Der Sterbeforscher Bernhard Jacoby spricht im KBW Übersaxen am Montag, 23. März, 19.00 Uhr über die inneren Sterbephasen und über Zugänge, die die Begleitung von Sterbenden erleichtern können.

Die Frage des Fortlebens nach dem Tod hat die Menschheit schon immer beschäftigt. Sie ist bis heute umstritten, da unser vorherrschendes, wissenschaftliches Paradigma besagt, dass unser Bewusstsein ein Produkt des Gehirns ist. Beim Tod des Menschen versinkt dieses ins Nichts.
Gegen diese Annahme sprechen die Erkenntnisse der modernen Sterbeforschung. Erst unlängst kam der holländische Kardiologe Pim van Lommel nach einer zehnjährigen Studie über Nahtoderfahrungen zu dem Schluss, dass die vorliegenden Forschungsergebnisse zeigen, dass Bewusstsein unabhängig vom Körper existiert. Sobald die Seele den Körper verlässt, ist sie unabhängig von Raum und Zeit. Sie kann sich überall dort aufhalten, woran sie gerade denkt. Die Existenz dieser Bewusstseinsreisen wurde in den letzten Jahren weltweit verifiziert. Nach medizinischer Darstellung verfügt der Mensch, der sich während des klinischen Todes an einem bestimmten Ort befindet, weder über Bewusstsein noch Selbstbewusstsein. Millionen von Menschen mit Nahtoderfahrungen berichten aber über reale Ereignisse während ihres "Todes", die auch nachprüfbar sind. Es zeigte sich, dass bestimmte Merkmale und Phänomene wie in den Nahtoderfahrungen auch beim Sterben des Menschen sichtbar werden: Wir erleben uns außerhalb des Körpers, erleben eine Bewusstseinserweiterung beim Übergang durch den Tunnel oder die Dunkelheit ins Licht, sind nun imstande, die uns umgebende geistige Welt zu sehen, begegnen Verstorbenen und erleben einen Rückblick auf unser Leben.
Durch das heutige Wissen darüber, können wir mit dem Sterben eines Angehörigen besser umgehen. Ich möchte daher die fünf inneren Sterbephasen erläutern und Hinweise geben, wie wir unsere Hilflosigkeit in der Sterbebegleitung überwinden können.
Sterbebettvisionen finden sich im Schrifttum aller Zeiten und Kulturen. Am Ende unseres Lebens löst sich die Seele als Träger des Bewusstseins langsam vom Körper und ist dadurch imstande, die sie umgebende feinstoffliche Welt wahrzunehmen. Durch diese Lockerung des Bewusstseins sind alle auftretenden Phänomene beim Sterben erklärbar. Leider werden sie in den Krankenhäusern und Pflegeheimen immer noch als Halluzinationen oder Verwirrung abgetan.
Hier nun ein typisches Beispiel: "Mein Vater, 84, wusste nach einer schweren Herzoperation, dass er sterben muss. Er war in einer sehr deprimierten und hoffnungslosen Stimmung. Ich ging jeden Tag zu ihm ins Krankenhaus. Eines Tages bemerkte ich, wie seine Augen anfingen zu leuchten. Er hob seine Arme auf ein imaginäres Ziel hin, als ob er jemanden empfangen wollte. Behutsam fragte ich ihn, ob er jemanden sehe. Mein Vater antwortete mit einer Freude und Seligkeit: ›Die Mama ist da. Sie will mich abholen.‹ Er war zum ersten Mal wieder glücklich und zufrieden. Nur eine Stunde nach dieser Erscheinung meiner Mutter starb er friedlich."

 
1. Die erste Lockerung der Seele - Schwebezustand

In der ersten Phase des einsetzenden Sterbeprozesses kann der Betroffene sein Bett nicht mehr eigenständig verlassen. Die Erdung lässt nach, und die Waage zwischen Leben und Tod beginnt zu schwingen. Dadurch kommt es zu einer ersten sanften Lockerung zwischen Körper und Seele. Wir fühlen uns leichter als sonst und erleben Schwebezustände zwischen Traum, Schlaf und Wachbewusstsein.

 
2. Die Konfrontation mit den verdrängten Problemen

In der zweiten Phase treten die Bilder des Lebens an die Oberfläche des Bewusstseins. Der Patient möchte mit sich ins Reine kommen und versucht, Unerledigtes zu klären. Als Begleiter können wir ihn dabei unterstützen, indem wir direkt fragen, ob es noch Dinge gibt, die noch bereinigt werden sollen. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, den Sterbenden sprechen und weinen zu lassen. Erlauben Sie, dass er offen seine Gefühle ausdrückt, selbst wenn er verzweifelt oder depressiv ist. Es ist traurig, alles, was im Leben wichtig war, hinter sich zu lassen. Das ist die Leistung, die jeder Sterbende erbringen muss. Beziehen Sie auch einen komatösen Patienten in Gespräche ein und bedenken Sie, dass er sie möglicherweise hört.
In seinem Inneren nimmt der Sterbende bereits den ersten Kontakt mit der anderen Welt auf. Patienten sprechen davon, verstorbene Verwandte oder Lichtgestalten wahrzunehmen. Häufig wird auch von einem Gefühl zu schweben berichtet, ähnlich den außerkörperlichen Erfahrungen. Je mehr ein Sterbender sich von seinem Körper löst, desto intensiver geht sein Bewusstsein auf Reisen und teilt sich anderen mit.
Das ist dann auch der Grund dafür, dass sich ein Sterbender genau in dem Augenblick geht, in dem ein Begleitender nur kurz den Raum verlässt. Deshalb brauchen wir aber später keine Schuldgefühle zu haben, da ein Sterbender genau fühlt, ob er in der Gegenwart eines bestimmten Menschen loslassen kann oder nicht.
Die Wahrnehmung des Patienten verändert sich. Er erlebt nun Dinge gleichzeitig. Er spricht mit real anwesenden Personen und bezieht sich andererseits auf nur für ihn sichtbare Verstorbene. Manche greifen mit den Händen auf ein imaginäres Ziel hin, andere starren mit erstaunten und glänzenden Augen auf eine weiße Wand.
Der einfache Satz "Du darfst gehen" kann es dem Sterbenden unendlich leicht machen zu gehen, weil loslassen signalisiert wird. In Todesnähe sollte alles Beschönigende und Äußere keinen Raum mehr haben. Es ist die letzte Möglichkeit, Unerledigtes zu klären oder offen über den nahenden Tod zu sprechen. Auch jegliche Hektik und unnützes Tun ist unangebracht. Der Sterbende braucht Ruhe und Stille, um seinen Übergang in Frieden vollziehen zu können.

 
3. Das letzte Aufgebot der physischen Reserven - Bewusstseinserweiterung

In der dritten Phase wird das letzte Aufgebot der physischen Reserven erlebt. Der Sterbende nimmt normalerweise keine feste Nahrung mehr zu sich. Wenn nun künstlich in den Sterbeprozess eingegriffen wird, kann das zu Lasten des Patienten das Sterben unsäglich verlängern. Dies ist die Phase, in der das letzte Aufblühen registriert wird. Bei manchen verläuft diese Phase sehr sanft, bei anderen wird Schreien, Stöhnen und Sich-Aufbäumen beobachtet. Das hängt aber mit den Ablösungsbemühungen der Seele vom Körper zusammen. Durch die sich verstärkende Lockerung vom Körper werden nun Dinge der geistigen Welt gesehen. Es kann zu einer Verschmelzung mit dem Licht kommen, oder es werden paradiesische Landschaften wahrgenommen. Die Tore zum Jenseits sind geöffnet. Im Außen erkennen wir diese Vorgänge am veränderten Augenausdruck des Sterbenden. Sie sind groß, glänzend und von einem inneren Licht erhellt.
Der eigentliche Tod kann sich aber durchaus noch hinziehen. Nach diesem letzten Aufbäumen tritt Ruhe ein.

 
4. Der Augenblick des Todes

In der vierten Phase kommen alle Körperfunktionen zur Ruhe, und das Ende des Sterbeprozesses durch den letzten Herzschlag und den letzten hörbaren Atem setzt ein. Der Sterbende zieht nun seine Aufmerksamkeit endgültig aus dem Außen zurück und richtet sie vollständig auf die andere Realität des Seins.
Das ist der eigentliche Moment des Todes: Das Sterben ist vollbracht. Der Verstorbene ist nun von Frieden und Lichteindrücken erfüllt. Er sieht und hört alles, was an seinem Sterbebett geschieht. Im Raum ist eine erhöhte Energie spürbar. Manche Sterbebegleiter berichten auch von auftretenden Lichtphänomenen.
Der Todesmoment eines Menschen wird von einer Vielzahl auftretender Phänomene begleitet. Durch die definitive Freisetzung des Bewusstseins erfährt der Verstorbene die Grenzenlosigkeit des Seins. Er kann sich nun überall aufhalten, wo es ihm beliebt, und je nach Vermögen sich den Hinterbliebenen mitteilen. Wenn ein Verstorbener an einen bestimmten Angehörigen denkt, befindet er sich unmittelbar in dessen Gegenwart. Deswegen berichten so viele Menschen davon, im Augenblick des Todes die Anwesenheit des Sterbenden gespürt zu haben. Es wird immer wieder von Klopfgeräuschen berichtet, von sich bewegenden Gegenständen oder von der Wand fallenden Bildern, stehengelieben Uhren im Todesmoment oder sogar konkreten Erscheinungen.
Nach dem Tod sollte dafür gesorgt werden, dass der soeben Verstorbene nicht sofort ins Kühlhaus gebracht wird. Ein bis zwei Stunden Aufschub können bewirken, dass die letzten Schritte der Ablösung in Ruhe und Frieden geschehen. Der Ablösungsprozess braucht seine Zeit, weil im Organismus zwar die Hauptlichter ausgegangen sind, aber nun noch in den feinen Bereichen sozusagen die kleinen Lämpchen ausgeschaltet werden.

 
5. Der Vorgang der Loslösung vom Körper

Die vierte Phase mündet dann in die fünfte Phase, wobei diese Übergänge wie gesagt immer fließend verlaufen. Das feinstoffliche Band der Silberschnur, die Körper und Geist zusammenhielt, ist nun endgültig durchtrennt.
Von der Existenz der Silberschnur ist schon in der Bibel die Rede (Kohelet bzw. Prediger 12.6-7). Das Wissen von der Silberschnur war schon im Altertum bekannt. Erst wenn diese endgültig gerissen ist, kann die Seele nicht mehr in ihren materiellen Körper zurückkehren. Da sich die kleinen Fädchen der Silberschnur nur langsam lösen, entsteht häufig der Eindruck, im Körper sei noch ein Fünkchen Leben. In Wirklichkeit befindet sich die Seele noch in der Nähe des Körpers. Diese letzte Phase des Sterbeprozesses ist dann abgeschlossen, wenn der Restkontakt zum Körper gelöst ist. Dann stellt sich der Eindruck ein, dass wir nur noch eine leere Hülle vor uns haben. Der Verstorbene ist nun körperlos, und es existiert für ihn keine Raum-Zeitbegrenzung mehr. Er fühlt sich ganz und heil.
Die Seele erlebt nun eine Ruhepause, um sich an die Gegebenheiten der geistigen Welt anzupassen und zu gewöhnen. In dieser Orientierungsphase erkundet sie ihre neue Umgebung und wird von vorangegangenen Verstorbenen in Empfang genommen. Sie versucht nach Möglichkeit, den Hinterbliebenen Trost zu spenden. Dann erst setzt die Arbeit an der Seelenqualität ein.