Am Samstag kreiert Benedikt XVI. 24 neue Kardinäle - Zehn Purpurträger scheiden allerdings aus Altersgründen 2011 aus dem Kreis der Papstwähler aus

Vatikanstadt (KAP) In einem festlichen Konsistorium im Petersdom kreiert Papst Benedikt XVI. am Samstag 24 neue Kardinäle - darunter den Münchner Erzbischof Reinhard Marx, den Augsburger Kirchenhistoriker Walter Brandmüller und den aus der Schweiz stammenden vatikanischen Ökumene-Minister Kurt Koch. Mit der Zeremonie im Petersdom bringt er das Kardinalskollegium, seinen wichtigsten Beraterkreises, auf ein "Allzeithoch" von 203 Mitgliedern. Von diesen könnten jedoch nur die 121 unter 80-Jährigen an einer Papstwahl, der prominentesten Aufgabe des Kirchen-Senats, teilnehmen.

Wie kaum eine andere Zeremonie unterstreicht das Konsistorium die Internationalität und Universalität der Kirche. Rom wird in diesen Tagen sichtbar zum Zentrum der katholischen Welt. Die 24 neuen Purpurträger kommen aus 13 verschiedenen Ländern. Alle lassen sich von "Kardinalsfamilien" aus ihrer Heimat begleiten, denen mitunter mehrere Hundert Vertreter unterschiedlichster kirchliche Gruppen angehören. Zudem reisen hochrangige Politiker an - aus Bayern etwas Ministerpräsident Horst Seehofer -, um "ihren" Landsleuten Reverenz zu erweisen, die in das erlesenste Gremium der katholischen Weltkirche aufrücken.

Das neue Konsistorium, das dritte von Benedikt XVI., macht das Kardinalskollegium internationaler, stärkt dabei zugleich aber wieder die Position der Italiener. Von den 20 neuen unter-80-jährigen Kardinälen kommen elf aus Europa, vier aus Afrika, je zwei aus Nord- und Südamerika und einer aus Asien. Im Kardinalskollegium insgesamt, vor allem im Kreis der möglichen Papstwähler, hat sich das Gewicht der Italiener wieder verstärkt: Stammten bisher 17 der potenziellen Konklave-Teilnehmer aus dem Stiefelland, sind es künftig 25. Allerdings hatte Benedikt XVI. bei seinen ersten Konsistorien die historische Dominanz der Italiener im Kirchensenat deutlich reduziert: 2006 waren nur zwei der zwölf neuen Papstwähler Italiener, 2007 vier von 18.

Fast die Hälfte der "Papstwähler" - 50 von 121 - wurden inzwischen von Benedikt XVI. ernannt, 71 von seinem Vorgänger Johannes Paul II. Die vier noch aus der Ära von Paul VI. stammenden Kardinäle haben allesamt die Altergrenze von 80 Jahren überschritten. Gut die Hälfte der 121 "Wahlmänner" kommt aus Europa (62). Damit haben sie etwa den Anteil wie beim Konklave von 2005: Damals waren unter 115 Wahlberechtigten 58 Europäer. Aus Nordamerika stammen heute 15, aus Lateinamerika 21 Purpurträger. Zwölf kommen aus Afrika, zehn aus Asien und einer aus Australien.

Das stärkste nationale Kontingent zählen im Heiligen Kollegium also weiterhin die Italiener mit 48 Mitglieder, davon 25 Unter-80-Jährige. Es folgen - was den Kreis der Wahlberechtigten betrifft - die USA mit 13 "Senatoren", gefolgt von den Deutschen mit dann sechs Purpurträgern. Frankreich, Spanien und Brasilien entsenden je fünf Würdenträger und Polen vier.

Etwas zurückgegangen ist der Anteil der Ordensleute im Kardinalskollegium, insbesondere unter den Papstwählern. Im Kreis dieser 121 stellen derzeit die Salesianer mit fünf Ordensleuten die größte Gruppe, gefolgt von den Franziskanern mit drei und den Jesuiten mit nur noch zwei "Wahlmännern". Sechs weitere Jesuiten-Kardinäle haben die Altersgrenze überschritten.

Angesichts der hohen Zahl von Kurialen, deren Amt automatisch mit dem Kardinalspurpur verbunden ist (darunter sieben italienische Kuriale), konnte der Papst fürs kommende Konsistorium etliche klassische Kardinalssitze nicht berücksichtigen. So müssen die Oberhirten etwa von New York, London, Brüssel, Turin, Florenz oder Toledo auf ein nächstes Konsistorium warten.

Jedoch werden im kommenden Jahr zehn und 2012 sogar dreizehn Purpurträger die Altersgrenze von 80 Jahren erreichen und damit aus dem Kreis der Papstwähler ausscheiden. Bei einem Konsistorium in zwei Jahren beispielsweise könnte Benedikt XVI. somit mindestens 23 neue "Wahlmänner" kreieren.

 
Von der Papstwahl ausgeschlossen

Die Entscheidung Pauls VI. zur Einführung einer Altersgrenze hatte 1970 wie eine Bombe eingeschlagen. Selbst linientreueste Kurienkardinäle, die stets unbedingten Gehorsam gegenüber dem Papst einmahnten, machten ihrem Ärger Luft.

Laut Motu Proprio "Ingravescentem aetatem" von 21. November 1970 sollten leitende Kurienkardinäle mit 75 dem Papst ihren Rücktritt anbieten; mit dem 80. Geburtstag sollten sie dann automatisch ihre Mitgliedschaft in den römischen Behörden - vor allem aber das Recht zur Teilnahme an einer Papstwahl verlieren. 25 der 127 Purpurträger waren betroffen. Inzwischen wird das Thema wieder neu diskutiert.

Das Wohl der Kirche verlange, dem "naturgegebenen Verhältnis zwischen zunehmendem Alter und Eignung zu bestimmten wichtigen Ämtern" Rechnung zu tragen. Und das wolle auch beim Amt des Kardinals bedacht sein, begründete Paul VI. seine Entscheidung. Dieses Amt verlange "viel Klugheit" wegen der einzigartigen Verbindung zum Papst - Kardinäle sind dessen wichtigsten Berater -, und wegen seiner hohen Bedeutung zur Zeit einer Sedisvakanz. Zudem sollte das Kollegium der Papstwähler der Struktur des Weltepiskopats entsprechen, wo für Bischöfe eine Pensionsgrenze von 75 gilt.

Zwar milderte Paul VI. die harte Entscheidung, die er unter größter Geheimhaltung vorbereitet hatte, durch Übergangsregelungen. Dennoch begehrten etliche Betroffene auf. Kardinal Alfredo Ottaviani, lange Zeit allgewaltiger Chef der Glaubenskongregation, reklamierte in einem Presseinterview, die Papstorder stehe im Gegensatz zu einer mehrhundertjährigen Überlieferung. Gerade das hohe Alter der Kardinäle habe der Kirche bisher "erfahrene, sichere, kluge und orthodoxe Ratgeber garantiert". Mit dem Beschluss habe der Papst "die Gefahr heraufbeschworen, dass man das gleiche Kriterium analog auf ihn selbst anwenden" werde, schnitt er ein Tabu-Thema an. Kardinaldekan Eugene Tisserant musste sich sogar von der Spekulation über eine vorzeitige Amtsniederlegung des Papstes aufgrund eines schlechten Gesundheitszustands distanzieren.

Auch die italienische Presse reagierte damals gereizt. Das neue Dekret reduziere die Teilnahme italienischer Kardinäle an einem Konklave, rechnete die Nachrichten-Agentur ANSA nach. Allerdings waren die Ausländer des Kirchensenats noch stärker betroffen. Der Anteil der Italiener unter den Papstwählern erhöhte sich zum Stichtag am 1. Jänner 1971 sogar von 33 auf 38 Prozent.

Die kardinale Altersgrenze wurde auch in den Folgejahren immer wieder zum Thema. Ende 1988 baten zehn Kardinäle in einem gemeinsamen Schreiben den Papst, die "ungerechte, falsche" und diskriminierende Entscheidung seines Vorgängers rückgängig zu machen. Paul VI. habe einer Gruppe von Kardinälen ihr eigentliches Recht genommen, nämlich einen neuen Papst wählen zu können. Kein Gesetz sonst nehme einer Person das Wahlrecht aufgrund eines bestimmten Alters, hoben sie hervor.

Johannes Paul II. bestätigte die Normen seines Vorgängers. Die Pensionsgrenze und der Verlust des aktiven Wahlrechts für über 80-jährige Kardinäle sei "keinesfalls ein Zeichen von Geringschätzung", betonte er 1996 in seinem Regelwerk für die Papstwahl. Dahinter stehe der Wille, "solch einem verehrungswürdigen Alter nicht noch die zusätzliche Last aufzubürden, die in der Verantwortung besteht, jemanden zu wählen, der die Herde Christi in einer den Erfordernissen der Zeit gemäßen Weise führen muss". Und auch Benedikt XVI. stellte sich hinter diese Regel, als er am 26. Juni 2007 in einem Motu proprio die Normen zur Papstwahl nochmals modifiziert. Er änderte den Wahlmodus, nicht aber die Teilnahmeregeln.

Linktipp
Portraits der neuen Kardinäle finden Sie hier.

(Quelle: kathpress.at. Bild: Ani Od Chai / flickr.com)