Bei einer Gedenkfeier im Parlament wurde das 120-Jahr-Jubiläum der "Rerum Novarum" gefeiert - einer Enzyklika, die bis heute nicht an Aktualität verloren hat.

120 Jahre sind vergangen, seit Papst Leo XIII. am 15. Mai 1891 die Enzyklika "Rerum Novarum" veröffentlicht hat, die ihn als den „Arbeiterpapst“ in die Papstgeschichte eingehen ließ. Bei einer Gedenkveranstaltung hielt der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner eine Festrede, in der er auf die Bedeutung und die bleibende Aktualität der Katholischen Soziallehre hinwies.

Die Einheit der Menschen
Die Soziallehre verdiene "von der tiefen Einheit der ganzen Welt und darin der Menschheit" Respekt, insbesondere angesichts der aktuellen globalen Krisen. Die Vision der Einheit der Menschen, die sich in allen kirchlichen Texten finden ließe, hat laut Zulehner auch heute noch Aktualität: "Diese Einheit ist der Grund dafür, dass jede und jeder einer von uns ist. (...) Diese tiefe Einheit kann jeder erfühlen, ganz gleich ob säkular, agnostisch, skeptisch, buddistisch, muslimisch oder christlich."

Zeitlose Prinzipien
Auch heute sei noch eine, aus der Soziallehre folgende Gesellschaftskritik, notwendig. In der „Rerum novarum“ geht es um die menschengerechte Gestaltung der Gesellschaft sowie um Strukturen, die dazu beitragen, dass alle ein menschenwürdiges Leben haben. Die beiden Prinzipien "Subsidarität und Solidarität" der Soziallehre seien "zeitlose Prinzipien", so Zulehner weiter.

Soziallehren fallen nicht vom Himmel
Die Entstehunggeschichte der Enzyklika belegt, dass Soziallehren nicht "vom Himmel fallen" - schließlich wurde sie vor dem "Hintergrund konkreter Leidenserfahrungen" geschrieben, erklärte Zulehner in seiner Rede. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden durch die industrielle Revolution gewaltige gesellschaftliche Umbrüche ausgelöst, die Millionen von Menschen zwangen vom Land in die Städte umzuziehen. Als weitere Folge fristeten sie dort ein „Sklavendasein“ (Papst Leo) als Fabriksarbeiter. Die Kirche brachte sich in den dramatischen Veränderungen als "gestaltende Kraft" ein und die "Rerum Novarum" verhalf der Anerkennung der neuen Realität zum Durchbruch, so der Linzer Altbischof Maximilian Aichern.

Geist der Erneuerung
So wie die Soziallehre wollen auch die Sozialhirtenbriefe der Bischöfe nicht die Politiker oder Sozialpartner kritisieren, sondern helfen die Menschenwürde zu bewahren - vor allem in Anbetracht der heutigen Arbeitswelt, erklärte Aichern weiter. Der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer fügte hinzu, dass auch heute noch der Geist der Erneuerung, sowie "die Fortsetzung des sozialen Dialogs und der sozialen Partnerschaft" gefordert sei.

Soziallehre auch in der Familienpolitik Österreichs
Auch Bundespräsident Fischer und Vertreter der österreichischen Politik sowie der Arbeitnehmerorganisation sprachen von "Rerum Novarum" als " bis heute richtungsweisende Stellungnahme zur Arbeiterfrage und den damit zusammenhängenden sozialen Problemen." Der Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreichs (KFÖ), Clemens Steindl, hatte sich für eine Neuausrichtung der Familienpolitik in Österreich nach den Leitideen der Katholischen Soziallehre ausgesprochen. "Autonomie statt Bevormundung" laute das Stichwort. "Worauf es ankommt - und da kann die Soziallehre inhaltliche Haltegriffe bieten - ist, das Erforderliche in Eigenständigkeit gemeinsam mit anderen zu tun", so Steindl.

Den Text der Enzyklika in deutscher Sprache zum Nachlesen finden Sie hier: Rerum Novarum