Dass das Friedenslicht aus Bethlehem kommt, hat beinah schon etwas Widersprüchliches an sich. Dennoch: die Stadt steht für die Geburt Jesu Christi - einer der größten Friedensbringer der Geschichte. Und dessen Friedensbotschaft will das Licht in die Welt bringen, in die ganze Welt. Auch oder gerade dorthin, wo heute Gewalt und Krieg das Leben bestimmen.

Pfadfinderdelegationen aus mehr als 20 Ländern haben am Wochenende bei einem ökumenischen Wortgottesdienst in Wien das Friedenslicht aus Bethlehem in Empfang genommen. Die Pfadfinder bringen das Licht in den kommenden Tagen von Österreich aus in ihre Heimatländer, wo es zum Weihnachtsfest als Friedenssymbol verteilt wird. Nach Wien gekommen waren neben Vertretern aus zahlreichen europäischen Staaten auch Pfadfinder aus den USA, Argentinien und Bolivien. Besonders bewegend war die Feier heuer für eine Delegation aus der von Krieg gezeichneten Ukraine.

Ukrainische Delegation

"Möge dieses Licht Friedenslicht für die ganze Welt und insbesondere für die Ukraine sein, sagte eine ukrainische Pfadfinderin aus Kiew bei der Feier am Samstagnachmittag vor mehr als 1.000 Pfadfindern in der völlig überfüllten evangelischen Gustav-Adolf-Kirche in Wien-Gumpendorf. Ein weiterer ukrainischer Pfadfinder bat um das Gebet für alle Menschen in Konfliktregionen, die heute eine Zeit des Konfliktes und Todes erlebten, und rief die politischen Führer dazu auf, Mauern aus Feindseligkeit einzureißen.

"Nicht nur für euch, aber speziell für euch soll das Licht von Bethlehem ein Licht des Friedens und der Hoffnung sein in diesen Tagen", wandte sich der lutherische Bischof Michael Bünker an die jungen Leute aus der Ukraine. Bünker stand dem Gottesdienst unter dem Motto "Freude teilen, Frieden ernten" gemeinsam mit dem katholischen Bischofsvikar Dariusz Schutzki und Bischofsvikar Patrick Curran von der anglikanischen Kirche vor.

Leider seien die Dinge in der Welt nicht alle so, wie von der göttlichen Schöpfung vorgesehen, es gebe Kriege, Missbrauch und Einsamkeit, sagte Curran in seiner Predigt. Christus entfache mit seinem Licht aber die Vorstellungskraft der Menschen für eine bessere Zukunft. Mit dem Symbol des Friedenslichtes bezeuge man, dass die Menschen füreinander da seien, so der anglikanische Priester.

Friedenslicht-Kind

Das vom ORF-Landesstudio Oberösterreich 1986 initiierte Bethlehem-Friedenslicht leuchtet heuer bereits zum 29. Mal. An dem ökumenischen Gottesdienst nahm auch der neunjährige Tizian Ronacher aus Linz teil, der das Friedenslicht 2014 Ende November in der Geburtsgrotte in Bethlehem entzündet hatte. Der Viertklässler der "Otto-Glöckel-Volksschule" war wegen seines Engagements für Mitschüler mit nichtdeutscher Muttersprache als "Friedenslichtkind" ausgewählt worden.

Friedenslicht-Initiator Günther Hartl vom ORF-Landesstudio Oberösterreich sagte: "Für uns ist das Friedenslicht heuer ein besonders starkes Symbol der Anteilnahme mit Menschen, die nicht in Frieden leben dürfen."

Friedenslichtkind Tizian entzündete schließlich mit seinem Licht aus Bethlehem die Kerzen in den Laternen der Pfadfinder, die das Friedenslicht seit 1989 von Österreich aus in die ganze Welt verteilen. "Wir sind eine der großen Friedensorganisationen und Friedenserziehung ist bei uns etwas ganz Entscheidendes", erklärte der österreichische Pfadfinder-Bundeskurat Wolfgang König am Rande des Gottesdienstes die Motivation für die Unterstützung der Aktion. Weltweite Verbundenheit sei einer der Schwerpunkte der Pfadfindererziehung und das jährliche friedliche Treffen der internationalen Pfadfinderverbände in Wien daher immer eine große Freude, so König.

Lichtfeiern

Von Wien aus wird sich das Licht mit Hilfe der Pfadfinder in den kommenden Wochen in alle Welt ausbreiten. In Deutschland, Frankreich und Spanien etwa fanden bereits am Sonntag großangelegte Lichtfeiern statt, bei denen das Friedenslicht nach seiner Reise von Bethlehem über Wien an lokale Pfadfinderdelegationen übergeben wurde. Im Münchner Liebfrauendom feierten der katholische Erzbischof Reinhard Marx, der evangelisch-lutherische Oberkirchenrat Michael Martin und der griechisch-orthodoxe Erzpriester Apostolos Malamoussis dazu einen ökumenischen Gottesdienst. Ähnliche Feiern gab es in der Madrider Almudena-Kathedrale und in der Pariser Kirche St. Merri.

In Österreich kann das Friedenslicht am 24. Dezember in allen ORF-Landesstudios, in allen Bahnhöfen, in Rotkreuz-Dienststellen und vielen Bundesheer-Kasernen abgeholt werden. Es brennt auch in den meisten Kirchen; außerdem verteilen es viele Jugendorganisationen.


kathpress