Pavle I. stand seit 1990 an der Spitze der serbisch-orthodoxen Kirche. Für seine ökumenisch offene Haltung wurde er auch von den anderen christlichen Kirchen sehr geschätzt.


Pavle I. PatriarchBelgrad (KAP) Der Belgrader Patriarch Pavle I. ist am Sonntag im Alter von 95 Jahren gestorben. Das Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche lag seit Jahren schwer krank im Belgrader Militärkrankenhaus. Zeitweilig entbrannte ein heftiges Ringen um einen möglichen Rücktritt und die Nachfolge des Patriarchen. Pavle I. stand seit der Absetzung seines Vorgängers German 1990 an der Spitze der serbisch-orthodoxen Kirche. Für seine ökumenisch offene Haltung wurde er auch von den anderen christlichen Kirchen sehr geschätzt.

Gleich nach seinem Amtsantritt erlebte Pavle I. den politischen Zerfall Jugoslawiens. Während der Kriege der 1990er Jahre sprach er sich - auch gegen Stimmen aus der eigenen Synode - gegen gewaltsame Lösungen aus. Kritiker warfen ihm gleichwohl ideelle Unterstützung des serbischen Nationalismus sowie fehlende Distanzierung vom damaligen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic und vom früheren Chef der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, vor. Seine strenge Frömmigkeit und persönliche Bescheidenheit stand auch bei den anderen Konfessionen und Religionen außer Frage.
In den eigenen Reihen setzte sich der Patriarch für eine ökumenische Öffnung ein. Mehrmals bemühte er sich vergeblich um einen Besuch von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in Belgrad.

Rückzug und Nachfolge

In Pavles letzten Lebensjahren kam es zu unübersichtlichen Manövern um seine Nachfolge. Mehrfach lehnte er einen Rücktritt ab, wie ihn Teile der Synode wünschten. Nach einem verstrichenen Ultimatum erklärten ihn die Bischöfe im Mai 2008 für abgesetzt. Im Herbst schließlich bot Pavle I. selbst seinen Rückzug aus gesundheitlichen Gründen an, den die Bischöfe dann ihrerseits ablehnten.

In den kommenden Wochen hat die serbisch-orthodoxe Kirchenleitung nun ein neues Oberhaupt von rund 7,5 Millionen Gläubigen zu wählen und damit auch ihren weiteren politischen Kurs zu bestimmen. Eine wichtige innerkirchliche Streitfrage ist die Zusammenarbeit mit der internationalen Staatengemeinschaft in der Kosovo-Frage. Weitere Punkte sind die Positionen der Kirche zur europäischen Integration Serbiens, zur Ökumene und zur Liturgiereform.

Bereits Ende 2007 erhielt Pavle I. mit Metropolit Amfilohije von Montenegro und Primorje (71) einen sogenannten Vikar zur Unterstützung. Nach dem serbisch-orthodoxen Kirchenrecht bedeutet das keine Vorentscheidung für die Nachfolge. Ein aussichtsreicher Kandidat dürfte der als nationalkonservativ geltende Amfilohije dennoch sein.

Einfacher Lebensstil und Bescheidenheit

Gojko Stojcevic, so der bürgerliche Name des Patriarchen, wurde am 11. September 1914 im slawonischen Kucani im heutigen Kroatien, geboren. In Tuzla und in Belgrad besuchte er das Gymnasium; seine theologische Ausbildung erhielt er in Sarajevo und Belgrad. 1948 begann er sein Leben als Mönch im Kloster Raca und nahm den Namen Pavle an. Seit 1950 lehrte er im Priesterseminar in Prizren. Nach seiner Priesterweihe 1954 studierte er in Athen weiter.

Nach seiner Rückkehr war er für 33 Jahre Bischof von Raska-Prizren im Kosovo; bis zum 1. Dezember 1990, seiner Wahl zum "Erzbischof von Pec, Metropoliten von Belgrad-Karlovci und serbischen Patriarchen", so der volle Titel. Mit der Absetzung seines Vorgängers German - wegen "fehlender Volksnähe" - wurde Pavle der 44. Nachfolger des heiligen Sava auf dem serbischen Patriarchenstuhl.

Berühmt und gerühmt waren über die Konfessionsgrenzen hinaus Pavles einfacher Lebensstil und seine Bescheidenheit. So ging der Patriarch möglichst viele Weg zu Fuß oder legte sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Auf die Frage, warum er kein Auto wolle, meinte er einmal, er werde erst eines kaufen, wenn jeder Haushalt im Kosovo eines habe.

Politik

Pavle I. trat für ein demokratisches System ein und pflegte gleichzeitig ein enges Verhältnis zum serbischen Erbprinzen Aleksandar Karadjordjevic, dem Sohn des letzten jugoslawischen Königs Peter II., der 2001 nach Belgrad zurückkehren konnte. So verwunderte es nicht, dass sich das serbische Kirchenoberhaupt im November 2003 für eine konstitutionelle parlamentarische Monarchie in Serbien-Montenegro aussprach. Alle europäischen Demokratien, die das System der parlamentarischen Monarchie bewahrt hätten, seien Beispiele "fortschrittlicher Staaten" und "echter Demokratie", sagte Pavle I. damals.

Nicht mehr gelungen ist Pavle I. eine Aussöhnung mit der mazedonischen Orthodoxie, die sich 1967 für unabhängig von Belgrad erklärte. Die serbische Kirche akzeptiert die Abspaltung bis heute nicht. Von seiner ökumenisch offenen Haltung ließ sich der Patriarch bis zuletzt nicht abbringen.

(Quelle: katholisch.at)

Die in Deutschland, Österreich und der Schweiz lebenden Angehörigen der serbisch-orthodoxen Kirche werden von Bischof Konstantin Đokić mit Sitz in Hildesheim bzw. München seelsorglich betreut (Serbisch-Orthodoxe Diözese für Mitteleuropa).

Im Bild (r.o.) die Kathedrale Hl. Sava in Beldgrad. Belgrad ist der Sitz des serbisch-orthodoxen Patriarchats.