Trauerfeier in der Wiener koptischen Kathedrale für die Opfer des Terroranschlags in Alexandria: In einer Zeit, in der sich in Europa viele vom Glauben abwenden, seien die Kopten Zeugen für die Lebendigkeit des christlichen Glaubens, so der Kardinal.

Wien, 09.01.2011 (KAP) "Wir schauen auf das Glaubenszeugnis der koptischen Christen mit großer Ehrfurcht und Dankbarkeit", betonte Kardinal Christoph Schönborn am Sonntag in der Wiener koptischen Kathedrale bei der Trauerfeier für die Opfer des Anschlags auf die Gottesdienstbesucher in Alexandria. Die koptische Kirche sei in den letzten 1.300 Jahren tief hinabgestiegen in eine "Taufe des Leidens, der Verfolgung, der Diskriminierung, des Mitleidens mit Christus", erinnerte der Wiener Erzbischof: "Aber über diesem Leid tut sich der Himmel auf wie bei der Taufe Jesu im Jordan".

Über allem Leid - in dem der Anschlag von Alexandria "nur ein Kapitel war" - sei das Leben der koptischen Kirche ein "Zeugnis für die Kraft der Auferstehung". In einer Zeit, in der sich in Europa viele vom Glauben abwenden, seien die Kopten Zeugen für die Lebendigkeit des christlichen Glaubens, der den Tod überwindet, den Hass besiegt und die Täter des Bösen zur Änderung des Lebens auffordert, sagte der Wiener Erzbischof. Dieses Glaubenszeugnis in einer säkularisierten Gesellschaft sei eine "kostbare Präsenz" auch für eine Stadt wie Wien, wo "viele müde geworden sind".

Kardinal Schönborn betete in der überfüllten Kathedrale Unserer Lieben Frau von Zeitun im 22. Bezirk um die ewige Ruhe für die Opfer von Alexandria, den Trost für die Angehörigen, das Wachstum aller Christen in "Glaube, Hoffnung und Liebe" und die "Gnade der Umkehr" auch für die Feinde des Christentums.

 
Mord im Namen der Religion ist Blasphemie

"Mord im Namen der Religion ist Gotteslästerung", zitierte der Wiener griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos bei der Trauerfeier den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. Metropolit Staikos überbrachte als Vorsitzender der neuen orthodoxen Bischofskonferenz für Österreich "Solidarität und Beileid" an die koptischen Christen Österreichs mit ihrem Bischof Gabriel an der Spitze. Es sei eine "Schande", dass im Jahr 2011 das christliche Zeugnis auf solch blutige Art geleistet werden müsse, wie es jetzt in Alexandrien geschehen sei.

Der Metropolit betonte, dass sich das Gedenken an die Märtyrer von Alexandria nicht gegen den Islam richte, "denn die Mehrheit der Muslime sind friedliebende Menschen". Es gebe aber auch andere Leute, die sich eine böse Ideologie konstruiert hätten. Ihnen müsse man sagen, dass es Blasphemie sei, Menschen umzubringen, denn jeder Mensch sei als Ebenbild Gottes zu achten und zu respektieren, "ganz gleich, welcher Sprache, Religion, Hautfarbe, Geschlecht usw. er ist".

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker unterstrich, dass die Situation der Christen im Nahen Osten die Kirchen in Österreich nicht ruhen lassen könne. Solidarität und geschwisterlicher Einsatz seien notwendig. Es müsse aber auch - auf nationaler wie internationaler Ebene - die Politik an ihre Verantwortung für das friedliche Miteinander der Religionen erinnert werden.

Der Präsident der Stiftung "Pro Oriente", Johann Marte, erinnerte an die seit 40 Jahren bestehende Verbindung zwischen der von Kardinal Franz König begründeten Stiftung und der koptisch-orthodoxen Kirche. Auf diesem Hintergrund könne "Pro Oriente" den "heiligen Zorn der Kopten über das Geschehnis von Alexandria mitempfinden" und die "Trauer darüber" teilen. Darum müsse auch an die ägyptische Regierung wie an die internationale Politik die Aufforderung gerichtet werden, die tieferen Ursachen zu erforschen. In gleicher Weise ergehe an die islamischen geistlichen Autoritäten die dringende Einladung, jede Hetze gegen Christen klar und deutlich zu verurteilen.

Interreligiösen Frieden könne es nur geben, wenn die volle Religionsfreiheit respektiert werde und die gleichen Rechte für Bürger aller Konfessionen garantiert seien, betonte Marte. Er bezeichnete es als "positives Anzeichen" eines Bewusstseinswandels, dass nach dem Anschlag von Alexandria auch Muslime protestiert hätten.

Der koptische Bischof Gabriel, der die Trauerfeier leitete, verwies darauf, dass das Christentum die "Religion der Nächstenliebe" sei. Dies müsse immer wieder zum Ausdruck kommen.

An der Trauerfeier nahmen mit der koptischen Gemeinde auch zahlreiche katholische, evangelische und orthodoxe Christen teil.

(Quelle: kathpress.at)