Seit 2005 ist der 27. Jänner der "Internationale Holocaust-Gedenktag". Kritik: In Österreich merkt man viel zu wenig davon, auch von den Kirchen wird mehr für Erinnerungskultur verlangt

Wien (KAP) In Österreich merkt man viel zu wenig davon, dass am 27. Jänner der Holocaust-Gedenktag begangen wird. Das hat Prof. Helmut Nausner, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, kritisch bemerkt.

"Mir kommt fast vor, dass die Frage nach der Shoah, der geplanten Vernichtung des europäischen Judentums, gerne verdrängt wird", so Nausner am Dienstag wörtlich im Gespräch mit dem "Pressedienst der Erzdiözese Wien". Auch die Kirchen würden viel zu wenig unternehmen, um an diesen Tag zu erinnern. Er fördere jedenfalls alle Bemühungen, eine "Kultur des Erinnerns" zu etablieren, so Nausner.

Am 27. Jänner 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. Seit 2005 ist dieser Tag der "Internationale Holocaust-Gedenktag", ausgerufen von der UNO-Generalversammlung.

Für Prof. Martin Jäggle, den Vizepräsidenten des Koordinierungsausschusses (und Dekan der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät), geht es nicht nur um Gedenken, sondern um Erinnern: "Erinnern heißt Vergegenwärtigen, damit sich eine andere Zukunft ergibt. Eine Zukunft, in der so etwas wie der Holocaust nicht mehr möglich ist." Bedauerlicherweise sei die Erinnerung an den Holocaust noch immer nicht "lebendiger Bestandteil des kirchlichen Alltags".

Jäggle: "Wenn wir keine gemeinsame 'Kultur des Erinnerns' haben, haben wir keine Chance auf ein gemeinsames Europa." An der Universität Wien gebe es bereits interdisziplinäre Gruppen, die sich mit dem Thema Erinnerung auseinandersetzen. Die Geschichte Europas, vor allem die Durchsetzung der Menschenrechte, rückten dabei in den Mittelpunkt.

Papst erinnert an Auschwitz-Befreiung vor 65 Jahren

Papst Benedikt XVI. hat anlässlich des Holocaust-Gedenktags an die Gräuel der Konzentrationslager und das Drama der Judenvernichtung erinnert. "Möge Gott die Herzen und den Verstand erleuchten, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederholt", sagte er in einem Appell bei seiner Generalaudienz am Mittwoch im Vatikan. Die Erinnerung an die Shoah müsse eine ständige Mahnung an die Würde des menschlichen Lebens sein, so der Papst.

Die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 65 Jahren - am 27. Jänner 1945 - sowie die Berichte der Überlebenden hätten gezeigt, "zu welchen abscheulichen Verbrechen der menschenverachtende Größenwahn und Rassenhass der Nazi-Ideologie in Deutschland" geführt habe, führte der Papst aus: "Das Gedenken an diese Taten, insbesondere die Tragödie der Shoah am jüdischen Volk, wie auch das Zeugnis all jener, die sich unter Einsatz ihres Lebens diesem Wahnsinn widersetzt haben, gemahnt uns stets auf neue an den absoluten Respekt vor der Würde der Person und des menschlichen Lebens." Alle Menschen eines jeden Volkes und jedes Kontinents sollten sich als "eine einzige große Familie" verstehen, sagte Benedikt XVI.

Im theologisch-katechetischen Teil seiner Audienzansprache ging Benedikt XVI. auf den Hl. Franz von Assisi ein. Dieser sei eine der herausragendsten Gestalten der Kirchengeschichte gewesen.

(Quelle: Kathpress)

Link-Tipps
_ Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit
_ Wikipedia-Eintrag zum Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau