Persönliche Reflexion von Pfr. Eugen Giselbrecht zu seinem 60. Priesterjubiläum

Seit der Apostelgeschichte werden Christen „jene vom Neuen Weg“ genannt. Und das hat sich im Laufe der 2000-jährigen Kirchengeschichte und auch in meinem Leben bewahrheitet. Christen sind Menschen „des neuen Weges“, auch wenn sie im Laufe der Zeit Abwege und Irrwege gegangen sind. Immer fanden sie auf einen „neuen Weg“ zurück.

In der Zwischenkriegszeit bin ich in einer vorkonziliaren Kirche aufgewachsen und wurde nach der Matura in Bregenz (1952) und dem Theologiestudium in Innsbruck 1957 in der Hl. Kreuz Kirche in Bludenz von Bischof Bruno Wechner zum Priester geweiht. Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg war in unserer Kirche sehr lebendig. Ich erinnere mich an die Gliederungen der Katholischen Aktion mit Bibellesung und missionarischem Apostolat in allen Lebensbereichen, an das Erwachen der Liturgieerneuerung und an die wachsende Solidarität mit Entwicklungsländern. Mit Johannes XXIII. kam 1958 ein Wegweiser, eine prophetische Gestalt, die über das 2. Vatikanische Konzil unsere Kirche in vielfacher Hinsicht auf „neue Wege“ führte. „Neue Wege“ sollte unsere Kirche sowohl in der Erneuerung nach innen wie in der Strahlkraft nach außen gehen.

Mit vielen Höhen und Tiefen ging dieser Weg weiter bis 2013 Kardinal Bergoglio als Franziskus I. Bischof von Rom und damit unser Papst wurde. In weitblickenden Visionen will er uns im Geist des 2. Vatikanischen Konzils, geerdet in der Lebenswelt des 21. Jahrhunderts, verwurzelt in der Liebe und Barmherzigkeit Gottes und ganz nahe bei den Sorgen und Nöten der Menschen auf „neuen Wegen“ weiterführen.

Vom Wiener Pastoraltheologen Dr. Paul M. Zulehner soll der Satz stammen: „Es muss noch vieles zugrunde gehen, damit wir wieder zum Grunde gehen“. Und welches ist dieser „Urgrund“? Es ist im letzten die grenzenlose Liebe unseres Gottes, mit der wir stets neu überreich beschenkt werden, auch dann, wenn sie uns oft schwer zugänglich erscheint. Aus dieser Liebe dürfen wir leben und sie weiterschenken.  In vielfacher Weise feiern wir das in unserer Kirche. Je mehr uns das bewusst ist, desto einfacher sind die vielen Fragen, die uns oft bedrängen zu beantworten: Die Feier eines arbeitsfreien Sonntags, Kindertaufe, Firmalter und –feier, kirchliche oder nur standesamtliche Trauung, Leben nach dem Tod u. v. a. m. Dass so unsere Kirche „neue Wege“ in die Zukunft gehen kann, ist mein größter Wunsch bei meinem Diamantenen Priesterjubiläum.

Eugen Giselbrecht Eugen Giselbrecht