Der erste Fall aktiver Sterbehilfe bei einem Minderjährigen in Belgien stieß in ganz Europa auf viel Protest und Empörung. Diese Entscheidung wende sich "gegen die Empfindungen aller Religionen", erklingt es im Radio Vatikan durch Kardinal Elio Sgreccia. Auch Familienbischof Klaus Küng warnt, das Vorgehen öffne Türen "in eine erschreckende Richtung".

Zu den Geschehnissen

Zum ersten Mal war ein Minderjähriger mit medizinischer Hilfe gestorben, so hieß es in einer Kundgebung am Samstag. Das bestätigte auch der Vorsitzende der staatlichen Sterbehilfe-Kommission, Professor Wim Distelmans. Alles sei regelkonform abgelaufen, der Patient war den Angaben zufolge todkrank, weitere Details wurden allerdings nicht genannt. Damit hätten Ärzte erstmals die gesetzlich erlaubte Sterbehilfe für Minderjährige angewandt.

Aktive Sterbehilfe in Belgien

Gerade das belgische Sterbehilfe-Gesetz gilt als besonders liberal. Ab 2002 erlaubt es Ärzten die aktive Sterbehilfe, sprich, die Tötung auf Verlangen von erwachsenen, unheilbar kranken Patienten, sofern Mediziner ihnen unerträgliche Leiden bescheinigen. Damit ist Belgien neben den Niederlanden das erste Land weltweit, das die aktive Sterbehilfe legalisiert. Anfang 2014 dehnte das Parlament das Gesetz allerdings auch auf Minderjährige aus. Der ausdrückliche Wunsch des Kindes muss durch mehrere Experten bestätigt werden, zuletzt müssen auch die Eltern der Entscheidung einwilligen. "Glücklicherweise gibt es nur wenige Kinder, auf die das zutrifft, aber das bedeutet nicht, dass wir ihnen das Recht auf einen würdevollen Tod verwehren sollten", so der Vorsitzende der staatlichen Sterbehilfe-Kommission Belgiens, Distelmans.

Europa zeigt sich besorgt

Auch Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz kritisiert den Fall heftig. Die Tötung auf Verlangen von Kindern habe nichts mit würdigem Sterben zu tun. Belgien verlasse mit diesem Vorfall "die menschenrechtlichen Standards der EU", während "die europäischen Institutionen schweigen". Bischof Küng erinnerte an die richtungweisenden Empfehlungen des Europarates, wonach gerade die Würde der verletzlichsten Mitglieder einer Gesellschaft wie von Todkranken, Sterbenden, Menschen mit Behinderung, durch ein geeignetes Umfeld sichergestellt sein müsse, nicht zuletzt durch die Erfahrungen von Leiden in Vergangenheit und Gegenwart. "Jeder Mensch ist einmalig", fügt der Bischof hinzu und verweist zum vielzitierten Satz von Kardinal Franz König: "Menschen sollen an der Hand eines anderen Menschen sterben und nicht durch die Hand eines anderen Menschen."

 

religion.orf.at / red.