Am 25. Jänner ist Weltlepratag. Heuer beteiligt sich das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich (AHW) erstmals am gemeinsamen Aufruf der in der internationalen Föderation der Anti-Lepraarbeit (ILEP) zusammen geschlossenen Organisationen.

zur Sache: Beispielprojekt Jemen

Dietmar Steinmair

Lepra steht für eine Reihe von anderen vergessenen Armutskrankheiten. Mit Menschen, die an Lepra und Armutskrankheiten leiden, will niemand etwas zu tun haben. „Aus diesem Grund ‚schönen‘ Staaten Statistiken, feuern Arbeitgeber an Lepra erkrankte Mitarbeiter, lassen Bürgermeister Leprakranke aus ihren Städten deportieren, verweisen Schulleiter Kinder aus den Familien der Patienten von ihren Schulen, verjagen Nachbarn diese Menschen aus ‚ihren‘ Stadtteilen“, sagt Gudrun Freifrau von Wiedersperg, ehrenamtliche Präsidentin der Deutschen Lepra- und Tuberkulose-Hilfe (DAHW). Ein anderer Umgang mit Lepra wäre eine Chance für die Gesundheitssysteme insgesamt.

Vernachlässigte Krankheiten
Traditionell ist der Weltlepratag ein Tag des Rückblicks auf die Erfolge des Vorjahrs und eine Gelegenheit zum Ausblick auf die anstehenden Aufgaben. Das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich verschickt in diesen Tagen Spendenbestätigungen für das vergangene Jahr in Höhe von insgesamt knapp über einer Million Euro. Im Vergleich zu den Vorjahren ist das ein Rückgang.

Seit 1958 hat eine ganze Generation an Spender/innen geholfen, Lepra unter Kontrolle zu bringen. Dieser Erfolg ist gefährdet, falls es nicht gelingt, die stille und schleichende Katastrophe der vernachlässigten Armutskrankheiten und der damit einhergehenden Stigmatisierung stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Diskriminierung von Lepra-Kranken findet nicht allein in den Partnerländern der Entwicklungszusammenarbeit statt. „Es ist ein Skandal, dass Forschungsprioritäten falsch gesetzt und beispielsweise die Übertragungswege der Lepra immer noch nicht geklärt sind. Dieser Skandal setzt sich bei anderen Armutskrankheiten und beispielsweise auch bei Ebola fort: Deshalb ist es notwendig, das Verständnis für die komplexen Zusammenhänge von Gerechtigkeit und Krankheit in der Einen Welt zu schärfen“, so das Aussätzigen-Hilfswerk anlässlich des Weltlepratags.

Neue Form des AHW
2014 war für das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich das erste Jahr in der neuen organisatorischen Form als Stiftung der Diözese Feldkirch. Die neue Form mit der Konzentration auf den Kernauftrag des Werks biete die Chance, den kirchlichen Heilungsauftrag noch effizienter und effektiver zu verfolgen. In der neuen Arbeitsform werden Verwaltungskosten gesenkt und die Partnerlandschaft neu gestaltet. Damit will das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich auch die Aufforderung von Papst Franziskus umsetzen, neue und bessere Strukturen der konkret gelebten Solidarität zu schaffen. Einen Schwerpunkt der internationalen Anti-Lepra-Arbeit 2015 definiert das AHW so: „Gesetze, die Leprabetroffene diskriminieren, müssen geändert werden. Nur so lässt sich Lepra besiegen. Denn reine Wohltätigkeit hilft stets nur punktuell.“
Zum Weltlepratag bittet das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich um weitere Unterstützung seiner Arbeit.   

www.aussaetzigen-hilfswerk.at

ZUR SACHE

Beispielprojekt: Jemen

Im Jemen arbeitet das AHW inmitten von Staatszerfall und Krieg: „Wir stärken jemenitische Gesundheitsstrukturen, damit die Früherkennung von Armutskrankheiten wie der Lepra möglich wird. Der Jemen hat sich jahrelang an seinen ölreichen Nachbarstaaten orientiert. Für die Apparatemedizin der Golfstaaten fehlt jedoch das Geld“, so das AHW. Damit lokal angepasste Lösungen entstehen können, sorgt das AHW für einen Austausch zwischen Jemen und afrikanischen Nachbarstaaten.

Geschichte
Schwestern der Gemeinschaft Mutter Teresas bauten in Jemen ein Sterbehospiz auf. Seit Jahrzehnten finanziert der Staat den Betrieb der Einrichtung, die sich durch die Unterstützung der Aussätzigen-Hilfe zum Krankenhaus gewandelt hat. Dank eines großzügigen Vorarlberger Legats wird der Bau derzeit neu errichtet. An der Finanzierung des Projekts beteiligen sich auch andere Geber, wie etwa die staatliche britische Entwicklungshilfe. Die Weltgesundheitsorganisation hat zugesagt, ein Kompetenzzentrum für Hautkrankheiten anzusiedeln.

Neue Ziele
Das Beispiel zeigt, wie die österreichische Initiative sehr viel höhere Finanzzusagen nach sich ziehen kann. „Diesen Erfolg wollen wir wiederholen“, schreibt das AHW. „In Zukunft wird es jedoch nicht mehr um Bauprojekte gehen. Wir haben gelernt: Entscheidender als ein Hausbau ist der Aufbau von Wissen. Mittelfristig werden wir im Jemen die Erfahrungen und Erfolge der Lepra-Hilfe noch gezielter zur Eindämmung der Tuberkulose nutzen.“ Dazu bildet das Aussätzigen-Hilfswerk gemeinsam mit jemenitischen Partnern Kompetenzzentren und wendet sich etwa an Krankenpflegerinnen in entlegenen Gebieten, um das lokale Know-how in der Basisgesundheitsversorgung zu stärken.

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(aus dem KirchenBlatt Nr. 4 vom 22. Jänner 2015)