2. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B, 15. Jänner 2012. Wort zum Sonntag von Christian Öhler

Früher hat man im kirchlichen Bereich hinter jeder Hautfalte die Sünde gewittert. Heute wird in der Gesellschaft geradezu ein Kult getrieben um Fitness, Sex und fragwürdige Schönheitsideale. Beides dient nicht zum Heil. Paulus empfiehlt einen achtsamen Umgang mit dem Körper, weil er „ein Tempel der heiligen Geistkraft“ ist, die den Menschen von Gott gegeben ist. Dieser von Geistkraft bewohnte Körper kann tatsächlich der Schlüssel zum Heil im sorgsamen Umgang mit sich selber und mit anderen werden.

Evangelium

Johannes  1, 35–42

Am Tag darauf stand Johannes wieder dort, und zwei seiner Jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! Die beiden Jünger hörten, was er sagte und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister –, wo wohnst du? Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde. Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte (Christus). Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels (Petrus).

1. Lesung
1 Samuel  3, 3b–10. 19

Samuel schlief im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes stand. Da rief der Herr
den Samuel, und Samuel antwortete: Hier bin ich. Dann lief er zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen. Geh wieder schlafen! Da ging er und legte sich wieder schlafen. Der Herr rief noch einmal: Samuel! Samuel stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen, mein Sohn. Geh wieder schlafen! Samuel kannte den Herrn noch nicht, und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart worden. Da rief der Herr den Samuel wieder, zum dritten Mal. Er stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben gerufen hatte. Eli sagte zu Samuel: Geh, leg dich schlafen! Wenn er dich (wieder) ruft, dann antworte: Rede, Herr, dein Diener hört. Samuel ging und legte sich an seinem Platz nieder. Da kam der Herr, trat (zu ihm) heran und rief wie die vorigen Male: Samuel, Samuel! Und Samuel antwortete: Rede,
denn dein Diener hört! [. . .] Samuel wuchs heran, und der Herr war mit ihm und ließ keines von all seinen Worten unerfüllt.

2. Lesung
1 Korinther  6, 13c–15a. 17–20

Der Leib ist aber nicht für die Unzucht da, sondern für den Herrn, und der Herr für den Leib. Gott hat den Herrn auferweckt; er wird durch seine Macht auch uns auferwecken. Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? [. . .] Wer sich dagegen an
den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm. Hütet euch vor der Unzucht! Jede andere Sünde, die der Mensch tut, bleibt außerhalb seines Leibes. Wer aber Unzucht treibt, versündigt sich gegen den eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!


Wort zum Sonntag

Christian ÖhlerChristian Öhler

ist Pfarrer in Bad Ischl - St. Nikolaus und
Geistlicher Assistent der Katholischen Aktion OÖ.
Den Autor erreichen Sie unter
sonntag@kirchenzeitung.at



Bewohnte Körper

Paulus lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den Leib. Über ihn treten wir in Beziehung zur Mitwelt, er ermöglicht uns sinnliche Erfahrungen wie Sehen, Hören, Riechen, Tasten und Schmecken. Auch Schmerzen gehören dazu. Krankheit schlägt sich auf die Stimmung, schlechte Stimmung auf den Magen. Der ganze Mensch ist
gesund oder krank, nicht bloß Leib oder Seele.
Ich nehme Gesangsunterricht. Mein Instrument ist die Stimme. Schon bei den ersten Übungen wird deutlich, wie es um mich steht. Der Körper lässt sich nichts vormachen. Erst wenn ich gut geerdet bin und innerlich weit, wenn ich durchlässig bin und der Atem frei strömen kann, ist mein Instrument bereit. Der Leib macht seelische Vorgänge sichtbar und ist zugleich ein Instrument, mit dem wir unsere seelische Befindlichkeit beeinflussen können. „Caro cardo salutis“ formuliert der altkirchliche Autor Tertullian. Das Fleisch, der Leib (caro) ist die Türangel (cardo) unseres Heiles.

Vieles dreht sich um den Körper. Heute wird geradezu ein Kult getrieben um Fitness, Sex und fragwürdige Schönheitsideale. Früher hat man im kirchlichen Bereich hinter jeder Hautfalte
die Sünde gewittert. Beides dient uns nicht
zum Heil. Paulus empfiehlt einen achtsamen Umgang mit dem Körper, weil er „ein Tempel der heiligen Geistkraft“ ist, die wir von Gott erhalten haben. Wenn Gott meinen Körper bewohnt, dann gilt: „Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts beherrschen lassen“ (1 Kor 6, 12). Gewarnt wird vor „Unzucht“ (griechisch: porneia). Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt zutreffend mit beziehungslosem oder verantwortungslosem Sex. „Wer aber Sexualität
in Ungerechtigkeit praktiziert, sündigt gegen den eigenen Körper“ (6, 18). Im Gegensatz dazu ist der von heiliger Geistkraft bewohnte Körper tatsächlich der Schlüssel zum Heil im sorgsamen Umgang mit sich selber und mit anderen. Bin ich in meinem Körper zuhause? Wo erlebe ich mich als fremdbestimmt und möchte davon frei werden? Paulus fordert uns dazu auf, Gott mit unserem Körper zu loben? Was könnte das für mich bedeuten?

Zum Weiterdenken

Bin ich in meinem Körper zuhause? Wo erlebe ich mich als fremdbestimmt und möchte davon frei werden? Paulus fordert uns dazu auf, Gott mit unserem Körper zu loben? Was könnte das für mich bedeuten?