tod und Sünde, die jeden Einzelnen ebenso betrifft wie die gesamte Menschheit. Diese Glaubensgewissheit mündet in das machtvolle Amen des Schlusschores. 

Ausdruck des Dankes. Schon bei der Uraufführung am 13. April 1742 in Dublin wurde „The Messiah“ begeistert aufgenommen. Über 50 Aufführungen folgten zu Lebzeiten Händels.  Immer wieder hat er das Werk den musikalischen Möglichkeiten der Künstler angepasst. Noch eine Woche vor seinem Tod leitete der erblindete Komponist eine Aufführung seines Meisterwerkes. Bei der ersten Londoner Aufführung im März 1743 kam es zu einem bis heute nachwirkenden Ereignis: König George II. erhob sich nach den ersten Takten des Halleluja-Chores, der am Ende des zweiten Teiles steht, spontan von seinem Sitz. Dieser Geste folgte das ganze Publikum. Bis heute stehen englische Zuhörer beim „Halleluja“ auf. Mit diesem Ritual wird nicht allein der Meister und sein Werk geehrt, vielmehr ist es ein Zeichen, mit dem der Dank für die rettende Treue Gottes zu seinem Volk zum Ausdruck gebracht wird. 

Der Sieg des Lebens. Aus der Sicht der Musikwissenschaft ergibt sich für Händels weltbekanntes Halleluja kein anderes Bild als bei einer Vielzahl von Chören in seinen Oratorien und geistlichen Werken. Weder der Aufbau noch die Tonart, weder die Melodie noch der Rhythmus bieten etwas derart Besonderes, was nicht auch in anderen Chorsätzen vorhanden wäre. Und dennoch geht von Händels „Halleluja“ eine emotionale Wirkung aus, wie es nur wenigen Werken in vergleichbarer Weise gelingt und die weit über eine plumpe Affekthascherei hinausgeht. Im Glauben an die Osterbotschaft, die ihn zu dieser Zeit offenbar stark bewegte, vereint der Komponist Chor und Orchester zu einem prachtvollen Lobgesang. Vom Vorspiel des Orchesters bis zu den kräftigen Akkorden der Schlusstakte steigern sich die vokalen und instrumentalen Stimmen. Wie kein anderes Musikwerk steht Händels Halleluja für den siegreichen Triumph des Lebens über den Tod. Für Stefan Zweig werden darin, wie er in seinen „Sternstunden der Menschheit“ schreibt, alle Stimmen dieser Erde zusammengefasst, „die hellen und die dunklen, die beharrende des Mannes, die nachgiebige der Frau“, es ist „ein Jubel, der von dieser Erde zurückdröhnte bis zum Schöpfer des Alls“.