So gut wie jeder kennt wahrscheinlich den Satz von Kardinal Franz König: "Menschen sollen an der Hand eines anderen Menschen sterben und nicht durch die Hand eines anderen Menschen", der im Zusammenhang mit Sterbehilfe gerne verwendet wird. Eine verfassungsmäßiges Verbot eben dessen sowie einen Ausbau der Palliativmedizin fordert nun eine neue, von Politikern und Vertretern der Kirche getragene Initiative.

In manchen Ländern wie Belgien, den Niederlanden und Luxemburg ist sie erlaubt, in anderen liegt sie irgendwo in einer Art Grauzone oder ist komplett verboten. Die Sterbehilfe - egal ob aktiv oder passiv- bietet immer wieder Anlass zu Diskussionen. Und auch jetzt ist sie in Österreich wieder Thema. Anlass bietet eine neue, von Politikern und Vertretern der Kirche getragene Initiative, die für ein verfassungsmäßiges Verbot der Sterbehilfe und einen Ausbau der Palliativmedizin wirbt. 

Ein Recht auf Leben und Sterben in Würde
"In Österreich verankern wir nun den Tierschutz als Staatszielbestimmung, was durchaus begrüßenswert ist. Aber wo bleibt die Menschenwürde?", fragte ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg und forderte gemeinsam mit weiteren Vertretern aus Politik, Gesellschaft und Kirche im Rahmen einer Pressekonferenz Festschreibung der Menschenwürde in der Verfassung. "Das Recht auf Leben und Sterben in Würde und das Verbot der Tötung auf Verlangen soll verfassungsrechtlich abgesichert werden." Ein Grundsatzpapier gegen die Sterbehilfe und für den Ausbau palliativer Pflege und Hospiz sei bereits verfasst. Es soll dieser Tage an den Koalitionspartner weitergegeben werden - Huainigg hofft auf eine Einigung noch diese Legislaturperiode.

Gatterer und Virt
Konkret macht sich die Initiative für den Ausbau von Palliativmedizin und Palliativpflege sowie für eine Verankerung der Menschenwürde in Artikel 7 der österreichischen Bundesverfassung stark. Eine wesentliche Grundlage der Initiative ist der sogenannte "Gatterer-Bericht" und die im Juni 1999 im Europarat beschlossene Empfehlung 1418 zum Schutz der Würde Sterbender. Der von den 47 Mitgliedsstaaten des Europarates mehrheitlich angenommene Bericht entstand aus einer Initiative der österreichischen Abgeordneten Edeltraud Gatterer und des Wiener Moraltheologen und ehemaligen Mitglieds der Bioethikkommission Günter Virt, der die Europarats-Recommendation 1418 ausarbeitete.

Drei wichtige Punkte
An zentraler Stelle (Artikel 9) halte die Empfehlung drei Punkte fest: "Erstens die Stärkung der Palliativmedizin und -pflege unter den Bedingungen der Hospiz. Zweitens die Stärkung des Patientenwillens durch die Rechtsform der Patientenverfügung, so dass es keine Behandlung gegen den Willen des Patienten geben darf. Und drittens die deutliche Absage an eine Tötung auf Verlangen", so Virt bei der Pressekonferenz.

Aktive und passive Sterbehilfe
Der Wunsch nach Tötung könne niemals Rechtfertigung sein, jemanden zu töten. "Genauso kann auch der Wunsch nach Folter niemals Rechtfertigung sein, jemanden zu foltern", erläuterte der Moraltheologe. Das Wort "Sterbehilfe" sei hier missverständlich. Denn "aktive Sterbehilfe" bedeute eine intentionale Tötung durch den Arzt, der entgegen seines Berufsethos nach der Maxime handeln würde: "Du sollst tot sein und zwar sofort", so Virt. Die sogenannte "passive Sterbehilfe" sei in Wahrheit ein Zulassen des Sterbeprozesses, der auf Wunsch des Patienten nicht künstlich verlängert werde: "Hier geht es um den Respekt vor dem zu Ende gehenden Leben, nicht um medizinisch-technische Beherrschung".

Stärkung der Autonomie Schwerkranker und Sterbender
Nicht nur die verbindliche Patientenverfügung, deren rechtliche Verbindlichkeit an die protokollarische Form und eine ausreichende inhaltliche Konkretion gebunden ist, auch die beachtliche Patientenverfügung sei bereits ein wichtiges Mittel zur Stärkung der Autonomie Schwerkranker und Sterbender. "Im Jahr 2009 wurden in Wien rund 500 verbindliche Patientenverfügungen gesetzt, keine geringe Zahl, aber immer noch zu wenig", so Huainigg.

Entfällt der Wunsch nach Tötung?
"Nach fast 15 Jahren des Bekenntnisses zur Menschenwürde im Europarat und eines seit 2001 bestehenden Allparteienkonsenses zum Verbot aktiver Sterbehilfe und Förderung der Hospizbewegung sollten diese Anliegen nun in die Verfassung festgeschrieben werden", forderte auch die ehemalige Nationalratsabgeordnete Edeltraud Gatterer. Das Recht des Menschen auf Leben brauche rechtliche Verankerung, zugleich auch den Ausbau gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. "Bei einer adäquaten Begleitung und Betreuung entfällt zumeist der Wunsch des Patienten nach Tötung", so Huainigg.

Hospiz bedeutet...
"Auch wenn in der Hospizversorgung in Österreich bereits viel geschehen ist, flächendeckend ist sie noch nicht", sagte Robert Oberndorfer, Geschäftsführer von Caritas Socialis (CS). Lag der Fokus der Hospiz zunächst auf Krebspatienten in ihren letzten Lebenswochen, sei die medizinische, pflegende und psychosoziale Hospiz mittlerweile auf alle Situationen des Sterbens als Lebensphase ausgeweitet worden. "Hospiz bedeutet nicht nur elementare Palliativversorgung, sondern das Eingehen auf Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen", so Oberndorfer.

Zweckgebundener Zuschuss für Hospiz
Mit Spenden allein könnten die Hospizdienste nicht aufrecht erhalten werden, es brauche vielmehr eine strukturierte Finanzierung, forderte der CS-Geschäftsführer. Ein Ausbauplan sei dazu zwar vorhanden, es fehle aber teils noch an der Umsetzung. Im Ministerrat wurde nun in der Vorwoche ein zweckgebundener Zuschuss für die mobile Hospiz- und Palliativbetreuung im Pflegefondsgesetz beschlossen: Für das Jahr 2015 soll dieser Zuschuss 300 Millionen, für 2016 soll er 350 Millionen Euro betragen. Förderbar werden auch stationäre Kinder-Hospizdienste, was bislang weitgehend privat zu zahlen war.

Langfristiges Ziel müsse die Regelfinanzierung für die Hospizdienste sein, so Oberndorfer und Huainigg. Außerdem bestünden Versorgungslücken in der Kinderrehabilitation, etwa nach schwerer Erkrankung oder bei psychischen Problemen.  (red/kathpress)