... nicht nur an der Wand der Gerichtssäle, sondern auch vom Religionsgipfel. „Es ist gut, dass es in diesem Land verschiedene Religionsgemeinschaften gibt“, betonte Kardinal Christoph Schönborn im Anschluss an den Religionsgip­fel diese Vielfalt. Eine Meinung, die auch Bundeskanzler Christian Kern teilt und sich zum Verbot von Vollverschleierung bekennt, die Verbannung von religiösen Symbolen in Gerichtssälen aber ablehnt.

Wie heißt es doch so schön? "Neid ist die größte Form der Anerkennung". Da geht die Bemerkung von Kardinal Christoph Schönborn doch gleich runter wie Öl. Dieser hat im Anschluss an den "Religionsgip­fel" nämlich betont, dass andere Länder Österreich um das positive Klima zwischen den Religionen beneiden würden. Ein (kleiner) Grund mehr, dieses Klima nicht zu gefährden. Kritische Anfragen aneinander müssten erlaubt sein, aber es sei problematisch, wenn Religionen - wie derzeit vielfach der Islam - „pauschal schlecht gemacht“ würden.

Vertreter aller anerkannten Religionsgemeinschaften

Auf Einladung von Bundeskanzler Christian Kern und Staatssekretärin Muna Duzdar hatten sich Vertreter aller in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften ins Bundeskanzleramt zu einem Religionsgip­fel  versammelt. Ein Thema war dabei die Forderung der Richtervereinigung sowie der NEOS nach einer vollständigen Verbannung religiöser oder weltanschaulicher Symbole aus dem Gerichtssaal. Eines gleich vorweg: Kern findet nicht, dass dies Gegenstand einer Gesetzesinitiative werden sollte. Ein Bekenntnis gab es allerdings zum geplanten Verbot der Vollverschleierung. Es sei eine Missinterpretation von Toleranz, wenn Frauen in weiten Teilen nicht an der Gesellschaft teilnehmen könnten, meinte der Kanzler.

Toleranz und Respekt als "Bauprinzipien"

Wie Schönborn betonte, handle es sich bei Religionen letztlich immer um Menschen handle, die sich begegneten. „Ich warne davor, dass wir der Neigung, dem abschüssigen Hang nachgeben, einander schlecht zu machen“, sagte der Kardinal und warnte davor Muslime mit Islamisten gleichzusetzen. Es gebe viele Menschen islamischen Glaubens im Land, die den auch der österreichischen Tradition entsprechenden Weg des respektvollen Miteinanders mitgehen wollen. Kern betonte indes den Beitrag der Glaubensgemeinschaften zu einem friedvollen Miteinander in der Gesellschaft. Gerade im sozial-humanitären Bereich - etwa in der Betreuung von Flüchtlingen - könne man deren Engagement "gar nicht hoch genug einschätzen". Kern bekannte sich zu Toleranz und Respekt als "Bauprinzipien" auch des Verhältnisses von Staat und Religionen. Klar sei, dass die Religionsfreiheit gesichert sein müsse, ebenso müsse gelten, dass Religion nicht über staatlichen Gesetzen stehen darf.

Hintergrund des Religionsgipfels

Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz war wie auch Generalsekretär Peter Schipka als Vertreter der römisch-katholischen Kirche bei dem interreligiösen Dialog dabei; anwesend waren auch der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker, der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) sowie Vertreter weiterer christlicher Kirchen, der Islamischen und der Alevitischen Glaubensgemeinschaft, der Israelitischen Kultusgemeinde, der Buddhisten u.a. Bundeskanzler Kern griff den unter seinem Vorgänger Werner Faymann institutionalisierten Dialog zwischen den Vertretern der Regierung und der Religionsgemeinschaften wieder auf und folgte damit auch einer Aufforderung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zum Jahreswechsel.