Von einer Vereinheitlichung und Vereinfachung ist die Rede, von einem klaren Konzept und der Schaffung von 35.000 neuen Kinderbetreuungsplätzen für Unter-Dreijährige. Dass es auch Verlierer geben wird, streiten Arbeiterkammer (AK) und Industriellen­vereinigung (IV) nicht ab. Der Vorarlberger Familienverband hat die Verlierer bereits in Mehrkindfamilien und Familien mit älteren Kindern geortet und spricht sich gegen sie aus: die "Familienbeihilfe Neu".

Vorweg die gute Nachricht
Österreich liegt mit den Ausgaben für Familien weit über dem OECD-Schnitt. Trotz der hohen Kosten sei aber das Ergebnis in Hinblick auf Geburtenrate und Frauenbeschäftigung nicht entsprechend, erklärte IV-Präsident Veit Sorger die Initiative. Zudem seien die Familienleistungen sehr komplex. Die Lösung liegt für AK und IV auf der Hand: Eine Familienbeihilfe Neu. Diese soll den Ausbau der Betreuungsplätze beschleunigen und  gleichzeitig Einsparungen von rund 100 Mio. Euro ermöglichen. Klingt utopisch? AK-Präsident Herbert Tumpel und IV-Präsident Veit Sorger rechnen vor:

Ein Konzept, drei Schwerpunkte
Grob gesagt, sollen die Geld- und Steuerleistungen zu einer einzigen "Familienbeihilfe Neu" zusammengeführt werden.  Zusätzlich würde es zweckgebundene Gutscheine und einen Ausbau der Kinderbetreuungsplätze geben. Im Detail enthält das Konzept also drei Schwerpunkte:

"Familienbeihilfe Neu"
Geld- und Steuerleistungen sollen, wie bereits erwähnt, zusammengeführt werden.  An ihre Stelle würde- unabhängig von der Zahl und vom Alter der Kinder - eine einzige "Familienbeihilfe Neu" treten. Dazu zählen neben Familienbeihilfe (inkl. Schulstartgeld) auch der Kinderabsetzbetrag, der Mehrkindzuschlag sowie der Alleinerzieherabsetzbetrag (inkl. Kinderzuschläge). Demnach gibt es für jedes Kind 210 Euro pro Monat. Eltern von behinderten Kindern bekommen zusätzlich 140 Euro und Alleinerziehende 50 Euro monatlich. Die Kosten würden sich laut Sorger auf 4,8 Mrd. Euro belaufen.

Die Gutscheine
Weiters würden bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres zweckgebundene, nicht übertragbare Gutscheine in der Höhe von 35 Euro monatlich pro Kind (zwölfmal im Jahr) ausgegeben werden. Diese können entweder gebündelt, oder nach und nach eingelöst werden - beispielsweise für Kinderbetreuung, Nachhilfe, Nachmittagsbetreuung,  Musikausbildung oder Skikurse.  Die Kosten hierfür lägen laut Sorger bei rund 420 Mio. Euro.

Kinderbetreuungsplätze
Last but not least soll der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen rasch gedeckt werden. Ziel sei hierbei eine Schaffung von 35.000 neuen Plätzen für Unter-Dreijährige binnen vier Jahren, eine Verbesserung der pädagogischen Qualität und die Erweiterung der Öffnungszeiten von weiteren 70.000 Plätzen. Tumpel fordert 100 Mio. Euro mehr für die Kinderbetreuung  - so könnten nicht nur mehr als 10.000 Arbeitsplätze in der Kinderbetreuung selbst geschaffen werden, sondern es gäbe auch positive Effekte auf die Frauen-Berufstätigkeit.

Familienverband ist dagegen
Soweit das Konzept auf dem Papier. Kritische Stimmen wie der Vorarlberger Familienverband sprechen sich jedoch gegen die "Familienbeihilfe Neu" aus. „Selbstverständlich ist jeder Vorschlag, der zu einer Vereinfachung und besseren Transparenz bei der Auszahlung von Familienleistungen führt, positiv. Aber Vereinfachung darf nicht be­deuten, dass Mehrkindfamilien und Eltern mit älteren Kindern zu den Verlierern zählen, wie es beim Modell der AK und der IV der Fall ist “, erklärt der Obmann des Vorarlberger Familien­verbandes, Mag. Andreas Prenn.

Familien müssen steuerlich mehr entlastet werden
Wenn man sämtliche Leistungen für Familien zusammenzähle, belege Österreich laut der im April 2011 veröffentlichten OECD-Studie über Familienleistungen ohnehin nur den 16. Platz. Besonders gering falle hierzulande die steuerliche Berücksichtigung von Familien aus. „Eine Abschaffung des Kinderfreibetrages und der steuerlichen Absetzbarkeit der Kinder­betreu­ungskosten, wie von der AK und der IV nun vorgeschlagen, ist vollkommen inakzep­ta­bel“, so Prenn. Genau das Gegenteil müsse der Fall sein: "Familien müssen nach einem ein­fachen und treffsicheren Modell steuerlich weit mehr entlastet werden, als dies bisher der Fall ist.“