MMag. Dr. Regina Polak hat beim Herbstsymposion zu Wertewelt und Religion junger Menschen referiert. Wolfgang Ölz (KirchenBlatt-Redakteur) sprach mit ihr über das Glück der Jungen und eine kirchenfern aufgewachsene, an der Kirche interessierte Gruppe unter den Jugendlichen.

Die Wertestudie „Lieben, Leisten, Hoffen“ an der Sie maßgeblich mitgearbeitet haben, erinnert in der Überschrift an die theologische Trias „Lieben, Glauben, Hoffen“. Kann man salopp sagen, dass die Jugendlichen heute den Glauben durch Leistung ersetzen?
Nein. Diese Assoziation hatten wir selber nicht. Sie setzt voraus, dass irgendeine österreichische Generation jemals „Liebe, Glaube und Hoffnung“ an erster Stelle gehabt hat, aber das war nie so. Nur weil früher mehr Leute in die Kirche gegangen sind, hat es auch nicht mehr Christen gegeben. Der Glaube war sehr stark sozial und kulturell verwurzelt und hat soziale Zugehörigkeit gesichert, das ist jetzt nicht mehr der Fall und jetzt wird sichtbar, wie wenig die Leute inhaltlich, spirituell und religiös verwurzelt waren. Das halte ich auch für eine Chance, da sich die Kirche wieder mehr ihrer eigenen Wurzeln im Evangelium und der Tradition vergewissern soll und sich nicht mehr auf eine soziale und kulturelle Vormachtstellung berufen kann.

Wie kann die Kirche die Jugendlichen glücklich machen?
Glück ist keine Kategorie in der ich primär denke. Worum es eigentlich ginge ist es, einen Beitrag zu einem sinnerfüllten Leben zu leisten. Ich glaube nicht, dass die Kirche eine Bedürfnisanstalt ist, dass alle Menschen sich immer nur wohl fühlen. Christ sein hat auch eine Dimension des Leidens und des Schmerzes, nämlich an der Ungerechtigkeit der Welt, an Schwierigkeiten, die andere Menschen haben. Die Frage ist, was kann die Kirche für einen Beitrag leisten, dass junge Menschen ihren eigenen Lebensweg finden,  mit Schwierigkeiten umgehen können, eine Sinnverwurzelung haben, eine Identität entwickeln, Orientierung im Leben finden, selbstständig werden, mit der Freiheit umgehen können. Das kann man dann auch Glück nennen.

Wie sind Jugendliche heute religiös? Wie sind sie katholisch, wenn sie katholisch sind?
Das ist, wie alles andere auch, plural. So ist etwa die Frage nach Tod und Auferstehung für einen 17jährigen Jugendlichen weniger wichtig, als die Frage, wie funktioniert eine gute Beziehung. Es gibt eine Gruppe von Jugendlichen, die an den kirchlichen Raum anrühren, ohne eine klassische katholische Sozialisation zu haben. Diese Gruppe ist heute noch eine Minderheit, aber als solche können sie einen Zukunftstrend anzeigen. Bei unseren Studenten gibt es immer wieder junge Leute, die Theologie studieren, aber als Kind überhaupt nicht im katholischen Raum beheimatet waren. Durch die Begegnung mit einem Menschen, durch ein Buch, durch eine Erfahrung, haben diese Jugendlichen Interesse an der Kirche bekommen. Damit werden wir in Zukunft rechnen können, weil Jugendliche heute in dem Sinn nicht mehr antiklerikal sind. Im Gegenteil, es gibt sehr viele interessierte junge Leute, die nicht mehr eine besondere Form der katholischen Sozialisation mitbringen, aber was Sie mitbringen ist die religiöse Frage und das Interesse und da brauchen wir verstärkte Sensibilität, damit wir das wahrnehmen können.

Möchten Sie der Jugend im Land Vorarlberg eine Botschaft zurufen?
Ich wünsche den Jugendlichen grundsätzlich: Seids nicht so brav! Ich bin immer wieder sehr erstaunt, wie viel sich unsere jungen Leute gefallen lassen. Bei meinen Vorträgen sag ich dann immer extra provokante Sachen und dann denke ich mir immer, jetzt müssen die doch endlich etwas sagen, aber die schreiben dann brav alles mit. Ich finde, Sie sind zu brav. Seids nicht so brav!
(von Wolfgang Ölz, aus dem KiBlatt Nr. 37/2009)

Walter SchmollyWer ist am Zug?

von Dr. Walter Schmolly, Pastoralamtsleiter
walter.schmolly@kath-kirche-vorarlberg.at

Jugend und Kirche – einfach ist diese Beziehung nicht. Die Sorge über das Ausbleiben der Jugendlichen ist eine der drückendsten in vielen Pfarrgemeinden. Und angesichts der Ohnmacht, daran etwas zu ändern, verfällt man leicht ins Jammern. Darf auch sein, hilft aber nicht weiter. Was aber dann?
Das Symposion bot einer Gruppe von Jugendlichen die Möglichkeit, sich in 7 Szenen auf der Bühne zu artikulieren. Und siehe: Keiner der jungen Menschen ist wie der andere. Vieles und sehr Unterschiedliches ist ihnen wichtig. Gott, Glaube, Kirche sind Themen für sie, wenn auch kritisch und provokant – zum Glück – und für jede/n anders. War wirklich spannend, was die Jugendlichen zu erzählen hatten. Und unglaublich belebend. Eines ist allen klar geworden: Ohne Wertschätzung und das ehrliche Interesse an ihnen geht gar nichts.
Noch etwas hat sich gezeigt: In der Beziehung mit Jugendlichen ist man kontinuierlich angefragt und auch wirklich in Frage gestellt. Und es sind durchaus Fragen mit Gewicht. Da höre ich sie zwischen den Zeilen fragen: Wollt ihr uns wirklich bei euch haben? Wie viel traut ihr eurem Glauben eigentlich zu? Wo können wir die Alltagstauglichkeit eures Glaubens erleben? Wo wird dieser „politisch“, wo mischt er sich ein? Eigentlich hat das Symposion also von uns, den Erwachsenen, gehandelt. Muss wohl so sein, wenn sich in der Beziehung zur Jugend etwas tun soll.