Der letzte Gesellschaftspolitische Stammtisch widmete sich der brisanten Frage, ob der arbeitsfreie Sonntag Zukunft hat. Das KirchenBlatt sprach mit der Arbeitsrechtsexpertin Mag. Gabriele Kienesberger von der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe).

Wolfgang Ölz

Die politische Stimmung für den freien Sonntag ist grundsätzlich gut. Gabriele Kienesberger skizziert die Meinungen der Parteien nach einer Umfrage bzw. einer Podiumsdiskussion vor der Nationalratswahl 2013 folgendermaßen: „SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne sprachen sich eindeutig für die Beibehaltung der gesetzlichen Regelungen zum arbeitsfreien Sonntag aus. Vom BZÖ kam der Vorschlag die Ladenöffnungszeiten doch mit einigen Sonntagen im Jahr zu ‚erweitern‘. Die Liste Frank Stronach äußerte sich damals nicht zum Thema.“ 

Gabriele Kienesberger Gabriele Kienesberger

In Österreich kann laut Kienesberger die Allianz für den freien Sonntag auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens verweisen, denn sie hat „über 50 Mitgliedsorganisationen, wie den ÖGB und alle Teilgewerkschaften, die christlichen Kirchen in Österreich und Vereine mit erheblichen Mitgliederzahlen, z.B. den österreichischen Blasmusikverband mit über 500.000 Mitgliedern.“

Grundsätzliches Arbeitsverbot
Die gesetzliche Regelung sieht in § 9 des Arbeitszeitgesetzes vor, „dass Arbeit in der Zeit von 00:00 bis 24:00 Uhr an Sonntagen grundsätzlich verboten ist. ‚Grundsätzlich‘ bedeutet aber, dass es auch Ausnahmen gibt.“ Sonderregelungen gibt es nämlich bei Verkaufsstellen bestimmter Art, dazu zählen Zug- und Autobusbahnhöfe, Flughäfen und Schiffslandeplätze, Tankstellen und Gastronomie mit Nebenrechten.

Dammbruch befürchtet
Wenn der arbeitsfreie Sonntag zu einem ganz normalen Arbeitstag werden würde, dann sieht Gabriele Kienesberger weitgehende Konsequenzen für unsere Gesellschaft, denn: „Der Handel mit seinen rund 500.000 Beschäftigten ist Taktgeber unserer Gesellschaft. Die Öffnungszeiten an den sechs Arbeitstagen sind oft richtungsweisend für Arbeitszeiten in anderen Branchen. Wenn im Handel der freie Sonntag fällt, so ist mit einem Dammbruch in vielen anderen Branchen zu rechnen.“

Für die Gestaltung des Familienlebens würde ein verlässlicher Eckpfeiler wegfallen, und jeweils mühsame individuelle Vereinbarungen müssten für das Privatleben getroffen werden.
Dabei ist zu beachten, dass „Sonntagsöffnung nur eine Verlagerung des Umsatzes, aber keinen Zuwachs bedeuten würde. Konsument/innen haben nur eine begrenzte Menge Geld, das sie ausgeben können.“
Für die Vorliebe, Sonntagsshopping als sinnvolle Freizeitgestaltung zu verstehen, hat Gabriele Kienesberger wenig Verständnis, denn: „Wer dafür seine Sonntagsruhe opfern muss, ist dabei offenbar nicht von Belang."

Mehr Informationen unter
www.freiersonntag.at