Was Gabriel Orozcos Kunst so besonders macht? Nicht allein Themen, Technik oder Material. Nein, viel mehr ist es das Spiel mit Erwartungshaltungen, Traditionen und der Bruch mit Sehgewohnheiten.

Veronika Fehle

Eines ist klar, festschreiben lässt sich Gabriel Orozco nicht. Wobei man ihm natürlich gleichzeitig auch „vorwerfen“ könnte, dass das genau seinen Stil ausmacht. Objekte, Installationen, Tafelbilder und Skulpturen oder dann doch noch eine Fotografie - und so ist keine Situation, kein Gegenstand, kein Eindruck sicher vor dem Mexikaner, der 1962 in Jalapa (Bundesstaat Veracruz) geboren wurde und seine Arbeiten - nach New York, Basel, Paris und London - derzeit mit der Schau „Natural Motion“ auch im Bregenzer Kunsthaus zeigt.

Kunsthaus BregenzDie Natur der Geometrie

Die vier Geschosse des Kunsthauses stehen ihm dafür zur Verfügung und er versteht sie zu nutzen. Während er im Erdgeschoss das aus Kunstharz nachgebildete Gerippe eines rund 15 Meter langen Wals durch die Halle schweben lässt, entwickelt jedes weitere Geschoss durch die gezeigten Arbeiten einen ganz persönlichen Charakter. Immer ist da aber auch der Bruch mit dem Gewohnten bzw. dem Erwarteten. Ist da einerseits die Schönheit der scheinbar natürlichen Form des Wals, so überzieht Orozco diese andererseits mit strengen geometrischen Formen. Ist da das Abbild eines Autos, so verändert Orozco dessen Form so lange, bis sie verstört.
Das Spiel lässt sich auch in die andere Richtung spielen. Vor allem dann, wenn Orozco Motive zitiert, die zurückführen in die Kultur Mexikos.

Fährtenleser

All das ist Ausdruck jener Sensibilität, mit der Gabriel Orozco kulturellen und nationalen Zuschreibungen begegnet. Er ist der Seismograph, der die Schwingung aufnimmt, aufsplittet und neu zusammenfügt. Und darin liegt der Reiz. Man wird zum Fährtenleser der „Natural Motion“ (natürlichen Bewegung), spürt ihrer Herkunft nach und stolpert dabei über ihre Gegenwart.

„Natural Motion“ ist bis 6. Oktober im Kunsthaus Bregenz zu sehen.
Öffnungszeiten: bis 1. September täglich von 10 - 20 Uhr;
ab 1. September, Di - So von 10 - 18 Uhr und Do von 10 - 21 Uhr.
www.kunsthaus-bregenz.at