... dann sind wir menschlich mitten in der Nacht angekommen. Mit diesen Worten verurteilte Erzbischof Heiner Koch die jüngsten Anschläge auf eine Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau. Zahlreiche Politiker und Bischöfe fanden ähnlich scharfe Worte.

Hochrangige Vertreter aus Kirche und Politik haben die gewaltsamen, rassistischen Ausschreitungen vor einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau scharf verurteilt. Der bisherige Bischof von Dresden-Meißen, Erzbischof Heiner Koch, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Dass Steine und Brandsätze fliegen und Flüchtlinge nur über Umwege erst um Mitternacht bei uns ihre Unterkunft erreichen können, zeigt, dass wir menschlich mitten in der Nacht angekommen sind." Er habe Verständnis für manche Anfrage an die gegenwärtige Flüchtlingspolitik, aber das unsolidarische Verhalten Europas sei "eine Zumutung", so der neue Berliner Erzbischof.

Der künftige evangelische Landesbischof von Sachsen, Carsten Rentzing, sagte der "Welt", die Kirche müsse sich klar von und Fremdenfeindlichkeit abgrenzen und scharf dagegen protestieren. "Ich werde als Landesbischof alles dafür tun, dass sich unsere Landeskirche auch weiterhin klar gegen Ausländerfeindlichkeit stellt und offen für Flüchtlinge bleibt", so Rentzing, der sein Amt am 29. August in Dresden antritt.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) verurteilte die Krawalle und kündigte die Anwendung der "gesamten Härte des Rechtsstaates" an. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte: "Wir dürfen niemals tolerieren, dass Menschen in unserem Land bedroht oder angegriffen werden. Dagegen müssen wir mit aller Härte des Rechtsstaates vorgehen."Gegenüber Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gelte "null Toleranz."

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kritisierte die fremdenfeindliche Demonstration in Heidenau wie in anderen Städten: "Besorgte Menschen" versammelten sich dort hinter Nazis und "Rattenfängern".

In der Nacht zu Samstag war eine von der NPD organisierte Demonstration mit anfänglich 1.000 Teilnehmern in der Kleinstadt bei Pirna eskaliert. Die Polizei musste mit Pfefferspray gegen die rund 600 Demonstranten vor einer provisorischen Asylunterkunft vorgehen. Laut Polizei bewarfen Störer die Beamten mit Steinen, Flaschen und Böllern. Es habe Verletzte auf beiden Seiten gegeben, darunter 31 Polizisten, einer davon schwer. Insgesamt waren 136 Beamte im Einsatz, so die Polizeidirektion Dresden.

Mehrere Busse mit Flüchtlingen musste zunächst umgeleitet werden. Gegen ein Uhr nachts konnten die ersten Asylsuchenden ihr neues Quartier beziehen. In dem ehemaligen Baumarkt sollen künftig bis zu 600 Menschen unterkommen.

Am Samstagabend war es abermals vor dem Notquartier zu Krawallen gekommen. Rechte Demonstranten warfen Bierflaschen und Böller auf Polizisten. Die Polizei ging mit Schutzschilden gegen die Krawallmacher vor und räumte die Straße, zwei Beamte wurden verletzt.

kathpress