„Die Betroffenen arbeiten, ständig überwacht, sieben Tage die Woche in Zwölf-Stunden-Schichten, werden gering bis gar nicht entlohnt, nur notdürftig medizinisch versorgt, sind Demütigungen und Gewalt ausgesetzt“, schildern die Initiatoren einer Petition, die u.a. auch von der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö) oder der Dreikönigsaktion unterstützt wurde. 35.00 Unterschriften konnten nun an die Verantwortlichen übergeben werden, die gemeinsam gegen das „Sumangali-Scheme“ mobilisieren - und damit für tausende junge Frauen, die in der Textilindustrie ausgebautet werden.

35.000 Unterschriften sind eine ganze Menge - aber genau so viele ÖsterreicherInnen (und wahrscheinlich noch mehr) sind der Meinung, dass das Anliegen unterstützt werden muss. Unterschriften, die nun vom Leiter der Menschenrechts- und kfb-Partnerorganisation „Vaan Muhil“, Arockiasamy Britto, an den Arbeitsminister des Bundesstaates Tamil Nadu übergeben worden. Sie sind das Ergebnis einer Petition, mit der im Frühjahr 2014 die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö) gemeinsam mit der Clean Clothes Kampagne und weiteren  KooperationspartnerInnen  wie ÖGB, Katholische ArbeitnehmerInnenbewegung, Frauensolidarität, weltumspannend arbeiten, Dreikönigsaktion, Welthaus Graz und Linz gegen das „Sumangali-Scheme“ in Tamil Nadu mobilisiert haben.

Sumangali - glücklich verheiratete Frau
Bei dem „Scheme“ geht es um  Arbeitsverträge, die Mädchen und jungen Frauen versprechen, sich eine Mitgift und damit den Status einer „Sumangali“, einer „glücklich verheirateten Frau“, erwirtschaften zu können. Tatsächlich manövrieren sie die Betroffenen aber in ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse. „Es ist uns gelungen, im Zuge der Übergabe mit dem Arbeitsminister ausführlich zu sprechen “, so Menschenrechtsaktivist Britto,  „er hat sämtliche Anliegen unsererseits positiv aufgenommen“.

Mode vor Menschen
Rund 200.000 Frauen und Mädchen waren zum Zeitpunkt des Starts der Petition Opfer des „Sumangali-Schemes“ in Südindien.  Die Betroffenen arbeiten, ständig überwacht, 7 Tage die Woche in 12-Stunden-Schichten, werden gering bis gar nicht entlohnt, nur notdürftig medizinisch versorgt, sind Demütigungen und Gewalt ausgesetzt. In Indien selbst gibt es dagegen nur wenig Protest aus der Zivilgesellschaft oder von staatlichen Instanzen. Ihnen sind laut der Menschenrechtsorganisation „Vaan Muhil“ die Interessen der Unternehmen wichtiger als die Rechte der ArbeiterInnen. Mit den Garnen aus den Spinnereien, in denen die Mädchen und Frauen schuften, wird eine Vielzahl von Modelabels auf dem europäischen und internationalen Bekleidungsmarkt versorgt.

Aktiv gegen "Sumungali-Scheme"
In der Petition, die dem Arbeitsminister von Tamil Nadu nun übergeben wurde, wird die Regierung des Bundesstaates aufgefordert, für eine kontinuierliche Überwachung der Situation in Textilfabriken und Spinnereien zu sorgen, die aktuelle Gesetzeslage hinsichtlich der Anstellung von Mädchen als Lehrlinge umzusetzen, sicherzustellen, dass Arbeiterinnen über 18 Jahre in geregelte Anstellungsverhältnisse übernommen werden und Kinderarbeit verhindert wird. Der Arbeitsminister, P. Mohan, gab im Gespräch mit Aktivist Britto allerdings zu bedenken, dass die Bereitwilligkeit vieler Eltern, ihre Töchter in die Fabriken zu schicken, es der Regierung schwer mache, einzuschreiten.  Einen Beitrag zur Aufklärung schafft in diesem Zusammenhang auch eine kritische Medienberichterstattung in Tamil Nadu, die im Fall der Unterschriftenübergabe deutlich zu registrieren war.

Das Bewusstsein der ÖsterreicherInnen
Die Erwartungen der Organisationen, die die Petition in Österreich getragen haben,  wurden mit 35.000 UnterzeichnerInnen  weit übertroffen. Das Ergebnis der Kampagne hat nach Ansicht von Veronika Pernsteiner, stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs und Verantwortliche für die Aktion Familienfasttag, gezeigt, dass es der österreichischen Bevölkerung ein Anliegen ist, Kleidung zu kaufen, die nicht auf unfairen Arbeitsbedingungen von ArbeiterInnen im Süden basieren. In der Bekleidungsbranche in Österreich hingegen scheint das Bewusstsein für das Thema  wenig ausgeprägt zu sein.

Hintergrundinformationen
Bericht "Flawed Fabrics" von SOMO