Sich dem Trubel der Adventzeit zu entziehen ist gar nicht so einfach. Es braucht eine ganz bewusste Entscheidung dafür. Dann aber können Zeiträume so gestaltet werden, dass sie für alle - für Groß und Klein - zur Bereicherung werden.

Carmen Willi

Das, was Familie ausmacht - Emotionalität, Stabilität, Geborgenheit und bedingungslose Zuwendung – scheint immer weniger in eine Gesellschaft zu passen, die auf Kurzfristigkeit, Flexibilität und Mobilität ausgerichtet ist. Diese Tatsache können wir zur Kenntnis nehmen und uns ihr „unterwerfen“ - oder wir können sie zur Kenntnis nehmen und für und mit unserer Familie überlegen, wie wir trotz dieser  Fakten Freiräume für bewusste Familienzeit schaffen können. Das hat nichts mit Berufstätigkeit oder nicht, mit vollen Terminkalendern oder „leeren Tagen“ zu tun. Das braucht eine bewusste Entscheidung für Familienzeit. Auch wenn die Woche noch so dicht war, jede Familie kann Familienfreiräume schaffen - oft bietet sich das Wochenende dafür an.

Womit füllen?

Eine Möglichkeit (und eine Gefahr) ist, diese vermeintlichen Freiräume dann mit Programm zu füllen: ins Erlebnisbad, ins Einkaufszentrum, zum Indoorspielplatz, … - keine Frage, an diesen Programmpunkten haben unsere Kinder Freude und die soll es auch geben. Bewusste Familienzeit meint aber etwas anderes.


Der Rhythmus des Jahres

mit dem sicherheitsspendenden Aspekt, dass alles wiederkehrt, strahlt Verlässlichkeit aus und ist für die kindliche Entwicklung, aber auch für uns Erwachsene ungeheuer wertvoll. Aus dem Rhythmus des Jahres ergeben sich auch Gelegenheiten eine Feierkultur in unserer Familie zu entwickeln – und wenn wir am Beginn der Adventzeit stehen, ist uns diese Chance besonders bewusst. Die Möglichkeiten, gerade die Adventzeit als bewusste Familienzeit zu gestalten, sind vielfältig. Kleine Rituale haben große Wirkung.


Der Adventkalender

bietet dafür eine große Chance. Nehmen wir uns nichts Großes vor (das stresst uns und ist in der täglichen Umsetzung schwierig), überlegen wir uns gezielt kleine Akzente:

  • Unsere Krippe entsteht - jeden Tag bauen wir eine Kleinigkeit an unserer Krippe weiter.
  • Unser Adventkunstwerk entsteht - jeden Tag legen wir an unserem Mandala weiter (mit selbst gesammelten Materialien).
  • Unser Familienbuch entsteht - jeden Tag gestalten wir an Geschichte und Bildern für unser Buch weiter. Wir erfinden beispielsweise gemeinsam eine Advent-Fortsetzungs-Geschichte oder wir gestalten unser Buch in Anlehnung an ein bekanntes Bilderbuch. Dafür eignen sich Bücher wie „Es gibt so Tage“ von Heinz Janisch oder „Heute bin ich“ von Mies Van Hout. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt!

 

Am Wochenende

können es auch zeitintensivere Impulse sein:

  • Wir machen einen Ziellos-Spaziergang: wir sind auf dem Weg - ohne Ziel, wir lassen die Natur wirken, sammeln Schätze der Natur, ohne „gang witar, mach vorwärts!“.
  • Wir kochen als ganze Familie.
  • Wir machen einen Spieleabend.

 

Momente „des Bewussten“

bieten sich auch im Rhythmus der Woche und im Ablauf des Tages an: Sei es die Klangschale am Freitagabend um Geschehenes und Erlebtes nachklingen zu lassen oder das dezidiert „handyfreie Mittagessen“ aller (!) Familienmitglieder oder …


Bewusste Familienzeit

ist für uns als Familie in mehrerlei Hinsicht unglaublich wertvoll – nicht nur im Advent: Sie ermöglicht die Erfahrung, trotz aller Aktivitäten und Termine, die Zeit mit unseren Kindern wirklich gelebt zu haben. Sie bahnt Gewissensbildung an, indem wir ins Gespräch kommen. Sie arbeitet Alltagssituationen auf und sie lädt zu einer Feierkultur ein.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 47 vom 24. November 2016)