Das Interesse an der KirchenBlatt-Reise „Auf den Spuren Martin Luthers - 500 Jahre Reformation“ war so groß, dass zwei Termine für diese Fahrt angeboten werden konnten: Vom 8. bis 14. Juli sowie vom 9. bis 15. September waren 45 bzw. 43 Personen unterwegs. Beide Reisen wurden vom evangelischen Pfarrer Ralf Stoffers und vom katholischen Pfarrer Edwin Matt begleitet.

Günther Sejkora, seit 2012 Presbyter der evangelischen Gemeinde von Bregenz und dort für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit zuständig, stellt den KirchenBlatt-Leser/innen seinen Beitrag - veröffentlicht im evangelischen Gemeindebrief - zur Verfügung. Gemeinsam mit seiner Frau Marlies war er bei der ersten Reise mit dabei. Er schreibt:

„Am 8. Juli ging es früh morgens los zu einer ökumenischen Reise auf Luthers Spuren zu den Stätten der Reformation. 45 Teilnehmer/innen waren mit dabei, die Reiseleitung teilten sich Pfr. Ralf Stoffers von evangelischer und Pfr. Edwin Matt von katholischer Seite.
Am ersten Tag ging es nach Leipzig, um von dort aus in den kommenden Tagen Wittenberg und Eisleben zu besuchen. Auf dem Weg nach Erfurt, wo wir die nächsten drei Nächte verbrachten, besuchten wir Halle a. d. Saale. Von Erfurt aus unternahmen wir einen Tagesausflug nach Eisenach und auf die Wartburg, bis wir am 14. Juli über Bamberg wieder zurückfuhren.

Zwar haben wir auf unserer Reise die einzelnen Lebensstationen von Martin Luther besucht, es ist aber auch deutlich geworden, dass die Reformation keine Sache Luthers alleine war: Viele weitere Männer und Frauen hatten in seinem Umfeld, aber auch in anderen Gegenden Österreichs, Deutschlands und der Schweiz maßgeblichen Anteil an der Reformation.

Eisleben ist der Geburts- und Sterbeort Martin Luthers. Zwar hat er hier nur einige Monate seines Lebens verbracht, dennoch hatte für ihn der Ort, in dem er getauft wurde, große Bedeutung. Hier konnten wir unter anderem die Taufkirche Luthers besichtigen. Der Innenraum wurde auf das Lutherjahr hin mit einem Taufbecken, neuem Boden, Bänken und Fenstern neu gestaltet - zu einem Raum, der uns alle sehr beeindruckt hat.

In Eisenach besuchte Luther die Lateinschule, bevor er nach Erfurt ging, um zu studieren. Im Lutherhaus konnten wir eine sehr interessante Ausstellung besuchen, die die theologischen Anliegen der Reformatoren und Wissenswertes zu Luthers Bibelübersetzung zeigt. Auf der Wartburg bei Eisenach hat sich Martin Luther - rund 20 Jahre später - als Junker Jörg versteckt und übersetzte dort das Neue Testament. Rund 300 Jahre vor Luther hatte in Eisenach und auf der Wartburg Elisabeth von Thüringen gelebt und gewirkt, über die wir beim Stadtrundgang einiges erfahren konnten.
Erfurt präsentierte sich mit seinem wunderschönen, mittelalterlichen Stadtkern. Hier findet sich auch das Augustinerkloster, in dem Luther zu seiner Studienzeit als Mönch gelebt hatte.

Der eigentliche Schauplatz der Reformation aber ist Wittenberg. An dieser Universität haben Luther und Melanchton als Professoren gewirkt, hier hat Luther seine Thesen veröffentlicht und (vielleicht auch) an der Tür der Schlosskirche angeschlagen, hier hat er Katharina von Bora geheiratet und mit ihr im ehemaligen Augustinerkloster gelebt.

In Halle a.d. Saale machten wir einen Ausflug in die jüngere Vergangenheit zum Gefängnis „Roter Ochse“, in dem Provikar Carl Lampert im November 1944 vom NS-Regime ermordet wurde. Ein Teil des Gefängnisses ist heute zu einer Gedenkstätte umgebaut, in der wir einen Vortrag hörten, der uns allen unter die Haut ging.“ (Günther Sejkora)

Spuren bis nach Vorarlberg
Ergänzend dazu begegneten wir immer wieder Vorarlberger Gelehrten, die Weggefährten und Mitstreiter von Martin Luther waren. So schickte etwa der Vater von Johannes und Bartholomäus Bernhardi aus Schlins seine beiden Buben zum Lateinstudium nach Eisenach. Dort lernten sie Martin Luther kennen und schätzen. Auch der Feldkircher Johannes Dölsch stand Luthers Theologie so nahe, dass sein Name in der gegen Martin Luther gerichteten Bannandrohungs-Bulle des Papstes ebenfalls vorkommt. Zusätzlich gibt es eine ganze Reihe von Professoren und Priestern, die - aus Vorarlberg stammend - „die neue Lehre“ vertraten bzw. predigten und deswegen aus ihrer Heimat vertrieben wurden oder nicht mehr in ihre Heimat zurückkommen konnten. Es lohnt sich, auch den Spuren der Reformation bei uns in Vorarlberg nachzugehen und nachzuforschen.
Pfr. Edwin Matt

(aus dem KirchenBlatt Nr. 40 vom 5. Oktober 2017)