Innsbrucker Bischof erinnert zum 65. Todestag an den Vorarlberger Bischof-Stellvertreter, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde

Linz-Innsbruck, 09.11.2009 (KAP) An den "vom Hass geprägten Kampf des NS-Regimes gegen die Kirche und die Priester" hat der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer bei einer Gedenkveranstaltung zum 65. Todestag von Provikar Carl Lampert in der Pfarrkirche Ohlsdorf erinnert. Der Provikar war für die kirchliche Verwaltung Vorarlbergs verantwortlich; er wurde am 13. November 1944 in Halle an der Saale mit zwei weiteren Mitgliedern des sogenannten "Stettiner Priesterkreises" enthauptet. Lampert ist der ranghöchste Priester, der im sogenannten "Großdeutschen Reich" ermordet wurde.

"Carl Lampert ist für die Rechte der Kirche eingetreten in einer Zeit, in der das Recht gebeugt wurde, in Zeiten, in denen Menschenrechte durch das Recht des Stärkeren ersetzt wurden", sagte Bischof Scheuer bei dem Gedenken, an dem auch Franziska Jägerstätter teilnahm. "Der Provikar wurde selbst Opfer des Unrechts, der Tyrannei und der Willkür", sagte Scheuer und würdigte Lamperts Eintreten für die Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht. Wörtlich stellte der Innsbrucker Bischof fest: "Die Gestalt Lamperts gibt uns heute zu denken, damit die Frage nach Recht und Unrecht nicht zu einer Position des bloßen Geschmacks verkommt, damit die Unterscheidung zwischen Humanität und Barbarei, zwischen sittlichen Prinzipien und verbrecherischen Grundsätzen nicht auf die Ebene des Durchsetzungsvermögens verfällt".

Provikar ab 1938

Carl Lampert war ab Oktober 1938 Provikar der damaligen Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch und damit Stellvertreter von Bischof Paulus Rusch. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten sah sich auch die katholische Kirche in Tirol und Vorarlberg repressiven Maßnahmen ausgesetzt. Beleg dafür ist etwa eine Aussage des Innsbrucker Gestapo-Chefs Werner Hilliges, der 1945 erklärte: "Da es in Tirol und Vorarlberg keinerlei nennenswerte kommunistische oder marxistische Gegner und auch keine Judenfrage gab, blieb als einziger politischer Gegner der römisch-katholische Klerus und sein überaus starker Einfluss auf die Bevölkerung übrig".

Provikar Lampert protestierte bei der Gestapo, wenn Priester und Ordensleute eingesperrt wurden und versuchte sie wieder zu befreien. Der offensichtlich geistesgestörte NS-"Gauleiter" Franz Hofer wollte Tirol als ersten "klosterfreien Gau" sehen. Als am 5. März 1940 das Innsbrucker Kloster der Ewigen Anbetung enteignet werden sollte, wehrten sich die Ordensfrauen. Provikar Lampert übergab der Gestapo ein Protestschreiben, woraufhin er zum ersten Mal für zehn Tage in Haft genommen wurde. Rund eine Woche danach berichtete "Radio Vatikan" von Maßnahmen der Gestapo gegen die katholische Kirche in Tirol. Gestapo-Chef Hilliges machte Lampert für die Berichte verantwortlich und der Provikar wurde erneut zwei Wochen lang inhaftiert.

Einsatz für Otto Neururer

Entscheidend für das Schicksal Lamperts war schließlich sein Eintreten für Otto Neururer. Der 1996 selig gesprochene Pfarrer von Götzens wurde im KZ Buchenwald - unter grausamsten Folterungen und an den Füßen aufgehängt - ermordet. In der Todesanzeige, für die Lampert die Verantwortung übernahm, war u.a. vermerkt, dass Neururer "nach großem Leid" sowie "fern seiner Seelsorgegemeinde, in Weimar/Buchenwald" gestorben sei. Wörtlich hieß es weiter: "Sein Sterben werden wir nie vergessen". Weil ihn die Nationalsozialisten als "gefährlichsten Mann innerhalb des Klerus" identifiziert hatten, wurde Provikar Lampert daraufhin über Monate im KZ Dachau inhaftiert.

Nach der Entlassung folgten Bespitzelung und Beschattung. Lampert wurde "gauverwiesen" und nach Stettin verbannt. Der Berliner Bischof Konrad von Preysing brachte ihn im dortigen Carolusstift unter, wo Lampert predigte und Glaubensstunden für Jugendliche abhielt.

Durch einen Gestapo-Spitzel wurde er in eine angebliche "Spionage-Affäre" verwickelt und gemeinsam mit den Mitgliedern des "Stettiner Priesterkreises" im Februar 1943 verhaftet. Am 13. November 1944 wurde der Provikar in Halle an der Saale gemeinsam mit dem Kaplan Herbert Simoneit und dem Oblatenpater Friedrich Lorenz enthauptet. Zeitgleich wurden weitere drei Zivilisten und fünf Soldaten hingerichtet.

Carl-Lampert-Gedenktwoche

Im Rahmen der "Carl-Lampert-Gedenkwoche" des Katholischen Bildungswerks Vorarlberg findet am 13. November um 19 Uhr in der Pfarrkirche Dornbirn-St. Martin ein Gedenkgottesdienst zum 65. Todestag von Provikar Lampert statt. Im polnischen Szczecin (Stettin) erinnern Erzbischof Andrzej Dziega und der Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, am 13. November um 18 Uhr bei einem Gedenkgottesdienst in der Propsteikirche St. Johannes der Täufer an die Opfer des "Falls Stettin".