Was ist eigentlich ein "Weltjugendtag" ? Von P. Andreas Fritsch FSO

Mitte der 80iger Jahre initiierte Johannes Paul II. die so genannten "Weltjugendtage". Nach der ersten, noch relativ kleinen Zusammenkunft in Rom trafen sich jugendlichen Pilger in Buenos Aires (1987), Santiago de Compostela (1989), Tschenstochau (1991), Denver (1993), Manila (1995), Paris (1997), Rom (2000), Toronto (2002), Köln (2005) und Sydney (2008). In Manila kam es mit 4 bis 5 Millionen Menschen zur größten Menschenansammlung. Das hatte die Welt noch nie gesehen. Der polnische Papst -  als "JP II" ein Superstar der Jugendlichen  - nannte die jungen Leute "meine Freude und mein Ehrenkranz" (vgl. Phil 4,1) und hatte die Begegnung Jesu mit einem jungen Mann (1), wie sie in den Evangelien geschildert ist, zum spirituellen Leitbild genommen. Er wollte die jungen Leute einladen, mit Jesus in Gespräch zu kommen und ihm die entscheidenden Fragen des Lebens anzuvertrauen (2).  In unseren Tages ist es sehr wichtig, dass junge Menschen besondere Zeiten, Räume und Gelegenheiten finden, die ihnen helfen, sich für Gott zu öffnen und auf das zu hören, was Jesus zu ihren Fragen, Sehnsüchten und Lebensentwürfen zu sagen hat. Die Weltjugendtage sind solche - eher "große" - Gelegenheiten.

Weniger medienwirksam und spektakulär sind die "diözesanen Weltjugendtage", die seit etwa zehn Jahren auch in unserer Diözese regelmäßig organisiert werden. Um den Palmsonntag oder auch zu Pfingsten, feiern da ‚vor der Haustür' sozusagen tausende Jugendliche mit ihren Jugend- oder Diözesanbischof. Es geht vor allem darum,  Raum zu schaffen, um im Gebet und Lobpreis, in der Feier der Eucharistie und auch im Sakrament der Versöhnung den "Saum des Gewandes Jesu" (Mk 5,28) zu berühren. Die Begegnung mit Christus in den Sakramenten der Kirche legt es darauf an: "Gottes Liebe kann ihre Kraft nur entfalten, wenn wir zulassen, dass sie uns von innen her verändert. Wir müssen sie die harte Kruste unserer Gleichgültigkeit, unserer geistlichen Trägheit und unserer blinden Anpassung an den Geist dieser Zeit durchbrechen lassen" sagte Papst Benedikt XVI. bei der Eucharistiefeier in Sydney, und über 100 junge Vorarlberger/innen waren dabei.

Was mit "Weltjugendtag" gemeint ist, hat viele Facetten, die in Wirklichkeit ein vielfarbiges Spektrum des Glaubens bilden: Er ist ein Fest der Gemeinschaft, der Glaubensimpulse, der Glaubenszeugnisse und der Solidarität. Das Erlebnis, nicht alleine auf dem Weg zu sein, dass es gar nicht so wenige sind, die die "Begegnung mit Christus" suchen und mit ihm "ins Gespräch kommen wollen" ist für fast alle bedeutsam. Nicht selten fühlen sich Jugendliche in den Pfarreien vereinzelt und nicht überall ist Begeisterung zu spüren. Die gemeinschaftliche Freude an Gott, dem Glauben und Gemeinschaft der Kirche wird spürbar und schlägt - wie auch bei anderen Jugendtreffen auch - Brücken über die Begrenzungen hinweg, stiftet Beziehungen und schenkt neuen Elan, sich zu engagieren.

Bei den Weltjugendtagen geben sich ganz neue Seiten des eigenen Lebens und Glaubens zu erkennen. Sich selber und seinen Glauben so kennen zu lernen heißt auch, bereit zu werden, jenen Rede und Antwort zu stehen, die uns nach der Hoffnung fragen, die uns erfüllt (1 Petr. 3,15). In den Katechesen, Workshops und Gesprächsgruppen stellen sich Bischöfe den konkreten Fragen aber auch das persönliche Zeugnis von anderen Jugendlichen oder Gästen verschiedener Konfessionen tun das ihrige. Diese Erlebnisse gehen oft tief und "bleiben einem hängen" und sie entsprechen durchaus den religiösen Bedürfnissen unserer Zeit, die mehr auf Zeugen als auf Lehrer hört, wie Paul VI. einmal sagte. Mir scheint, dass es auch unseren Pfarren und Gemeinschaften gut bekäme, sich ab und zu Raum zu schaffen, sich von Zeit zu Zeit für solche persönlichen Zeugnisse zu öffnen, die weniger belehren, sondern vielmehr mitzureißen vermögen.

Wer am Weltjugendtag teilnimmt und die geistliche Bedeutung erfahren hat, versteht sich nicht als Mitglied einer "geschlossenen Gesellschaft". Im Gegenteil: Die Einladung lautet, den Blick zu weiten und jene nicht zu vergessen, die es - auch unter den Jugendlichen (!) - schwer haben und Hilfe brauchen. Der übliche Solidaritätsbeitrag bei den Weltjugendtages bringt dies zum Ausdruck, wird er doch für Jugendlichen aus armen Ländern entrichtet oder durch Mitarbeit in sozialen Projekten vor Ort "abgearbeitet". Es wäre wünschenswert, dass dieser Brauch der Solidarität auch beim "kleinen" diözesanen Weltjugendtag noch sichtbarer werden zu lassen, etwa durch die konkrete Unterstützung hilfsbedürftiger Kinder oder Jugendlicher. Denn weder Weltjugendtage noch Jugendpastoral im Allgemeinen dienen nur zur persönlichen Erbauung, sondern sollen anspornen, tatkräftig am Kommen des Gottesreiches mitzuwirken.


(1) Mt 19,16-22, Mk 10,17-22, Lk 18,18-23.
(2) In seinem "Apostolischen Brief an die Jugend der Welt" von 1985

Zum Autor: P. Andreas Fritisch FSO ist Seelsorger in der Pfarrgemeinde St. Sebastian, Feldkirch-Gisingen.

Der Beitrag ist in der Jubiläumsausgabe des Vorarlberger KirchenBlattes (Nr. 49, 8. Dez. 2008) erschienen.